Android goes to Kenya

Ein kostengünstiges chinesisches Smartphone sorgt in Nairobi für eine Welle von App-Innovationen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • David Talbot

Ein kostengünstiges chinesisches Smartphone sorgt in Nairobi für eine Welle von App-Innovationen.

Der kenianische Mobilfunkanbieter Safaricom erlebt in den letzten Monaten einen Boom bei den Smartphones. Ein kostengünstiges Gerät des chinesischen Anbieters Huawei sorgt in dem ostafrikanischen Land mittlerweile für eine Welle an App-Innovationen: von Programmen mit Gesundheitsinformationen über Apps, die aktuelle Marktpreise für Getreide anzeigen, bis hin zu Software mit Tipps für die biologische Landwirtschaft.

80 Dollar kostet das Huawei Ideos, das Safaricom im Februar einführte, nur noch – ein Preis, der für kenianische Verhältnisse zwar noch immer recht hoch ist, doch immerhin mehr als 350.000 Käufer anlockte. Der chinesische Hersteller erhofft sich von diesen und anderen Geräten in den Entwicklungsländern ein gutes Geschäft.

Die kenianische Kommunikationsindustrie schätzt, dass sich die Internet-Nutzung in dem Land, die bereits jetzt vor allem per Mobiltelefon erfolgt, bis September 2011 verachtfachen könnte – in nur einem Jahr. "In zwölf Monaten wird das mobile Betriebssystem Android hier große Effekte haben", glaubt Erik Hersman, Mitbegründer der Aktivistenplattform Ushahidi, die seit 2008 mehr Transparenz in die Politik des Landes bringt.

Hersman startete in den letzten Monaten die Organisation iHub, die versucht, innovative kenianische Firmen und Einzelunternehmer mit Investoren zusammenzubringen. Ein Mobile-App-Event, das iHub im Juni veranstaltete, brachte 100 Wettbewerbsteilnehmer und 25 Finalisten um einen 25.000 Dollar schweren Förderpreis für die beste Mobilanwendung. Der Gewinner, Medkenya, wurde von zwei Unternehmern entwickelt und bietet Gesundheitstipps für Bürger. Gleichzeitig verbindet die App Ärzte mit Patienten. Die Firma ging außerdem eine Partnerschaft mit dem kenianischen Gesundheitsministerium ein. Das Ziel: Gesundheitsinformationen sollen endlich möglichst breite Teile der Bevölkerung erreichen.

Kenia gilt als Paradebeispiel für die neue mobile Internet-Wirtschaft in den Entwicklungsländern. Zwei enorm populäre Plattformen etablierten sich hier innerhalb kürzester Zeit: Ushahidi, das mittlerweile weltweit eingesetzt wird und M-Pesa, ein mobiler Bankingdienst, den der Netzbetreiber Safaricom selbst anbietet. Mehr als 14 Millionen Kenianer nutzen M-Pesa mittlerweile für Zahlungen per Mobiltelefon.

"Nach M-Pesa und Ushahidi kommen noch viele weitere Innovationen", glaubt Juliana Rotich, Ushahidi-Exekutivdirektorin. "Die Spanne an Projekten im Mobilbereich ist breit und interessant."

Andere populäre Apps finden sich in den Bereichen E-Commerce, Bildung und Landwirtschaft. Das Schweizer Non-Profit Biovision gibt Bauern in Ostafrika Tipps und Informationen, wie sie biologische Landwirtschaft betreiben können. Dazu entwickelt die Firma eine App, die in Kenia und anderen Ländern von Entwicklungshelfern eingesetzt wird. Zuvor hatte Biovision mit dem OLPC-Computer experimentiert, doch der war zu schwerfällig und ihm fehlten wichtige Funktionen wie eine Kamera und GPS-Empfang.

Die Biovision-App für Android, die auch an Endkunden gelangen wird, soll bestehende SMS-Dienste ergänzen, über die sich Bauern bereits jetzt über richtiges Landmanagement mit der Organisation verständigen können.

"Das Handy beginnt, viele Probleme in Kenia zu lösen", sagt Christoph Hess, der an der Biovision-App arbeitet. "Wir glauben, dass der Zugriff auf diese Dienste noch einfacher werden sollte und unsere Android-Anwendung ist ein erster Schritt." Zwar würden anfangs noch nicht viele Bauern ein entsprechendes Gerät haben. "Mit fallenden Preisen ist das aber durchaus möglich." Eine andere aufstrebende App ist MFarm, ein Dienst, der aktuelle Marktpreise für Getreide verbreitet, damit Bauern fair bezahlt werden.

Ebenfalls beliebt sind Erweiterungen des Bezahlsystems M-Pesa. PesaPal hilft Nutzern, ihre Ausgaben immer im Blick zu haben, KopoKopo erlaubt es Firmen, Zahlungen entgegenzunehmen. Da die Kenianer schon gewöhnt sind, Transaktionen mit dem Handy durchzuführen, dürften die praktischsten Apps schnell viele Nutzer finden. "Der große Vorteil in Kenia ist dieser Bezahlbereich. Es gibt so viele Leute, die sich wegen M-Pesa in diesem Bereich betätigen", Ushahidi-Mann Hersman. Zudem existiere in Kenia eine breite Unternehmerkultur. "Wenn die auf mobiles Internet trifft, wird es noch viele spannende Start-ups geben." (bsc)