Huygens-Countdown: The day after

Übermüdet und überglücklich präsentierten sich die für den Einsatz der wissenschaflichen Instrumente an Bord der Huygens-Sonde verantwortlichen Teamchefs.

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Von
  • Andreas Stiller

Übermüdet und überglücklich präsentierten sich in der heutigen Abschlusspressekonferenz die für den Einsatz der wissenschaflichen Instrumente an Bord der Huygens-Sonde verantwortlichen Teamchefs. Alle Instrumente haben funktioniert und Daten geliefert -- mit Ausnahme des Doppler-Wind-Experimentes, das wegen Ausfall eines Kanals leider nicht klappte. Aber zum Glück konnten die insgesamt 18 teilnehmenden Teleskope von der Erde aus diesen Part -- die Doppler-Messung -- weit gehend übernehmen. Stolz berichtete Leonid Gurvits vom Joint Institute for VLBI in Europe, JIVE, dass man eine hervorragende Signalqualität von der 1,2 Milliarden Kilometer entfernten Sonde feststellen konnte und man jetzt mit den Interferenzmessungen der Teleskope auf 1 km genau die Bahn von Huygens berechnen will. Die Teleskope hätten noch viele Stunden, nach der Landung Kontakt zu Huygens gehabt, so dass auch die europäischen Teleskope nach Saturn-Aufgang noch horchen konnten.

Cassini, so John Zarnecki, der für das Surface Science Package verantwortlich zeichnet, konnte noch eine Stunde und 10 Minuten nach Landung der Sonde Daten aufzeichnen. Drei Minuten war das "garantierte" Minimum, ein halbe Stunde das erhoffte Kontingent, das damit zur großen Freude der Wissenschaftler deutlich überschritten wurde. Außerdem war die Empfangsqualität in den ersten 47 Minuten so hervorragend, dass überhaupt keine Daten rekonstruiert werden mussten. Bei der etwas unsanften Landung fiel zwar einer von neun Sensoren aus, er erholte sich aber wieder und arbeitete nach 3,5 Minuten normal. Die Landung erfolgte exakt 2:27:50 nach dem Eintrittspunkt. So hat man insgesamt nicht ganz vier Stunden Datenmaterial mit brutto 8192 Bit/s, summa summarum etwa 11 MByte wissenschaftliche Daten.

Die Oberfläche des Titan ist 93,8 Kelvin kalt, die auf den Bildern zu sehenden Blöcke bei der Landestelle bestehen nach den Spektral-Messungen offenbar teilweise aus Wassereis, so die ersten Ergebnisse. Ob neben Methan und Ethan auch längerkettige Kohlenwasserstoffe -- und damit mögliche Urstoffe des Lebens -- auszumachen waren, konnten die Wissenschaftler zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Auch Blitz und Donner konnten sie nicht feststellen, aber donnernde Windgeräusche, die das On-Bord-Mikrofon aufnahm und die man sich bei der Planetary Society anhören kann. Der schöne unterliegende Groove stammt allerdings nicht vom Titan, sondern von der Pumpe des Aerosol-Analysators.

Derweil verdichten sich auch die Hinweise, was den Ausfall von Kanal A verursacht haben könnte -- nämlich ein falsches Kommando, das den Receiver einfach nicht eingeschaltet hat. Also wohl keine technische Panne im Weltraum, sondern eine irdische, menschliche. Die ESA hat eine Untersuchungskommission eingerichtet, die den Vorfall untersuchen soll. Verloren gegangen ist lediglich die Hälfte der Bilder von der Kamera. Alle Spektralmessungen des Descent Imagers Spectral Interferometers (DISR) wurden wie die anderen Messergebnisse auch redundant übertragen und sind im vollen Umfang angekommen. Und so zeigten sich auch die DISR-Wissenschaftler mehr als zufrieden, zumal die Lampe für die Spektralmessungen funktioniert hat und während der gesamten aufgezeichneten Standphase die Umgebung beleuchtet hat.

Siehe zur Cassini/Huygens-Mission auch: (as)

  • Wissenschafts-Special Weltraum in Telepolis