Dienstbeschreibungssprache USDL kommt in entscheidende Phase

Die Unified Service Description Language soll im Rahmen des Texo-Anwendungsmodells des semantischen Suchprojekts Theseus das Internet der Dienste mit dem Netz der Dinge verbinden, doch sie hat noch Hürden zu überwinden.

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Die Unified Service Description Language (USDL) soll im Rahmen des Texo-Anwendungsmodells des semantischen Suchprojekts Theseus das "Internet der Dienste" mit dem "der Dinge" verbinden, doch sie hat noch Hürden zu überwinden. "Die Feuerprobe steht ihr noch bevor", erklärte Herbert Weber, Leiter der Theseus-Begleitforschung, am Freitag auf einer Konferenz in Berlin. Eine Sprache für die Computerkommunikation könne eine "ganze Industrie steuern", wenn sie sich als praxistauglich erweise. Es gebe aber auch eine Fülle an Programmiersprachen, die jenseits der Fachliteratur keine Relevanz erlangt hätten. Für USDL hält der Informatiker "noch etliche Generationszyklen für nötig", bevor sie als Standard Anerkennung finden könne.

Bei SAP sind die Hoffnungen hoch. Die Walldorfer hatten USDL Ende 2009 als offenes Standardisierungsprojekt zur Beschreibung von Online-Dienstleistungen und zur Verknüpfung mit Prozessen in der physikalischen Welt vorgestellt. Kernidee ist, über gängige "Webservices" hinaus betriebswirtschaftliche und operationale Aspekte wie Urheberrechte, Verfügbarkeit und Preismodelle zu thematisieren. Der SAP-Forscher Orestis Terzidis beschrieb die Funktionsweise von USDL als eine Art "Universal-Formular". Der Nutzer müsse dabei sicherstellen, dass alle für eine Dienstleistung beschriebenen relevanten Informationen in Form von Metadaten "halbwegs formal beschrieben werden". Dann sei es möglich, sie maschinell zu bearbeiten, Suchfunktionen zu automatisieren und Dienste zu einem Paket zu bündeln.

Terzidis schwebt künftig eine "Texo-Suchleiste" auf dem Desktop vergleichbar zur "Google Toolbar" vor. Darin könne ein Händler etwa die Stichworte "Tadschikistan" und "Export" eingeben und erhalte dann eine Auswahl von Dienstleistern, die einen entsprechenden Transport übernehmen könnten. Der Anbieter müsse sich beim Einpflegen der Daten nur einmal Gedanken machen, auf welche Informationen aus dem Backend-System zuzugreifen sei und den Service entsprechend in USDL beschreiben. Im Anschluss sei dieser über einen Online-Marktplatz oder vergleichbare Plattformen abrufbar.

Der Leiter des Berliner Texo-Lab, Markus Heller, führte als Anwendungsbeispiel einen Kfz-Versicherungsmarktplatz im Internet vor, bei dem verschiedene Dienstleister ihre Services per Knopfdruck integrieren können. Gleichzeitig erhält der Verbraucher alle Informationen und Adressen, die im Eintritt eines Schadensfalls wichtig sind: Von der nächsten Werkstatt über den Abschleppdienst bis zum günstigsten Mietwagen. Dabei kann der Nutzer mehrere Anfragen über einen "Einkaufswagen" im Blick behalten. Gerade kleinen Unternehmen dürfte es Heller zufolge so leichter fallen, sich im Internet gegen Konzerne zu behaupten.

Online verfügbar hält das Lab derzeit Demos von drei Prototypen für "kontrollierte Experimente". Nach ihrer Durchführung erstellen Lab-Mitarbeiter ein Expertise, die in konkrete Angebote münden soll. Laut Heller basteln die Forscher an Editoren, einer verbesserten Ausführungsumgebung und der Anbindung mobiler Endgeräte. SAP selbst baut derzeit eine Art App-Store für Business Software auf Basis eines Texo-Marktplatzes auf, bei der ein Kunde über einen leicht bedienbaren Editor ohne große Programmierkenntnisse Dienstleistungen anbieten kann. Die Erweiterung um USDL-Funktionen prüfen die Walldorfer momentan, um etwa Finanz- und Steuer-, Rechtsanwalts- oder Umweltangelegenheiten einfacher abwickeln zu können. Letztlich soll die Beschreibungssprache dabei Dienstleistungen in Echtzeit "handelbar" machen.

Terzidis schätzt, dass die bei Texo entwickelten Instrumente das Potenzial haben, bis 2020 einen zweistelligen Milliardenmarkt zu erschließen. Für den Grundbaustein USDL, der sich seiner Ansicht nach realistisch betrachtet in einer Version zwischen "0.8 und 1.0" befindet und in den bereits "20 Personenjahre Arbeit" geflossen seien, läuft bis September die "Brutphase" zur Standardisierung beim World Wide Web Consortium (W3C). Dabei gehe es um die "Suche nach kritischer Masse" an Unterstützern, erläuterte Felix Sasaki vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Er sei optimistisch, dass sich ein tatsächlicher Standardisierungsprozess anschließe. Der Forscher rief die Partner im Texo-Konsortium dazu auf, sich mit ihrem technischen Know-how stärker einzubringen. Größen wie HP, SAP oder Siemens seien zwar am Ball, doch auch Mittelständler, denen eine reguläre Mitgliedschaft beim W3C zu teuer sei, könnten als "geladene Experten" ihr Wissen einbringen.

Unter dem Dach von Theseus arbeiten 60 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft an neuen Techniken für das Internet der Dienste. Das Programm startete Ende 2007 und hat eine Laufzeit von fünf Jahren bei einem Gesamtvolumen von rund 200 Millionen Euro, die jeweils zur Hälfte vom Bundeswirtschaftsministerium und von den Mitstreitern aus Industrie und Forschung aufgebracht werden. Bislang wurden im Rahmen von Theseus vier Unternehmen gegründet, zwölf Standardisierungsaktivitäten umgesetzt, 17 Anschlussprojekte angeworben, knapp 40 Patente und andere geschützte Ergebnisse angemeldet, über 90 Prototypen entwickelt und rund 670 Publikationen veröffentlicht. (jo)