"Eine Lüge ist immer komplizierter als die Wahrheit"

Wissenschaftler der University of Pennsylvania sind überzeugt, dass man mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie Lügen aufdecken und sogar Terroristen aufspüren kann.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 402 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Nach einem Bericht des Wissenschaftsmagazins Nature haben Wissenschaftler der University of Pennsylvania eine Methode entwickelt, um mit Hilfe von Hirnscans möglicherweise eines Tages Terorristen aufspüren zu können. Der von Daniel Langleben und Kollegen entwickelte Algorithmus auf Basis der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) kann mit 99 Prozent Trefferquote Lügen und wahre Aussagen unterscheiden. "Wir können nicht sagen, ob jemand eine Bombe benutzen will", erklärte Langleben. "Aber wir können verborgene Informationen finden. Und wir können fragen: Ist X an einer terroristischen Organisation beteiligt?"

Die funktionelle Magnetresonanztomographie gilt seit Jahren als Verfahren der Wahl für das Studium von kognitiven Funktionen: Die Methode misst Veränderungen im Sauerstoffgehalt des Blutes, die durch den Energiebedarf aktiver Nervenzellen hervorgerufen werden. In einem Zeitfenster von wenigen Sekunden kann fMRT neuronale Aktivitäten millimetergenau lokalisieren.

Allerdings erfasst das gemessene Signal nicht die neuronale Aktivität selbst, sondern lediglich ein physiologisches Korrelat, das vom Sauerstoffgehalt im Blut abhängt. Zwar geht man heute davon aus, dass zwischen dem so genannten BOLD-Kontrast (Blood Oxygen Level Dependent) und der neuronalen Aktivität im Allgemeinen eine proportionale Beziehung besteht -- doch genau verstanden ist der Zusammenhang immer noch nicht. Die Präzision der Methode ist außerdem beschränkt durch die zeitliche und räumliche Auflösung. Dreidimensionale Bildeinheiten ("Voxel") von einem Kubikmillimeter sind zwar heute bereits Stand der Technik, doch selbst ein derart winziges "Voxel" enthält immer noch eine Million und mehr Nervenzellen. Und die zeitliche Auflösung, begrenzt durch die eher langsame Blutfluss-Reaktion, bewegt sich im Sekundenbereich.

Dennoch hatten Langleben und Kollegen bereits vor drei Jahren in einer Arbeit (PDF-Datei) versucht nachzuweisen, dass man die Methode zu einer Art Lügendetektor-Test nutzen könne. Ihre neueste Studie soll laut Nature in der Fachzeitschrift Neuroimage erscheinen. Darin hatten sie Testpersonen in einem Hirn-Scanner zu einem Spielchen herausgefordert: Sie mussten vor dem Scan eine Karte aus einem Kartenspiel ziehen und bekamen nun im Scanner eine Reihe von Karten auf einem Monitor gezeigt, wobei sie durch Knopfdruck die Frage, ob dies ihre Karte sei, jeweils mit Ja oder Nein beantworten konnten. Gelang es den Testpersonen erfolgreich zu lügen, sollten sie jeweils 20 US-Dollar gewinnen. Die Auswertung der Hirn-Scans zeigte im Fall einer Lüge allerdings erhöhte Aktivitäten in den Frontallappen. "Eine Lüge ist immer komplizierter als die Wahrheit", kommentiert der an der Studie beteiligte Rugen Gur gegenüber Nature. "Man muss ein bisschen mehr denken -- und das kann man mit der fMRT nachweisen." (wst)

  • Zum Blick ins Gehirn siehe auch den Artikel Neuro-Spione in Technology Review (Ausgabe 10/04)