Medienforum: mehr Digital, mehr Regional, mehr Medien

"Politik muss den Zusammenhang von modernen Medien und Demokratie viel stärker in den Blick nehmen", forderte die Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens. Sie forderte, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ab 2017 ganz ohne Werbung auskommen.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen will mit einer aktiven Medienpolitik die Wettbewerbsfähigkeit der Schlüsselbranche stärken. Ministerpräsidentin Hannolore Kraft kündigte zur Eröffnung des Medienforums NRW am Montag in Köln mehrere Förderprogramme an, mit denen sowohl der digitale Wandel als auch die bestehenden Medienformen wie Zeitungen gestützt werden sollen.

"Politik muss den Zusammenhang von modernen Medien und Demokratie viel stärker in den Blick nehmen", forderte Kraft. Als Beispiel nannte sie mehrere Online-Konsultationsverfahren, die ihre Regierung in diesen Tagen startet. So wurde in der vergangenen Woche bereits ein $(https://medienpass.nrw.de/:Portal zum geplanten Medienpass|_blank)$ vorgestellt, bei dem die Bürger und Fachleute Vorschläge zur konkreten Ausgestaltung der Medienkompetenz-Initiative an Schulen machen können. Die Förderung des Verständnisses moderner Medien sei elementar für die Zukunftsfähigkeit des Landes: "Der Umgang mit dem 'www' muss genau so sicher beherrscht werden wie der mit dem ABC oder dem 'Einmaleins'", sagte die Ministerpräsidentin.

Kraft will auch die Industrie fördern. Die Ministerpräsidentin kündigte in Köln die Initiative "Digitales Medienland NRW" an, in deren Rahmen bis 2013 insgesamt 10 Millionen Euro in innovative Projekte gesteckt werden sollen. Die Verwaltung der Mittel soll die neu aufgestellte Film- und Medienstiftung NRW übernehmen, die aus der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen und dem Mediencluster NRW hervorgehen wird.

Gleichzeitig betonte Kraft auch die Wichtigkeit traditioneller Medienformen. "Kaum ein anderes Medium kann besser ein Gefühl für journalistische Qualität vermitteln als die Tageszeitung". Zudem betonte Kraft die Wichtigkeit der Regionalberichterstattung. So überlege ihre Regierung Lokaljournalismus durch Weiterbildungsangebote und Recherchestipendien zu unterstützen. Direkte Subventionen an Verlage seien aber nicht geplant. Rundfunkanstalter sollen durch Regulierungsmechanismen profitieren, wenn sie Drittanbietern und regionaler Berichterstattung Sendezeit einräumten.

Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk möchte Kraft neu sortieren. So sei durch die Neuregelung der Rundfunkgebühren ab 2015 eine wesentliche Reduzierung der Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk möglich. Nach dem Willen von Kraft sollen ARD und ZDF ab 2017 ganz ohne Werbung auskommen. So könnten die Sender ihr Profil schärfen. Daneben müssten sich die Sender bemühen, bessere Angebote für jüngere Zielgruppen zu machen. Ein digitaler Jugendkanal könnte nach Ansicht von Kraft dazu beitragen. Dieser solle aber nicht auf lineare Verbreitung beschränkt sein, sondern verstärkt auf Online-Inhalte setzen.

Zustimmung erhielt sie von der WDR-Intendantin und ARD-Vorsitzenden Monika Piel: "Ich habe kein Problem damit, wenn die Werbeeinnahmen kompensiert werden." VPRT-Präsident Jürgen Doetz attackierte die Öffentlich-Rechtlichen aber scharf. So sei der Entschluss des ZDF, die Rechte an der Champions League zu kaufen, ein unnötiger Missbrauch von Gebührengeldern. "Die Öffentlich-Rechtlichen müssen nicht alles das senden, was die privaten Sender auch anbieten." Über den überteuerten Kauf von Sportrechten versuchten die sich für die jüngere Zielgruppe attraktiv zu machen.

Für einen kleinen Eklat sorgte Richard Gutjahr, Moderator des Bayerischen Rundfunks und Social Media Personality: Er verglich die Leiter der Medienhäuser mit den "Machthabern in arabischen Ländern", die in ihren Palästen hockten und nichts davon mitbekämen, was das Volk bewegt. Mit der Provokation stieß er auf scharfen Protest der ARD-Vorsitzenden. So würden die ARD-Journalisten selbstverständlich auch neue Medien wie Twitter zur Recherche einsetzen. Allerdings müssten sie diese Informationen nach den Standards ihrer Häuser behandeln. Wenn die Journalisten zum Beispiel Informationen aus Syrien nicht bestätigen könnten, würden diese nicht Eins-zu-Eins an den Zuschauer weitergereicht. Die "flotten Sprüche" von Gutjahr könne kein öffentlich-rechtlicher Journalist im Netz verbreiten. Auf konkrete Verbesserungsvorschläge angesprochen, konnte Gutjahr allerdings nur die Hoffnung aussprechen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender den Medienwandel schnell vollzögen. (jk)