Die Neuerungen von Fedora 15

Fedora 15 verwendet als erste große Distribution den neuen Gnome-3-Desktop und die Sysvinit- und Upstart-Alternative Systemd.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Zwei Wochen später als ursprünglich geplant hat das Fedora-Projekt die fünfzehnte Version seiner Linux-Distribution freigegeben. Die nach der Stadt Lovelock in Nevada, USA benannte Distribution bringt mit dem Gnome-3-Desktop und der Sysvinit- und Upstart-Alternative Systemd zwei größere Neuerungen, die über kurz oder lang auch in vielen anderen Distributionen auftauchen dürften. Damit hat das neue Fedora wieder die traditionelle Vorreiterrolle übernommen, nachdem das im vergangenen November freigegebene Fedora 14 längst nicht so viel erwähnenswerte Neuerungen brachte, wie man es von den Versionen davor kannte.

Fedora 15 (Lovelock) (11 Bilder)

Standard-Desktop

Das auf 3D-Unterstützung angewiesene und nicht überall geliebte Gnome 3 dient Fedora 15 als Standard-Desktop.


Der Umstieg auf das Anfang April vorgestellte und mit Beteiligung vieler Red-Hat-/Fedora-Entwickler entstandene Gnome 3 ist die wohl auffälligste Neuerung bei Fedora 15. Die in einem heise open-Artikel näher beschriebene dritte Gnome-Generation ist Standard-Desktop beim Desktop-Spin – einem der Live-Medien, die sich auch zur Installation eignet. Auch das traditionelle, als DVD-ISO-Image erhältliche Installationsmedium spielt das neue Gnome auf, sofern man keine andere Desktop-Umgebung auswählt.

Die Hauptneuerung von Gnome 3 ist die Gnome-Shell, die Grafikhardware und -Treiber mit 3D-Unterstützung erfordert. Viele Virtualisierungslösungen emulieren allerdings keine 3D-Grafikkarte; für die, die es tun, bringt Fedora von Haus aus keine passenden 3D-Treiber mit, daher kann man die Gnome-Shell nicht ohne weiteres in Virtualisierungslösungen testen. Fehlt 3D-Unterstützung, startet ein Fallback-Modus, der vom Aufbau der Desktop-Elemente an Gnome 2 erinnert, aber an das Design von Gnome 3 angepasst wurde. An einigen Stellen wurde dabei ausgemistet, wodurch einige von Gnome 2 gewohnte Funktionen nicht zur Verfügung stehen.

Bereits während der Entwicklung von Fedora 15 äußerten viele Fedora-Entwickler auf Mailinglisten und in Blog-Einträgen Kritik an Gnome 3. Manche erklärten offen, auf andere Desktop-Umgebungen umgestiegen zu sein, vor allem auf Xfce, das Fedora 15 in der aktuellen Version 4.8 beiliegt und Gnome 2 in vielen Aspekten mehr ähnelt als die Gnome Shell oder der Plasma Desktop von KDE 4. Letzteres liefert Fedora in der aktuellen Version 4.6.3 mit, die nun nicht mehr auf HAL angewiesen ist, bessere Bluetooth-Unterstützung bietet und Gstreamer als Standard-Backend für Phonon verwendet.

Als Standard-Office-Suite dient nun nicht mehr OpenOffice, sondern das daraus hervorgegangene LibreOffice in Version 3.3.2. Als Browser setzt Fedora auf Firefox 4.0.1. Die durch Sugar on a Stick (SoaS) oder den OLPC bekannte Lernoberfläche Sugar liegt in Version 0.92 bei.

Nicht nur an der Oberfläche, auch unter der Haube gab es eine große Änderung: Die vor einem guten Jahr vorgestellte Sysvinit- und Upstart-Alternative Systemd übernimmt bei Fedora nun die Einrichtung des Systems – dazu zählt das Einbinden aller zum Betrieb benötigen Datenträger und das Starten von Hintergrunddiensten. Zuvor war dafür das im Ubuntu-Umfeld entstandene Upstart zuständig, das bei Fedora 9 das alte Sysvinit abgelöst hatte.

Eine Besonderheit des von einem Red-Hat- und einem Novell-Entwickler gestarteten Systemd ist der parallele Start von Hintergrunddiensten, ohne dass Abhängigkeiten zwischen diesen explizit festgelegt werden müssen; das nutzt Hardware-Ressourcen effizienter, was viele Systeme flotter starten lässt. Aufmerksame Anwender erkennen den Parallelstart von Diensten an einer sich gelegentlich ändernden Reihenfolge, in der die Dienste beim Systemstart den erfolgreichen Start vermelden; wer nicht genau hinsieht, merkt vom Umstieg auf Systemd aber nichts.

Zur Interaktion mit Systemd liegt das Kommandozeilenprogramm systemctl mit. Die Programme chkconfig und service arbeiten bis zu einem gewissen Grad auch mit Systemd zusammen; auch die von früheren Fedora-Versionen gewohnten Boot-Parameter wie "single" oder "3" funktionieren, um das System in einen Single-User-Mode zu versetzen oder den Start der grafischen Oberfläche zu unterbinden. Eine Seite im Fedora-Wiki liefert einen Überblick über einige der wichtigsten Befehle zur Handhabung von Systemd.