Nummernschild-Erfassung kontra informationelle Selbstbestimmung

Am hessischen Staatsgerichtshof ist eine Grundrechtsklage eingegangen, die klären soll, ob der Einsatz von automatischen Kennzeichenlesegeräten gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstößt.

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Von
  • Detlef Borchers

Am hessischen Staatsgerichtshof ist eine Grundrechtsklage eingegangen, die klären soll, ob Kennzeichenlesegeräte gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen. Der Einsatz von solchen Lesegeräten wurde mit einer Änderung des hessischen Polizeigesetzes im vergangenen Jahr möglich gemacht. Diese Geräte werden gerade angeschafft. Nach Auskunft des Pressesprechers im hessischen Innenministerium, Michael Bußer, sollen neun Geräte sowohl mobil als auch stationär eingesetzt werden. Sie sollen voraussichtlich Ende des Jahres in Betrieb gehen und an zentralen Verkehrspunkten wie dem Geschwindigkeitskontrollsystem am Elzer Berg (A3) eingesetzt werden. Die Geräte lesen alle KFZ-Kennzeichen aus und vergleichen sie mit Informationen einer Datenbank mit zur Fahndung ausgeschriebenen Kennzeichen. Das hessische Innenministerium sieht in dem System keinen Angriff auf die Privatsphäre der Bürger, da unverdächtige Kennzeichen sofort wieder gelöscht würden. Somit sei das Aufzeichnen von Bewegungsprofilen unbescholtener Bürger unmöglich.

Eine Klage vor dem Staatsgerichtshof gibt nicht nur den Anwälten, sondern auch dem hessischen Landtag, Datenschützern und der Landesregierung die Möglichkeit, sich zum Thema der informationellen Selbstbestimmung zu äußern. Die Technik der KFZ-Lesegeräte selbst wird in einer mündlichen Verhandlung demonstriert, die nach Angaben des Gerichts in einem Jahr stattfinden könnte. Die Klage vor dem Staatsgerichtshof könnte zu einem Musterfall werden, da andere Bundesländer ebenfalls ihre Polizeigesetze geändert haben, um den automatischen Kennzeichenabgleich möglich zu machen.

Die Klage zur informationellen Selbstbestimmung geht unter Umständen über die Technik der Kennzeichenauswertung hinaus. Immer wieder monieren Datenschützer, dass bei der Raumüberwachung mit Hilfe von Videokameras Daten aufgezeichnet werden, die die Privatsphäre der Abgefilmten verletzen. Am vergangenen Montag hatte die Firma Eptascape eine Überwachungskamera vorgestellt, die Videoüberwachung und Datenschutz kombinieren soll. Ihr Eptacam-System besteht aus einer Kamera, einem intelligenten MPEG-7 Kodierer und einer Datenbank. Dabei wandelt die Software die Videoaufnahme vor der Speicherung in einen MPEG-7-Stream um und anonymisiert dabei zugleich alle erkannten Gesichtspartien. Sollte sich bei der dann datenschutzrechtlich unbedenklichen Sichtung des Materials herausstellen, dass eine Straftat von den Überwachungskameras aufgezeichnet wurde, können die gesondert in einer Datenbank verschlüsselt gespeicherten Gesichtspartien von den Strafverfolgern entschlüsselt werden. (Detlef Borchers) / (pmz)