Finanzamt bekommt im Insolvenzfall mehr Geld

Der erste Schritt in Richtung "Gläubigerranking" ist getan: Bei einer Insolvenz bekommt der Fiskus künftig mehr Geld. Der Bundesfinanzhof hat dessen Umsatzsteueranspruch weiter gestärkt.

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Von
  • Marzena Sicking

Das Bundesministerium für Finanzen hat im Herbst letzten Jahres in einem Gesetzesentwurf deutlich gemacht, dass es die Ansprüche des Staates im Falle einer Insolvenz für vorrangig hält.

Nun wurde diese Auffassung auch durch den Bundesfinanzhof (BFH) in einem jetzt veröffentlichten Urteil vertreten und gestärkt (Urteil vom 9. Dezember 2010, Az.: V R 22/10). Damit wurde die gängige Praxis der Insolvenzverwaltung, vereinnahmte Entgelte einschließlich Umsatzsteuer in die Insolvenzmasse zu nehmen, praktisch ausgehebelt.

Wird über das Vermögen eines Unternehmers, der umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, das Insolvenzverfahren eröffnet, kassieren Insolvenzverwalter häufig auch Forderungen aus Leistungen ein, die das betroffene Unternehmen noch vor der Verfahrenseröffnung erbracht hat. Üblicherweise bestehen diese Forderungen aus dem sogenannten Entgelt und dem Umsatzsteueranteil für die erbrachte Leistung. Zieht der Insolvenzverwalter also beispielsweise eine Forderung über 1190 Euro ein, die dem Regelsteuersatz von 19 Prozent unterliegt, ist darin ein Umsatzsteueranteil von 190 Euro enthalten.

Dieser Umsatzsteueranteil wurde vom Insolvenzverwalter nicht anders behandelt, als das Entgelt. Der Betrag wurde komplett für die Insolvenzmasse vereinnahmt. Der Fiskus hatte keine Sonderstellung in Bezug auf seinen Umsatzsteueranspruch, sondern musste ebenfalls als Gläubiger auftreten und seine Ansprüche als sogenannte Insolvenzforderung anmelden. Genau wie alle anderen Gläubiger wurde dann auch der Fiskus nur anteilsmäßig bedient und erhielt statt des vollen Steueranteils nur den Betrag, der ihm nach der Insolvenzquote zustand, beispielsweise also nur 5 Prozent des ursprünglichen Betrags.

Der BFH ist dem für den Sonderfall der sogenannten Istbesteuerung bereits in der Vergangenheit entgegentreten, so dass die vom Insolvenzverwalter vereinnahmte Umsatzsteuer für eine vor Verfahrenseröffnung erbrachte Leistung in diesem Fall eine voll zu befriedigenden Masseverbindlichkeit ist. Nach dem jetzt veröffentlichten Urteil des BFH gilt dies auch, wenn der Unternehmer wie im Regelfall der sogenannten Sollbesteuerung unterliegt. Der BFH begründet sein Urteil mit dem Entstehen mehrerer Vermögensmassen im Insolvenzfall.

Hintergrund: Was ist der Unterschied zwischen Soll- und Istversteuerung? Vereinfacht gesagt: Bei der Istbesteuerung entsteht die Steuer erst, wenn die Rechnung tatsächlich bezahlt worden ist. Bei der Sollbesteuerung hingegen schon bei Lieferung der Ware bzw. spätestens bei der Rechnungsstellung.

Damit kommt dem Urteil also große Bedeutung für die Stellung der Gläubiger bei Unternehmensinsolvenzen zu, denn es führt im Vergleich zur bisher allgemein geübten Praxis zu einer deutlichen Schmälerung der Insolvenzmasse, zu deren Lasten nun auch im Fall der Sollbesteuerung der volle Umsatzsteueranteil als Masseverbindlichkeit an den Fiskus auszukehren ist. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)