Stromspeicher Luft

Ein Start-up will mit einer neuartigen Methode Energie aus unzuverlässigen Quellen vorhalten.

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Von
  • Prachi Patel

Ein Start-up will mit einer neuartigen Methode Energie aus unzuverlässigen Quellen vorhalten.

SustainX, eine Neugründung aus dem US-Bundesstaat New Hampshire, hat insgesamt 20 Millionen Dollar an Investorengeldern eingesammelt, um neuartige Druckluftspeicher für erneuerbare Energien im Großversuch zu testen. Die komprimierte Luft soll dabei als Puffermedium dienen, bis ein entsprechender Bedarf im Stromnetz vorhanden ist. So könnte Elektrizität auch aus unzuverlässiger Quelle auf Abruf erzeugt werden – wenn der Wind nicht bläst oder die Sonne nicht scheint. SustainX hat bereits Prototypen mit 40 Kilowatt entwickelt und ist derzeit dabei, ein System mit einem Megawatt zu bauen. Partner ist der US-Stromkonzern AES.

Bei konventionellen Luftkompressoren nutzt man Strom, um Umgebungsluft zu komprimieren, die dann in unterirdischen Kellern oder leergepumpten Trinkwasserlagerstätten gespeichert wird. Diese Luft kann dann nach Bedarf wieder freigegeben werden, um Turbinengeneratoren anzutreiben, die Strom erzeugen. Der Ansatz ist deutlich billiger als das Speichern von Elektrizität in Batterien.

Das Problem: Oft fehlt es an ausreichend großen unterirdischen Vorratsbehältern zur Lagerung der komprimierten Luft. SustainX will das Problem nun mit hocheffizienten Lagertanks lösen, die auch überirdisch aufgestellt werden könnten.

Mit einem konventionellen, Turbinen-basierten System ist dies jedoch nicht darstellbar, weil die Tanks dann enorm groß und sehr teuer wären. SustainX setzt deshalb auf einen eigens entwickelten Generator, der die Kapitalkosten reduziert. "Wir nutzen oberirdische Luftkompressor-Tanks zu Preisen, wie sie sonst nur mit unterirdischen Räumlichkeiten erzielbar sind", sagt Mitbegründer und Vizepräsident Dax Kepshire.

Statt auf Turbinen setzt SustainX dabei auf Kolben in Zylindern. Gasturbinen arbeiten nur unter bestimmten Druckvoraussetzungen. Kolben können hingegen mit einer größeren Bandbreite umgehen – und weil sich Luft so außerdem stärker komprimieren lässt, ist auch mehr Energie pro Raumeinheit speicherbar. Hinzu kommt, dass die Kolben auch dann noch arbeiten, wenn der Luftdruck für Turbinen zu stark abgefallen ist.

SustainX verbessert die Energiebilanz des Systems außerdem durch einen höheren Wirkungsgrad. Bei konventionellen Luftkompressoren verpufft Wärme, die beim Kompressionsvorgang entsteht, einfach in der Atmosphäre. Um Strom zu erzeugen, muss die kalte, komprimierte Luft zunächst erwärmt werden, während sie sich ausdehnt – das kostet Treibstoff.

Das Start-up setzt hier auf einen anderen Prozess: Luft wird durch Elektrizität komprimiert, indem Kolben in Zylindern angetrieben werden. Um die Energie wieder freizugeben, treibt die sich ausdehnende Luft die Kolben in der entgegengesetzten Richtung an, was wiederum den Generator betätigt. Ein feiner Wassernebel innerhalb des Zylinders absorbiert dabei Wärme, die während der Kompression entsteht. Dieses heiße Wasser wird gespeichert und in die Zylinder zurückgesprüht, wenn die Luft expandiert. So wird kein zusätzlicher Treibstoff vergeudet. Der Wassernebel erhöht die Energieeffizienz des Prozesses von 54 Prozent auf sage und schreibe 95 Prozent, wie SustainX angibt. Mitbegründer Kapshire glaubt, dass das System Energie zu einem günstigeren Preis liefern könnte als Gaskraftwerke, die derzeit eingesetzt werden, um Nachfragespitzen zu decken.

SustainX gehört zu einer Handvoll Firmen, die derzeit im Bereich der isothermischen Luftkompressionsspeicherung arbeitet. Hauptkonkurrent General Compression konnte kürzlich über 50 Millionen Dollar an Investorengeldern für sein System einsammeln, bei dem eine Windturbine verwendet wird, um den Kompressor und die Ausdehnungseinheit zu betreiben. Es gibt bislang nur zwei größere Anlagen in freier Wildbahn, die zusammen 440 Megawatt erzeugen: eine in Alabama und eine in Deutschland. Zwei Projekte werden in den USA derzeit gebaut: Eine 300-Megawatt-Anlage in Kalifornien und eine 145-Megawatt-Anlage in New York.

Mark Johnson, Programmdirektor bei der Forschungsbehörde ARPA-E des US-Energieministeriums, sieht die Vorteile der Technik. Allerdings müsse sich der hohe Wirkungsgrad nun noch in Großanlagen beweisen. Auch sei die Kostenfrage noch nicht geklärt. Robert Schainker vom gemeinsamen Forschungsinstitut der US-Energieversorger sieht das ähnlich. Momentan eigneten sich überirdische Lagertanks für weniger als fünf Stunden Energie. Im Untergrund sähe es besser aus – auch wirtschaftlich. (bsc)