Google: Kein endgültiger Stopp von Street View in Deutschland

Google hat seine Pläne für Street View in Deutschland nicht geändert: Wie bereits im Januar angekündigt, sind die Kamerawagen wieder auf deutschen Straßen unterwegs, die Aufnahmen werden allerdings nicht in Street View veröffentlicht.

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Von
  • Peter König

Google Street View sorgt wieder einmal für Wirbel in den Online-Medien. Wie das Internetportal Search Engine Land berichtet, soll Google das Projekt Street View in Deutschland angeblich eingefroren haben. "Google wird weiterhin die vorhandenen Street-View-Bilder für jene 20 deutschen Städte zeigen, die bereits online sind, aber es wird keine Updates für diese Fotos geben," heißt es dort in einer Meldung vom 10. April unter Berufung auf einen nicht näher spezifizierten Google-Sprecher.

Bei Google zeigt man sich über solche Meldungen irritiert: Es gäbe keine Veränderung gegenüber einem Blog-Eintrag vom 28. Januar, betont Google-Sprecher Kay Oberbeck gegenüber heise online. In diesem Blog-Post hatte Google-Maps-Produktmanager Raphael Leiteritz angekündigt, dass die Street-View-Autos ab Ende März wieder über deutsche Straßen rollen würden, man aber keine Pläne habe, die aufgenommenen Bilder in Street View darzustellen. Vielmehr plane man, die Fotos auszuwerten, um den Online-Kartendienst Google Maps mit weiteren Details anzureichern und vorhandene Daten zu überprüfen – etwa Straßennamen oder die Richtung von Einbahnstraßen.

"Wir haben den Dienst doch erst vor einigen Monaten eingeführt. Daher gibt es keinen Grund, derzeit erneut Aufnahmen für Street View zu machen," gab Kay Oberbeck gegenüber dpa zu Protokoll. Google ersetzt zwar ab und zu veraltete Bilder seines Panoramadienstes durch frische, das passiert nach Aussagen der Firma aber nicht nach einem festgelegten Turnus.

[Update: Laut einer Pressemitteilung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Johannes Caspar plant Google vorerst keine Veröffentlichung weiterer Street-View-Bilder. Für den Fall, dass sich die Rechtslage ändere, halte sich das Unternehmen jedoch offen, die noch nicht veröffentlichten Panoramaansichten doch noch ins Netz zu stellen, so Caspar. Derzeit sind längst nicht alle Fotos online zu sehen, die Google seit 2008 bei seinen Fahrten durch deutsche Städte aufgenommen hat.

Konkret bedeutet dies, dass Google das Street-View-Angebot in Deutschland offenbar nicht auf weitere Städte ausdehnen wird, falls sich die Datenschützer mit ihrer Forderung nach einer verpflichtenden Vorab-Einspruchsfrist durchsetzen. Google hatte vor dem deutschen Street-View-Start den Bewohnern der 20 größten Städte ein solches Vorab-Widerspruchsrecht eingeräumt. Der anschließend vom Branchenverband Bitkom erarbeitete und vom Bundesinnenminister begrüßte Datenschutzkodex für Geodatendienste sieht einen solchen Vorab-Einspruch allerdings nicht vor. Zu den Unterzeichnern des Kodex' zählen Google und Microsoft. Die Redmonder wollen ihren eigenen Panoramabilderdienst Bing Streetside im Einklang mit dem Kodex – ohne Vorab-Einspruch – nach Deutschland bringen, stehen deswegen aber in der Kritik von Datenschützern aus Bayern: Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es eine Veröffentlichung ohne Möglichkeit zum Vorabwiderspruchs für die Betroffenen als rechtswidrig erachte und gegebenenfalls die Veröffentlichung durch Erlass einer entsprechenden Anordnung untersagen wolle. Die Entscheidung über den strittigen Einspruch vorab hätten dann die Gerichte zu fällen.

Bis es soweit ist, will Google offenbar abwarten. Der hamburgische Datenschutzbeauftragte hat nach eigenen Angaben mit dem Internetkonzern vereinbart, dass dieser die Daten aller noch ausstehenden Einsprüche gegen die Veröffentlichung von Bildern bei Street View zügig löschen soll. Solche beziehen sich auf Gebäude außerhalb jener 20 größten Städte Deutschlands, die bereits online zu sehen sind. Der Gedanke hinter dieser Löschaktion: Wird es Gesetz, eine Vorab-Einspruchsfrist einzuräumen, dann bringt Google keine weiteren Städte online; kippt hingegen die Justiz diese Forderung der Datenschützer, so muss Google keine Einsprüche mehr vorab umsetzen – in beiden Fällen braucht der Konzern die Daten der Protestierer nicht mehr. Allerdings sieht der Geodaten-Kodex ausdrücklich eine nachträgliche Einspruchsmöglichkeit vor. Wer bereits vorsorglich bei Google gegen die Veröffentlichung seines Hauses widersprochen hat, wird deshalb sein Haus am Ende in jedem Fall verpixeln lassen können, muss dazu aber unter Umständen den Einspruch noch einmal wiederholen.]

Unterdessen gab wiederum das BayLDA bekannt, man habe nach Untersuchung eines Street-View-Fahrzeugs keine Bedenken gegen eine weitere Befahrung in Bayern. Nach der Ankündigung weiterer Fahrten Anfang des Jahres hatte das BayLDA gemeinsam mit dem TÜV Süd Kameraautos daraufhin untersucht, ob Google tatsächlich wie zugesagt die Geräte zur WLAN-Datenerfassung ausgebaut hat. "Die Auswertung der bei einer Probefahrt aufgezeichneten Daten hat ergeben, dass das untersuchte Fahrzeug nicht geeignet ist, WLAN-Daten zu erfassen," teilt das BayLDA mit. Google hatte im Mai 2010 weltweit die Fahrten der Street-View-Autos ausgesetzt, nachdem der Konzern einräumen musste, dass seine Fahrzeuge unterwegs nicht nur Fotos geschossen, sondern auch WLAN-Nutzdaten aufgezeichnet zu haben.

Siehe dazu auch

(pek)