Space - the final Vorgärtchen

Was Außerirdische mit sozialen Netzen und beide mit modernem Zuhausesein zu tun haben.

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Von
  • Peter Glaser

Was Außerirdische mit sozialen Netzen und beide mit modernem Zuhausesein zu tun haben.

Im Juni 2009 richtete der Abgeordnete Peter Hettlich (Bündnis 90/Die Grünen) in der Drucksache 16/13570 eine schriftliche Anfrage an den Deutschen Bundestag: "Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Wahrscheinlichkeit der Existenz intelligenter extraterrestrischer Lebewesen ein, und für wie hoch hält sie die Wahrscheinlichkeit, dass Außerirdische auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland landen?"

Staatssekretär Jochen Homann aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie erteilte hierzu die Auskunft, der Bundesregierung lägen "keine Erkenntnisse vor, die eine zuverlässige Einschätzung der Wahrscheinlichkeit extraterrestrischen Lebens erlauben würden. Eine Landung Außerirdischer auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland hält die Bundesregierung nach heutigem wissenschaftlichen Kenntnisstand für ausgeschlossen". Weitere Fragen, etwa ob die Regierung auf eine solche Kontaktaufnahme vorbereitet sei, und wie im Fall eines solchen Ereignisses die Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen geregelt seien, würden sich deshalb erübrigen.

Sind da draußen in der sternenleuchtenden Unermeßlichkeit vielleicht noch andere Intelligenzen? Sprechen sie etwa schon zu uns, suchen sie Verbindung? Seit 1960 fahndeten Wissenschaftler unter dem Kürzel SETI ("Search for Extraterrestrial Intelligence") anhand von Radiosignalen nach Anzeichen außerirdischer Zivilisationen; nun ist ihnen das Geld ausgegangen. Am 15. August 1977 hatte der Astrophysiker Jerry Ehman am Radioteleskop der Ohio State University das sogenannte Wow!-Signal aufgezeichnet – ein 72 Sekunden langes, extrem ungewöhnliches Signal, dessen Ursprung wahrscheinlich im interstellaren Raum liegt. Die Natur des Signals ist nach wie vor ungeklärt. An den Rand des Computerausdrucks mit den Messwerten schrieb Ehman damals "Wow!"

Fünf Tage später, am 20. August 1977, startete die erste der beiden Voyager-Raumsonden, die das äußere Sonnensystem erforschen und es danach als erste von Menschen gemachte Objekte verlassen sollten; am 5. September folgte der andere Voyager. Beide Flugkörper haben eine vergoldete Kupferscheibe an Bord – The Voyager Golden Record – auf der in Datenform Bilder der Erde und des Menschen, Grüße in 55 verschiedenen Sprachen und Musik von Beethoven bis Chuck Berry gespeichert ist – gemeinsam mit einer Anleitung, wie die Daten zu lesen sind und verbunden mit der Hoffnung, eine intelligente, außerirdische Lebensform könnte dadurch von der Menschheit erfahren. Mit einer geschätzten Lebensdauer von 500 Millionen Jahren werden die Platten mit den Botschaften zumindest Zeugnis davon geben, dass es einmal Menschen gab.

Wie wir aus der Science Fiction wissen, ist das Verhältnis zwischen Menschen und extraterrestrischen Existenzen nicht immer von gutem Willen getragen. Zwischen dem freundlichen, kleinen E.T. und Ridley Scotts eiskaltem, tödlichen Alien tritt ein variantenreicher Reigen kriegerischer Wesen an, um der Menschheit orentlich Ärger zu machen – von den landenden Marsianern, mit denen Orson Welles 1938 in seinem Hörspiel "Krieg der Welten" die Amerikaner erschreckte, über die ungemütlichen "Frogs", denen die Mannschaft der Orion auf Raumpatrouille begegnet, bis hin zu den Klonkriegern aus Star Wars und der dunklen Seite der Macht. Auch in der Romanfolge "Per Anhalter durch die Galaxis" von Douglas Adams tauchen wenig wohlmeinende Wesen – die Vogonen – auf, um die Erde zu sprengen, die einer kosmischen Umgehungsstraße weichen soll.

Allen Science Fiction-Epen ist eines gemeinsam: Sie wollen uns ein modernes Gefühl des Zuhauseseins geben, zusammen mit all den Außerirdischen und sonstwie außergewöhnlichen Wesen. Ist es nicht wunderbar, Heimweh zu haben nach einem Ort, an dem man noch nie war? Das Unbekannte, Fremde, Beunruhigende ist nach dem ersten Mal Lesen oder Filmgucken schon fast wieder aufgehoben. Science Fiction ist Facebook in groß. Bis an den Rand des Universums gibt es fortan lauter Bekannte. Space, the final Vorgärtchen – für den Liebhaber von Alien-Kulturgut ist alles Science Fiction-Förmige ein bißchen wie zu Hause.

Auf der Erde ist das Zeitalter der Eroberungen zu Ende. Nachdem die geographischen Räume des Planeten verteilt sind, versuchen wir nun mit den Mitteln der Vorstellungskraft und der Technik in die Unendlichkeit vorzustoßen – weil im Denken kein Aufhören ist. "Das ewige Schweigen dieser unendlichen Räume macht mich schaudern", so empfand es bereits der Philosoph und Mathematiker Blaise Pascal. Mehr denn je suchen wir heute da draußen jemanden oder etwas, das uns eine Antwort geben könnte in dem grandiosen Schweigen des Kosmos. (bsc)