Handy misst Aktivität

In modernen Smartphones stecken alle möglichen Sensoren zur Erfassung der Umgebung. Fraunhofer-Forscher nutzen diese, um Menschen beim Erreichen ihrer Gesundheitsziele zu helfen.

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In modernen Smartphones stecken alle möglichen Sensoren zur Erfassung der Umgebung. Fraunhofer-Forscher nutzen diese, um Menschen beim Erreichen ihrer Gesundheitsziele zu helfen.

Was benötigt man, um sich seiner Umwelt bewusst zu werden? Mindestens Augen zum Sehen, Ohren zum Hören und ein Gleichgewichtsorgan, um zu wissen, wo oben und unten ist. All diese "Sinne" besitzen mittlerweile auch moderne Smartphones: Kameras erfassen die Außenwelt im Bild, Mikrofone nehmen Töne auf und Beschleunigungssensoren, die für Videospiele ebenso eingesetzt werden wie zum automatischen An- und Ausschalten der Bildschirmbeleuchtung beim Telefonieren, erfassen Bewegungen. Die jüngste Gerätegeneration hat außerdem oft ein Kreiselinstrument integriert. Hinzu kommen in fast allen aktuellen Modellen GPS-Empfänger zur Positionsermittlung auf wenige Meter sowie weitere Funkchips, die dabei helfen, Ortsdaten schneller verfügbar machen.

Forscher am Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) in Rostock beschäftigen sich schon seit mehreren Jahren mit Techniken, die Diabetes-Patienten dabei helfen sollen, ihre Diätpläne einzuhalten und sie gleichzeitig bei der Umstellung ihres möglicherweise bislang ungesunden Lebensstils unterstützen. Die Zuckerkrankheit erfasst immer mehr und immer jüngere Menschen, entsprechend sinnvoll können Systeme sein, die auch eine Erziehungskomponente beinhalten - zumal sich einzelne Symptome so auch ganz oder teilweise vermeiden lassen. Hilfreich ist dabei beispielsweise eine Übersicht der persönlichen körperlichen Betätigung. Und genau hier kommt die Umwelterfassung ins Spiel.

Nutzten die Wissenschaftler für ihre Forschung ab dem Jahr 2007 noch ein eigenes Sensorboard, das die Probanden mit sich trugen, um Bewegungen zu protokollieren, reicht für das sogenannte Diatrace-System nun ein ganz normales Smartphone aus - die Geräte haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Wie die IGD-Forscher auf einer Veranstaltung in Berlin anhand eines iPhones zeigten, können die Geräte mit einer reinen Software-Lösung erfassen, wann eine Person beispielsweise geht, im Auto fährt, mit dem Fahrrad unterwegs ist oder sich an ihrem Arbeitsplatz (oder auf dem Sofa) kaum bewegt.

Die dazu verwendeten Algorithmen erfassen vor allem die Signale aus dem im Smartphone integrierten Beschleunigungssensor. Über Methoden aus dem Bereich des maschinellen Lernens ermittelten die IGD-Forscher zunächst, welche Daten zu welchen Bewegungen passten. Ausgestattet mit dieser Informationsbasis lässt sich nun mit hoher Gewissheit bestimmen, was eine Person gerade tut.

Ergebnis ist eine anschauliche Grafik, die den gesamten Tagesablauf nach Aktivitäten gliedert – und Patienten gut sichtbar demonstriert, wo sie ihren Lebensstil noch verbessern könnten. Die im iPhone enthaltenen Sensoren reichen laut der IGD-Forscher völlig aus, um ein genaues Bild zu ermitteln.

Diatrace soll nur eine Komponente im Rahmen eines Gesamtsystems sein, das beispielsweise auch eine Speicherung von Blutzuckermesswerten und eine Erfassung der täglich verzehrten Nahrungsmittel umfasst. In Verbindung mit den Bewegungsdaten würde sich so ein deutlich verbessertes Diabetesmanagement ergeben, hoffen die IGD-Forscher. (bsc)