Medienforum: Streitpunkt Hybrid-TV

Der Präsident des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien Jürgen Doetz und WDR-Intendantin und ARD-Vorsitzende Monika Piel warben in Köln für den internationalen Standard HbbTV. Dabei wurden aber auch Differenzen deutlich.

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Von
  • Torsten Kleinz

Während privater und öffentlich-rechtlicher Rundfunk dank Werbeverzicht bei ARD und ZDF alte Kriegsbeile begraben können, zeigen sich auf dem Medienforum NRW neue Fronten. Die Deutsche Content-Allianz geht auf Konfrontationskurs mit Plattformbetreibern und Geräteherstellern. Die privaten Rundfunkbetreiber fordern eine komplette Überarbeitung der Medienregulierung.

Auf dem Medienforum warben der Präsident des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) Jürgen Doetz und WDR-Intendantin und ARD-Vorsitzende Monika Piel für den internationalen Standard Hybrid broadcast broadband TV (HbbTV), auf den sich die Branche bereits 2010 geeinigt hatte. Mit HbbTV lassen sich Fernsehprogramme durch Online-Inhalte ergänzen. Die Sender können ähnlich dem Videotext zusätzliche Programminformationen anzeigen oder auf kommerzielle Angebote verweisen. Der Standard eignet sich auch als Einstiegspunkt in die von den Sendern bereitgestellten Online-Mediatheken. Ende dieses Jahres soll jedes zweite verkaufte TV-Gerät internetfähig sein.

Die Sender bemühen sich, den HbbTV-Standard auch in geschlossenen Systemen wie T-Entertain zu etablieren. Aus der technischen Spielerei sei aber eine gewaltige Herausforderung geworden, betonte Piel. Die Sender befürchten, dass sich die Gerätehersteller in Zukunft nicht alleine als technische Dienstleister begreifen, sondern auch bei den Inhalten mitmischen wollen. So sind nicht bei jedem Hersteller alle Angebote der deutschen Sendergruppen sofort verfügbar.

Piel betonte, dass auch der technisch nicht versierte Zuschauer einfach auf die Online-Angebote der Sender zurückgreifen können müsse, hier sei man mit den Herstellern in Verhandlungen. Dieser Punkt erinnert an den alten Streit um die Gleichbehandlung in elektronischen Programmführern. Diesmal hat der Konflikt aber internationale Dimensionen: So sehen die Senderbetreiber Projekte wie AppleTV und Google TV mit Sorge. Sie befürchten, dass sie auf den internationalen Plattformen nur noch die zweite Geige spielen oder dass die US-Unternehmen die Platzierung auf ihren Plattformen an den Meistbietenden verkaufen wollen.

Die Sender warnen auch vor Eingriffen in ihr Programm. "Die Gerätehersteller können über unsere Inhalte Werbung einblenden", so Piel. So sei es möglich, dass die Plattform-Betreiber nach einer Verfolgungsjagd im Tatort automatisch dazu passende Auto-Werbung anzeige. Der Nutzer könne dann kaum unterscheiden, ob diese Werbung von der ARD oder vom Gerätehersteller stamme. "Wir wollen, dass die Inhalte in der Verantwortung der TV-Betreiber bleiben", erklärte Piel. Zudem seien Fragen nach den Rechten der Nutzer ungeklärt: Sie sollen nach Ansicht von Piel die Kontrolle darüber bekommen, wann Werbung angezeigt wird. Zudem seien die internetfähigen Fernsehgeräte eine potenzielle Gefahr für den Datenschutz, da über sie viele Daten für Nutzerprofile gesammelt werden.

Doetz hingegen sieht die deutschen Senderbetreiber durch die strengen Werberegeln gegenüber den Geräteherstellern und Plattformbetreibern benachteiligt, die sich nicht an diese Vorschriften halten müssten. "Mit der konvergenten Realität steht die gesamte Medienregulierung auf dem Prüfstand", sagte Doetz. "Was nutzt die Regulierung der Plattformen, wenn sich die Gerätehersteller nicht daran halten müssen?" So müssten verbindlichen Spielregeln für alle Gerätehersteller entwickelt werden, im Gegenzug sollte der Gesetzgeber die Einschränkungen für deutsche Betreiber lockern. (anw)