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Google hat auf seiner Entwicklerkonferenz eine zweigleisige Strategie vorgestellt: Mit Chrome OS will Google günstige Netbooks verkaufen und an Schulen und Unternehmen vermieten, auf zukünftigen Smartphones und Tablets läuft die einheitliche Android-Version Ice Cream Sandwich.

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Die neue Mobil-Strategie steckte am Ende der zweitägigen Entwicklerkonferenz Google I/O in jedem Rucksack: Jeder Teilnehmer bekam ein Smartphone, ein Tablet und einen Gutschein für ein Chrome-Netbook. Ein freundlicher Schubser in die neue Stoßrichtung des Unternehmens: Programmierer im Google-Umfeld sollen künftig nicht nur Smartphones mit Android, sondern verstärkt auch Tablets und den Web Store für den PC-Browser Chrome ins Visier nehmen.

Auf der Google I/O gab es Neuigkeiten zu allen Sparten: ein Update fürs Tablet-Android Honeycomb, einen Musikspeicher und einen Videoverleih für Android, ein Ausblick auf eine gemeinsame Android-Version für Smartphones und Tablet und die ersten kommerziell verfügbaren Google-Netbooks.

Die Netbooks mit Chrome OS tauft Google „Chromebooks“ – einen ersten Hardware-Prototyp verteilte Google bereits Anfang des Jahres an Entwickler [1] . Unternehmen und Behörden sollen die Geräte zu Preisen ab 28 US-Dollar pro Monat und Gerät mieten können, bei einer Mindestlaufzeit von drei Jahren und Mindestabnahme von zehn Stück. Schulen zahlen ab 20 US-Dollar pro Gerät und pro Monat. In den Netbook-Abos enthalten sind Support und Garantie. Hinzu kommt eine Steuerzentrale im Web, mit der Administratoren die Chromebook-Flotte ihres Unternehmens verwalten können. Details für einen Deutschlandstart des Abomodells nannte Google noch nicht. Privatkunden müssen die Chromebooks im klassischen Handel kaufen.

Für eine monatliche Gebühr können Schulen und Unternehmen Chromebooks von Acer (Bild) und Samsung bei Google mieten.

Die ersten kommen von Acer und Samsung und sollen Google zufolge ab dem 15. Juni in Deutschland und in sechs weiteren Ländern erhältlich sein. Zu Acers Chromebook sind bisher nur wenige Details bekannt: Es hat ein 11,6-Zoll-Display, soll 6,5 Stunden laufen und kostet in den USA ab 350 US-Dollar.

Samsungs Netbook Serie 5 gibt es in zwei Varianten, das WLAN-Modell soll hierzulande 400 Euro kosten, das Modell mit zusätzlichem UMTS-Modem 50 Euro mehr. Der matte 12,1-Zoll-Bildschirm im 16:10-Format zeigt 1280 x 800 Punkte. Seine Hintergrundbeleuchtung strahlt mit bis zu 300 cd/m2, das Gewicht gibt Samsung mit knapp 1,5 Kilogramm an.

Der Doppelkern-Prozessor Intel Atom N570 (1,66 GHz) greift auf 2 GByte DDR3-Speicher zu; statt einer Festplatte kommt eine 16-GByte-SSD zum Einsatz. Laut Samsung hält der 61-Wh-Akku bis zu achteinhalb Stunden durch; beim Abspielen von Videos sollen es immer noch fünf Stunden sein. Dem UMTS-Modell liegt eine SIM-Karte von E-Plus bei, über die man in den ersten zwei Monaten ab Kauf je 1 GByte kostenloses Datenvolumen erhält.

Das Betriebssystem Chrome OS selbst wurde in den vergangenen Monaten um wichtige Funktionen erweitert. Hinzugekommen ist zum Beispiel ein Dateimanager, mit dem der Anwender auf die interne SSD sowie USB-Sticks zugreifen kann. Ein Medienplayer spielt nun auch lokal gespeicherte Musik und Videos ab.

Außerdem können Nutzer ihre Dateien mit wenigen Klicks zu den passenden Cloud-Diensten hochladen. Markiert man etwa Bilder, bietet Chrome OS den Upload zu Picasa an. Box.net und Google Text & Tabellen unterstützen die einfache Upload-Funktion ebenfalls, weitere Web-Apps sollen folgen.

Das beliebte Smartphone-Spiel Angry Birds ist ab sofort als Browser-App für Chrome verfügbar.

Der Chrome Web Store ist nun weltweit in 41 Sprachen verfügbar und erlaubt Käufe innerhalb von Apps. Entwickler erhalten bei den sogenannten In-App-Käufen 95 Prozent aller Umsätze. Google bekräftigte erneut, dass die wichtigsten Web-Apps mit Chrome OS auch offline funktionieren sollen. Google Mail, Kalender sowie Text & Tabellen sollen das von Sommer an können. Rovio stellte eine Webversion des beliebten Smartphone-Spiels Angry Birds vor.

Die unterschiedlichen Entwicklungsstränge von Android für Smartphones (Gingerbread) und Tablets (Honeycomb) will Google in der nächsten Android-Version Ice Cream Sandwich wieder zusammenführen: „One OS that runs everywhere“. Sie soll im vierten Quartal erscheinen und unter anderem Face-Tracking in Videochats und eine in der Größe veränderbare Statuszeile erhalten.

In Android 3.1 kann der Anwender Widgets skalieren und die Task-Leiste vertikal scrollen.

Zusammen mit Netzbetreibern und Hardware-Herstellern will Google dem Versionswirrwarr bei Android-Geräten Einhalt gebieten: So versprechen unter anderem HTC, LG, Motorola, Samsung und Sony Ericsson, Android-Smartphones mindestens 18 Monate lang mit der jeweils aktuellen Android-Version zu versorgen, sofern die Hardware dies hergibt. Auch im Android Market will Google das Leben der Nutzer und Programmierer erleichtern: Das Unternehmen vergibt für besonders gute Apps eine „Editors’ Choice“-Empfehlung, und Apps dürfen nun maximal 4 GByte statt wie bisher nur 50 MByte groß sein.

Google stellte außerdem Android Honeycomb 3.1 vor, das die Oberfläche und den Umgang mit Widgets verbessert und für das Motorola Xoom in den USA bereits verfügbar ist. Tablets können damit auch als USB-Host arbeiten und etwa auf Speichersticks, Tastaturen oder Game-Controller zugreifen. Die bisher nur in den USA verfügbaren Google-TV-Geräte sollen ebenfalls die derzeit aktuelle Android-Version Honeycomb und Zugriff auf den Android Market erhalten.

Mehr Infos

Google I/O im Überblick

Chrome OS

  • Netbooks mit Chrome OS ab 15. Juni in Deutschland und sechs weiteren Ländern
  • erste Modelle von Acer und Samsung mit Preisen zwischen 350 und 500 US-Dollar
  • neues Preismodell: Unternehmen können Chromebooks für 28 Dollar, Schulen für 20 Dollar im Monat mieten

Android

  • Update für Tablet-Android Honeycomb: Oberflächenverbesserungen und Unterstützung von USB Host
  • Honeycomb und Android Market demnächst für Google TV verfügbar
  • Nachfolger-Android Ice Cream Sandwich führt Versionen von Smartphones und Tablets zusammen
  • Konsortium aus Herstellern und Providern verpflichtet sich, Geräte für mindestens 18 Monate mit neuen Android-Versionen zu versorgen

Zugleich präsentierte der Konzern zwei neue Webdienste für Android: einen Videoverleih und einen Online-Musikspeicher, beide anfangs nur in den USA. Nutzer können mehrere tausend Filme in HD-Qualität über den Android Market im Web, auf Tablets und auf Smartphones ausleihen. Das Leihen kostet ab 1,99 US-Dollar. Ein Film ist nach dem Bezahlen für 30 Tage verfügbar; sobald man ihn startet, hat man 24 Stunden Zeit, ihn zu Ende zu schauen. Alternativ zum direkten Stream aus dem Netz lassen sich Filme für die Leihdauer offline speichern. Die Erweiterung für den Filmverleih ist in Honeycomb 3.1 enthalten und soll für Android 2.2 und aufwärts in den nächsten Wochen als App veröffentlicht werden.

Music Beta ist ein Cloud-Speicher, den Anwender mit bis zu 20 000 Songs befüllen können. Über einen Client für Windows und Mac können Nutzer ihre Musiksammlung synchronisieren. Die Songs lassen sich im Web und auf Android-Geräten abspielen und auf letzteren auch für den Offline-Gebrauch herunterladen. Die Funktion Instant Mix erstellt Abspiellisten mit weiteren zu einem Song passenden Stücken. Der Dienst wird in den kommenden Wochen in den USA als zunächst kostenlose Beta gestartet, die App dafür will Google für Android ab 2.2 zur Verfügung stellen. Der Kauf von Musikstücken ist nicht vorgesehen.

Google führte außerdem vor, wie Android-Smartphones und -Tablets in Zukunft mit Zubehörgeräten zusammenspielen sollen: Das ab sofort verfügbare Entwicklungskit Android Open Accessory legt fest, wie per USB angeschlossene Geräte mit dem Android-Gerät kommunizieren und den Akku laden. Entwicklern gibt Google ein Referenzgerät auf Arduino-Basis an die Hand. Android-Geräte mit Version 2.3 sowie 3.0 unterstützen die neue USB-Zubehör-Schnittstelle bereits, ein Bluetooth-Profil will das Unternehmen nachreichen.

[1] Christian Wölbert, Alles in die Wolke, Unterwegs mit einem Chrome-OS-Notebook, c’t 3/11, S. 68 (acb)