Dienstbare Geister

Roboter verheißen, uns lästige, schwere und gefährliche Arbeiten abzunehmen. Doch nur wenige Modelle haben bisher den Sprung aus dem Labor in den Haushalt geschafft.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Nimm Platz und lass die Maschine die ganze Arbeit erledigen.“ Wenn Wallace so etwas sagt, gilt die höchste Alarmstufe. Denn die Maschinen, die der schrullige Erfinder in der britischen Animationsserie „Wallace & Gromit“ zusammenschraubt, haben ihre Tücken. Da schleudert der Frühstücksroboter die frisch gebratenen Spiegeleier Wallace mitten ins Gesicht und ein wild gewordener Staubsauger muss vom Hund Gromit mit dem Lasso eingefangen werden. Die Wohnung ist danach natürlich schmutziger als vorher.

In der Realität verläuft der Umgang mit Robotern im Haushalt zwar zumeist weniger dramatisch. Von der Einlösung des Versprechens, den Menschen lästige Arbeiten abzunehmen und das Leben angenehmer zu machen, sind die realen Roboter aber ähnlich weit entfernt wie die im Trickfilm. Die vielseitigen Helfer, die unermüdlich die Wäsche waschen und ordnen, Staub wischen, Fenster putzen, Einkäufe erledigen, ihrem Nutzer eine Tasse Tee servieren und dabei mit ihm übers Wetter plaudern – die werden wohl noch ein paar Jahrzehnte auf sich warten lassen.

Der Roboter Cosero von der Uni Bonn füllt bei den RoboCup German Open Milch in eine Müslischale. Den Schraubverschluss der Flasche hat er vorher geöffnet.

Wenn sie denn überhaupt jemals kommen. Unter Robotikexperten ist es eine offene und kontrovers diskutierte Frage, wie die Haushaltsroboter der Zukunft aussehen werden. Francesco Mondada von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne brachte es kürzlich bei einer Podiumsdiskussion auf den Punkt: „Warum sollte ein Roboterbutler mein Auto einparken, wenn das Auto das selber erledigen kann?“, fragte er. Sein Diskussionspartner Bruno Maisonnier, Chef der Firma Aldebaran Robotics, zeigte sich dagegen überzeugt, dass humanoide Roboter, die Mülltonnen leeren und Einkaufstaschen tragen, schon in zehn Jahren ein vertrauter Anblick im Straßenbild sein werden, ganz ähnlich wie im Film „I, Robot“. Aldebaran will bis Ende des Jahres den 1,4 Meter großen Roboter Romeo vorstellen, der hilfsbedürftige Menschen im Alltag unterstützen soll.

Roboter mit menschenähnlicher Gestalt haben zwar den Vorteil, dass sie am besten an die menschliche Umgebung angepasst sind und ihr Körperbau ihnen zumindest theoretisch eine ähnliche Flexibilität erlaubt wie einem Menschen. Doch ihre Entwicklung ist aufwendig, kompliziert und teuer. Bis sie alle Vorteile ihres Designs wirklich ausspielen können und zu einem erschwinglichen Preis erhältlich sind, könnte längst eine Armee einfacher gestalteter, auf bestimmte Aufgaben spezialisierter Roboter die Haushalte erobert haben.

Zwei Windoro-Fensterputzer halten sich gegenseitig an einer Scheibe fest.

Die Vorhut kommt als Putzkolonne. Mehr als sechs Millionen Exemplare des Staubsaugerroboters „Roomba“ seien weltweit bereits verkauft worden, sagt Colin Angle, Mitbegründer und Präsident der Herstellerfirma iRobot. Damit dürfte das der kommerziell erfolgreichste Roboter für den Einsatz im Haushalt sein. Das Geheimnis dieses Erfolges liegt im Preis: Roomba war im Jahr 2002 der erste autonome Staubsauger, der mit rund 200 US-Dollar ähnlich viel kostete wie ein konventioneller Sauger der höheren Preisklasse.

Hinsichtlich der Saugleistung können Roomba und seine mittlerweile recht zahlreichen Konkurrenten allerdings nicht mit manuell betriebenen Staubsaugern mithalten. Den Mangel an Kraft versuchen sie durch Ausdauer wettzumachen: Statt nur gelegentlich den angesammelten Schmutz mit großer Saugkraft zu entfernen, sollen die Saugroboter häufiger oder sogar ständig im Einsatz sein und verhindern, dass überhaupt erst größere Verschmutzungen auftreten.

Für die Wohnung viel zu klobig, aber als Forschungsplattform ein großer Erfolg: der PR2 von Willow Garage

Ein ständig herumkurvender, lärmender und gegen Wände fahrender Roboter ist allerdings nur mit einem gewissen Maß an Toleranztraining zu ertragen. Wie hoch der Nervfaktor sein kann, zeigt der Artikel ab Seite 132. Etwas leichter haben es Wischroboter für glatte Böden, da der Energiebedarf für das Gebläse wegfällt. Doch auch diese Putzautomaten sollen die zu reinigende Fläche in einem vertretbaren Zeitrahmen abfahren und müssen sich dabei ähnlichen Problemen wie die Sauger stellen.

Der Wischroboter für die Vertikale widmet sich statt der Böden den Fenstern im Haus. Im vergangenen Jahr präsentierte der koreanische Hersteller Illshim auf der IFA in Berlin seinen Roboter „Windoro“. Windoro hält sich mit Hilfe von Magneten an der Scheibe: Zwei baugleiche Roboter werden einander gegenüber auf beiden Seiten des Fensters angebracht und pressen sich durch die magnetische Kraft gegenseitig an das Glas. Nach dem Start des Systems bewegen sich die Roboter zunächst nach oben, bis sie an den Fensterrahmen stoßen. Dann bewegen sie sich hin und her, sodass sie auf einem sich überlappenden Zickzackkurs langsam nach unten wandern.

Der am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart entwickelte Fensterputzer „Quirl“ integriert Halte- und Bewegungssystem in Gestalt zweier unabhängig voneinander rotierender Vakuumkammern, die es erlauben, den Roboter zu rotieren und in jede beliebige Richtung über die Glasscheibe gleiten zu lassen. Zusätzlich soll auch noch ein Reinigungssystem integriert werden. Derzeit seien die Fraunhofer-Forscher dabei, die existierenden Prototypen zusammen mit Industriepartnern in Produkte umzusetzen, sagt IPA-Mitarbeiter Ulrich Reiser. Er sieht in den Fensterputzrobotern die Kategorie von Haushaltsrobotern, die es als nächstes zur Produktreife schaffen wird.

Für automatische Fensterputzer in Privathaushalten gelten jedoch rigide Beschränkungen bei Größe, Gewicht und Preis: Marktstudien zufolge dürfen sie nicht mehr als ein Kilo wiegen, müssen kleiner als ein DIN-A5-Blatt sein und nicht mehr als 250 Euro kosten. Bestehende Lösungen, die für die Reinigung von Solarmodulen oder große Glasfassaden entwickelt wurden, lassen sich daher nicht ohne Weiteres auf kleine Fensterflächen übertragen. Und wie alltagstauglich das manuelle Umsetzen der Roboter von Fenster zu Fenster sein wird, muss sich auch erst zeigen.

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 18/2011.

Mehr Infos

Haushaltsroboter

Artikel zum Thema "Haushaltsroboter" finden Sie in c't 18/2011:

  • Einsatztauglichkeit von Robotern im Haushalt: Dienstbare Geister - Seite 128
  • 24 autonome Staubsauger im Test: Saubermänner - Seite 132

(dab)