Neuere Linux-Kernel verschwenden in bestimmten Situationen Strom

Laut der Webseite Phoronix sollen manche Systeme mit Linux-Kerneln ab Version 2.6.35 beziehungsweise 2.6.38 deutlich mehr Leistung aufnehmen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis

Die auf das Zusammenspiel von Linux und Hardware fokussierte Webseite Phoronix hat bei Tests festgestellt, dass einige Notebooks mit aktuellen Linux-Kerneln 10 bis 30 Prozent mehr Leistung umsetzen als mit älteren Versionen. Bislang hat die Webseite dem Thema fünf teilweise mehrseitige Artikel spendiert, auf die der neueste Beitrag im ersten Absatz verweist.

In seinen Tests konnte Phoronix zwei verschiedene Situationen ausmachen, wo die beiden für Versuche herangezogenen Notebooks der Thinkpad-Baureihe mit neueren Kernel-Versionen eine deutlich höhere Leistungsaufnahme aufweisen. Eines der Probleme soll ab 2.6.38 auftreten; das andere zeigte sich bei Tests mit einem der Thinkpads ab Kernel-Version 2.6.35.

Auch ein Ubuntu-Entwickler konnte eine zu kürzeren Akku-Laufzeiten führende Erhöhung der Leistungsaufnahme mit Vorabversionen von Ubuntu 11.04 beobachten und hat einem Ubuntu-Fehlerbericht erstellt. In dem berichten Tester von ähnliche Erfahrungen; der Hauptfaktor für die erhöhte Leistungsaufnahme scheint vielfach der Prozessor zu sein, der durch höhere Belastung nicht so lange in den stromsparenden Kurzschlafmodi verweilen kann. Laut dem mittlerweile als "Hoch" eingestuften und von knapp 80 Interessierten beobachteten Bug-Report hoffen die Ubuntu-Entwickler das Problem über ein Update zu beseitigen.

Die Ursachen für die höhere Leistungsaufnahmen konnten noch nicht ausgemacht werden; unklar ist auch, ob alle Tester die gleichen Probleme sehen und welche Arten von Systeme betroffen sind; vielfach treten solche Probleme nur mit bestimmten Prozessoren, Grafikkarten oder Hardware-Kombinationen auf. Phoronix sucht seit einigen Tagen nach den Kernel-Änderungen, mit denen die höhere Leistungsaufnahme auf den Testgeräten begann. Erst dann lässt sich abschätzen, ob die Probleme wenige, viele oder gar alle Linux-Anwender betreffen. Auf den typischen Mailinglisten der Kernel-Entwickler konnten wir keine Diskussionen zum Problem finden.

Es ist nicht das erste Mal, das Phoronix ein Problem wie dieses findet und viel Aufsehen erregt. Einige langjährige und an Schlüsselpositionen sitzende Kernel-Entwickler hatten in dem Rahmen schon einige kritische Kommentare zur Webseite geäußert (1, 2, 3, 4). Auch c't und heise open haben in der Vergangenheit schon schwerwiegend scheinende Linux-Probleme wie dieses aufgetan. Bei genauerem Hinsehen gab es für viele aber eine gute, wenn auch alles andere als offensichtliche Erklärung. So manche anderen Schwierigkeiten wurden von Distributions- oder Kernel-Entwickler schnell beseitigt, nachdem die Ursache gefunden war; vermutlich dürfte Letzteres auch in diesem Fall eintreten. (thl)