Nano-Tattoo überwacht Blutwerte

US-Forscher kombinieren neuartige Sensormoleküle mit einem iPhone als Lesegerät.

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Von
  • Kenrick Vezina

US-Forscher kombinieren neuartige Sensormoleküle mit einem iPhone als Lesegerät.

Wissenschaftler an der Northeastern University im amerikanischen Boston nutzen Nanopartikel als Sensormoleküle, um Blutzucker, Natriumspiegel und andere Biomarker im Körper noninvasiv zu messen. Ausgelesen werden die fluoreszierenden Teilchen mit Hilfe eines umgebauten iPhones.

Heather Clark, Professorin am Institut für pharmazeutische Wissenschaften an der Northeastern, leitet das Forscherteam, das das System entwickelt hat. Dabei wird zunächst eine Lösung unter die Haut gespritzt, die eine spezielle Zusammensetzung an Nanopartikeln enthält. Äußerliche Spuren hinterlässt das nicht, doch die Partikel fluoreszieren, sobald sie einigen der Zielmoleküle ausgesetzt sind.

Clark hat ihre Erfindung "Nano-Tattoo" getauft. Die Technik wurde ursprünglich entwickelt, um die Blutzuckermessung bei Diabetikern zu vereinfachen und Nadeln und Teststreifen eines Tages zu beerben. Doch es stellte sich heraus, dass die Technik sich auch für zahlreiche andere Anwendungsbereiche eignet. "Unser Konzept ist, wichtige Blutwerte einfach und schmerzfrei zu messen", sagt Clark.

Jim Burns, Leiter der Medikamentenforschung beim Biotechnikkonzern Genzyme, hält die Idee für hochinteressant. "Es gibt für mich keinen Zweifel, dass sich ein solches System durchsetzen wird."

Das Nano-Tattoo, das Clarks Team entwickelt hat, enthält 120 Nanometer große Polymertröpfchen, die aus einem fluoreszierenden Farbstoff bestehen. Außerdem enthalten sind Sensormoleküle, die sich an ausgewählte Chemikalien anbinden sowie Spezialmoleküle, die Ladungen neutralisieren können.

Einmal unter der Haut, ziehen die Sensormoleküle die gewünschten Biomarker im Blut an, weil sie gegensätzlich geladen sind. Sobald der Zielstoff aufgenommen wurde, gibt das Sensormolekül Ionen ab, um eine neutrale Ladungssituation beizubehalten. Das ändert gleichzeitig die Fluoreszenz nach außen. Je mehr Zielmoleküle im Körper des Probanden sind, desto stärker ist die Reaktion. Die Fluoreszenz nimmt zu.

Das ursprüngliche Lesegerät bestand aus einer recht großen Maschine, die in einer Kiste steckte. Einer von Clarks Masterstudenten, Matt Dubach, verbesserte es nun. Ausgangspunkt ist ein ganz normales iPhone, dessen Kamera mit Hilfe einer Spezialhülle verändert wird.

Die iPhone-Hülle enthält eine 9-Volt-Batterie, einen Filter, der über die iPhone-Kamera passt und ein Array aus drei LEDs, die Licht im sichtbaren Bereich des Spektrums erzeugen. Dieses Licht sorgt dafür, dass die Tattoos fluoreszieren. Die Lichtfilter-Linse erlaubt es wiederum, nur die Fluoreszenz aufzunehmen, nicht aber das LED-Licht. Das Gerät wird zudem auf die Haut gedrückt, so dass es zu keinen Einstreuungen kommt.

Dubach und Clark wollen nun eine iPhone-App entwickeln, die den Natriumspiegel von Sportlern gleich auf dem Gerät auswertet. Momentan wird das iPhone nur zur Bildaufnahme verwendet, dieses dann aber von einem Computer analysiert. Die Forscher wollen außerdem sicherstellen, dass die Hülle sich ihren Strom vom iPhone selbst besorgt.

Clark arbeitet parallel daran, neben Zucker und Natrium auch eine Reihe anderer potenzieller Zielmoleküle zu erfassen. "Stellen Sie sich vor, sie haben eine Medikation mit einer sehr engen therapeutischen Bandbreite. Sie müssen die Dosis testen und dann sehen, was passiert." Die Nanosensoren würden Patienten erlauben, jederzeit zu überprüfen, wie hoch die Dosis im Körper genau ist. Ergebnis wäre eine genauere Dosierung.

Das Forscherteam will außerdem demnächst gelöste Gase wie Stickstoff oder Sauerstoff nachweisen. So ließen sich Atmung und Lungenfunktion testen. "Je mehr Stoffe wir tracken können, desto mehr Anwendungsmöglichkeiten gibt es auch", sagt Clark. (bsc)