Bei Bedarf

Immer mehr Softwareanwendungen werden „as a Service“ genutzt. Für Softwarehersteller stellt sich zunehmend die Frage des Anbietens der eigenen Software als SaaS, um nicht hinter der Konkurrenz zurückzubleiben. Diese Spezialform des Cloud Computing bietet außerdem die Chance, neue Kundenkreise zu erschließen.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Arnd Böken
Inhaltsverzeichnis

Software als Service anzubieten hat große Vorteile, wenn Unternehmensmitarbeiter von unterschiedlichen Orten aus auf dieselbe Anwendung zugreifen müssen. Das gilt zum Beispiel für Mitarbeiter im Vertrieb, die mobil sind und von überall aus die Unternehmens-IT nutzen. SaaS erleichtert diesen Zugriff, und hierin liegt der Grund, dass immer mehr CRM-Anwendungen als SaaS zum Einsatz kommen.

Auch bei Teamarbeit kommt es entscheidend darauf an, dass Mitarbeiter von unterschiedlichen Unternehmensstandorten auf Dokumente und Daten zugreifen können. Das hat zum Erfolg von SaaS-Anwendungen im Bereich Communication und Collaboration beigetragen. Bei Logistik-Anwendungen geht es darum, den Einsatz vieler Beteiligter zu koordinieren. Webbasierte Anwendungen, deren Funktionen konsequent als Services umgesetzt sind, erleichtern dieses Zusammenwirken. Ebenso wirken im E-Commerce unterschiedliche Beteiligte über das Web zusammen. Hier kann SaaS seine Vorteile ausspielen.

Für viele Unternehmen ist die Kostenersparnis ein Grund, sich für SaaS zu entscheiden. Es erlaubt ihnen, ihre IT-Infrastruktur vor Ort zu verkleinern und bei Lastspitzen auf virtuelle Maschinen aus dem Netz zurückzugreifen. Überdies erspart es nicht nur Investitionskosten, sondern verringert auch den Aufwand und damit die Kosten der IT-Administration, da der SaaS-Anbieter dem Nutzer hier viele Aufgaben abnehmen kann, beispielsweise die regelmäßigen Updates. SaaS ermöglicht es außerdem, Software nur auf Zeit zu nutzen, beispielsweise für bestimmte Projekte. Das ist deutlich günstiger, als zum Beispiel eine Projektmanagement-Software zu erwerben.

Softwarehersteller stehen heute vor der Entscheidung, die eigene Software den Nutzern nicht nur „On Premise“ anzubieten, sondern als SaaS. Dabei muss man zwischen unterschiedlichen Rollen differenzieren: Softwarehersteller, SaaS-Anbieter und Rechenzentrumsbetreiber. Der erstgenannte hat die Software durch eigene Mitarbeiter oder Subunternehmer erstellen lassen und kann Nutzerlizenzen erteilen. Der SaaS-Anbieter ist derjenige, der die Verträge mit den Endkunden abschließt, während der Laufzeit des Vertrages das Management der Kundenbeziehungen übernimmt und die Nutzung abrechnet. Die Software läuft nicht auf Rechnern beim Nutzer, sondern in einem Rechenzentrum, dort werden in der Regel die Daten verarbeitet und gespeichert.

Ein Anwender kann vom Softwarehersteller eine Lizenz zur Softwarenutzung erwerben sowie selbst einen Vertrag mit einem Rechenzentrum abschließen, um die Software dort laufen zu lassen und die Daten zu verarbeiten. Der Kunde hat dann zwei Vertragspartner. Das ist für ihn umständlich und hat den Nachteil, dass er bei Störungen nie genau weiß, an wen er sich wenden soll. Die meisten dürften es daher vorziehen, die Leistungen aus einer Hand zu beziehen.

Um sein Angebot zu bündeln, bieten sich einem Softwarehersteller unterschiedliche Möglichkeiten. Er kann hierfür Ecosysteme nutzen [1]: Beispiele sind das White-Label-SaaS-Angebot von visionapp oder das SaaS-Bereitstellungsangebot von Parallels. Mehrere Anbieter unterhalten solche Marktplätze, um Softwareanwendungen mit Infrastrukturdiensten zu kombinieren und durch weitere Angebote zu ergänzen.

Ein Softwarehersteller kann aber auch auf die Angebote von Platform as a Service (PaaS)-Anbietern zurückgreifen und Entwicklungsumgebungen samt Zusatzleistungen in der Cloud nutzen. Bekannte Produkte sind die Google App Engine, Force.com von Salesforce und Microsofts Azure Service Platform. Softwareanbieter erhalten damit eine hochverfügbare und skalierbare Plattform für die Vermarktung ihrer eigenen Applikationen.

Der Hersteller kann seine Software außerdem selbstständig als Service vermarkten. Er tritt dann als eigenständiger SaaS-Anbieter gegenüber seinen Kunden auf. Um das Hosting der Software im Rechenzentrum zu organisieren, hat er verschiedene Optionen. Der Bau eines eigenen Rechenzentrums wird hierbei nur für solche Softwarehersteller in Betracht kommen, die über die notwendige Finanzkraft für diese Investition verfügen. Um solche hohen Kosten zu vermeiden, kann der Softwarehersteller eigene Server in ein vorhandenes Rechenzentrum eines anderen Anbieters einstellen (Co-Location). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der Softwarehersteller seinerseits die Hardware aus der Cloud bezieht, also von einem Infrastructure-as-a-Service-Anbieter (IaaS).

Die Entscheidung des SaaS-Anbieters für eine dieser Softwarehosting-Varianten im Rechenzentrum ist eine Kostenfrage. Untersuchungen haben gezeigt, dass Co-Location häufig die günstigste Variante ist, wenn der Anbieter kontinuierlich dedizierte Instanzen bereithalten muss, beispielsweise für ERP-Lösungen. Nehmen die Kunden dagegen wechselnde Rechenleistung in Anspruch, sodass zwischen Volllast und Normalbetrieb eine erhebliche Diskrepanz an genutzten Serverinstanzen besteht, wird IaaS günstiger sein [2].

Tritt der Softwarehersteller als SaaS-Anbieter auf, so ist er gegenüber seinen Endkunden auch für die Rechenzentrumsleistung verantwortlich, die er als IaaS bezieht. Dies muss er als SaaS-Anbieter bereits bei seinen Verträgen mit den Rechenzentren, also mit seinen Lieferanten, berücksichtigen. Das beginnt schon bei der Auswahl des IaaS-Anbieters. Sinnvollerweise orientiert sich der SaaS-Anbieter daran, wie schutzbedürftig die Daten sind, die seine Kunden mit der Anwendung verarbeiten wollen.

Wollen sie personenbezogene Daten verarbeiten, wie bei einer CRM-Anwendung die Kundendaten, muss der SaaS-Anbieter das Rechenzentrum entsprechend sorgfältig auswählen. Praktischerweise dürfte er einen IaaS-Anbieter aussuchen, der die Daten in Rechenzentren innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), das bedeutet EU plus Island, Liechtenstein und Norwegen, verarbeitet. Dann kann der SaaS-Anbieter für seine Kunden als Auftragsdatenverarbeiter tätig sein, was datenschutzrechtlich wichtig ist.

Außerdem muss der SaaS-Anbieter die technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen des Rechenzentrums prüfen. Hier ist große Sorgfalt geboten. Macht man hier Fehler, gibt es später Schwierigkeiten mit den Kunden, denn der SaaS-Anbieter kann ihnen nur solche Leistungen garantieren, die er auch von seinen Lieferanten erhält. Will der SaaS-Anbieter seine Dienste für Großunternehmen erbringen, sieht er sich spätestens bei den Vertragsverhandlungen mit deren Compliance-Anforderungen konfrontiert. Stellt sich dann heraus, dass er Datenschutzregeln nicht einhalten kann, scheitert der Vertrag mit den Endkunden. Aber auch, wenn sich der SaaS-Anbieter nicht an Großunternehmen wendet, sondern an Mittelständler, kann er nur Erfolg haben, wenn er ein hohes Niveau an Datensicherheit gewährleisten kann [3].

Das Vertrauen in die Datensicherheit ist das wichtigste Kriterium. Der SaaS-Anbieter muss daher sicher sein, dass das Rechenzentrum seines IaaS-Dienstleisters ein hohes Sicherheitsniveau bietet. Dazu gehören nicht nur die allgemeinen Schutzmaßnahmen beim Zugang zum Rechenzentrum und zu den Rechnern selbst. Beim Cloud Computing bedeutet dies insbesondere, dass der Vertrag genau festlegt, in welchen Rechenzentren die Daten verarbeitet und gespeichert werden, dass die Datenübertragung gesichert ist und wirksame Maßnahmen zum Schutz gegen Einbruch in virtuelle Maschinen oder auch zum sicheren Löschen der Daten vor der Freigabe von Speicherbereichen garantiert sind. Ein wichtiger Punkt hierbei sind die Zertifikate, über die das Rechenzentrum verfügt, damit der SaaS-Anbieter sie seinen Kunden vorlegen kann [4].

Schon bei dem Vertrag mit dem Rechenzentrum muss der SaaS-Anbieter auf die Service-Level achten. Damit er seinen Endkunden bestimmte Service-Level anbieten kann, muss er zuvor dafür sorgen, dass auch das Rechenzentrum diese ihm gegenüber gewährleistet. Das gilt beispielsweise für die Verfügbarkeitsquote. Der SaaS-Anbieter muss mit dem Rechenzentrum mindestens die Verfügbarkeitsquote vereinbaren, die er seinen Endkunden garantieren will.

In der Regel wird der Anbieter seinen Kunden einen Standard-Service-Level anbieten. Gleichzeitig muss er aber flexibel sein, denn Kunden sind häufig bereit, bei höheren Anforderungen Aufpreise für individuelle Service-Level zu zahlen. Bei der Verfügbarkeit kommt es nicht nur auf die prozentuale Quote an, sondern wichtiger ist der Zeitraum, auf den sich die Quote bezieht, beispielsweise einen Monat oder ein Quartal. Auch die Vereinbarung zu Wartungszeiten ist ein wichtiger Punkt, gerade weil die Praxis in verschiedenen Ländern unterschiedlich ist, was zum Beispiel den Zeitraum der Ankündigung betrifft.

Der Vertrag mit dem Rechenzentrum ist häufig nicht der einzige Lieferantenvertrag des SaaS-Anbieters. Um das Angebot abzurunden, bietet ein SaaS-Anbieter, der gleichzeitig Softwarehersteller ist, vielfach nicht nur seine eigene Software an, sondern beispielsweise zusätzlich Programme zur Datenauswertung oder zur Tabellenkalkulation oder auch Spezialanwendungen. Das macht das Angebot attraktiver für den Endkunden. Der SaaS-Anbieter muss sich für ein solches Angebot die notwendigen Lizenzen verschaffen und Verträge dazu schließen, die genau auf diesen Fall zugeschnitten sind.

Hat er die Verträge mit seinen Lieferanten geschlossen, kann er auf dieser Basis die Verträge mit seinen Kunden gestalten. Der SaaS-Vertrag ist rechtlich ein Mietvertrag. In ihn gehören die Leistungsbeschreibung einschließlich Vergütungsregelung, Haftungsbegrenzungen sowie Regelungen zum Vertragsende. Dazu kommen das Service-Level-Agreement mit dem Endkunden sowie die Vereinbarung zur Auftragsdatenverarbeitung und Datensicherheit.

Ein großer Vorteil von SaaS-Lösungen ist der einfache Vertrieb. Ein wichtiger Vertriebskanal ist hier die eigene Website des Anbieters. Außerdem lassen sich SaaS-Anwendungen über die klassischen Wege vertreiben, denn auch die Vertriebspartner können sich dem Wandel in der Softwarenutzung nicht verschließen, sondern öffnen sich zunehmend neuen Vertriebsmodellen. Bei SaaS ist häufig eine Beratung der Endkunden erforderlich, die dann Vertriebspartner übernehmen können, genauso wie die Anpassung der Anwendung an Kundenwünsche und die Schulung der Anwender.

Der Softwaremarkt befindet sich im Wandel. Software wird in Zukunft zunehmend als SaaS genutzt werden, weil der leichtere Zugriff auf zentrale Datenbestände von unterschiedlichen Standorten und die konsequente Webanbindung Geschäftsprozesse vereinfacht, und weil erhebliche Kostenvorteile möglich sind. Softwarehersteller müssen darauf reagieren und ihre Software zunehmend auch als SaaS anbieten. Dies bietet zusätzlich die Chance, künftig neue Nutzerkreise zu erreichen. Voraussetzung ist ein geeignetes Geschäftsmodell einschließlich der notwendigen Verträge mit Lieferanten wie Rechenzentren sowie mit den Endkunden.

ist Rechtsanwalt und Notar im Berliner Büro der Kanzlei Graf von Westphalen.

[1] Achim Born; Get off my Cloud; Software as a Service im Cloud Computing; iX Special 2/2010 Cloud, Grid, Virtualisierung, S. 16

[2] Constantin Christmann, Jürgen Falkner, Dietmar Kopperger, Annette Weisbecker; Schein oder Sein; Kosten und Nutzen von Cloud Computing; iX Special 2/2010 Cloud, Grid, Virtualisierung, S. 6

[3] Arnd Böken; Wege in die Wolke, iX 4/2011, S. 115

[4] Arnd Böken; Wolkendienste; iX Special 3/2010 Sicher im Netz, S. 111 (ur)