Europarat bereitet Erklärung zu Menschenrechten im Cyberspace vor

Die Erosion der Privatheit und Tendenzen zur Zensur im Internet gehören laut EU-Experten zu den größten Bedrohungen der Menschenrechte im Cyberspace.

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Von
  • Monika Ermert

Die Erosion der Privatheit und Tendenzen zur Zensur im Internet gehören zu den größten Bedrohungen der Menschenrechte im Cyberspace. So zumindest sehen es Experten einer Arbeitsgruppe des Europarats mit dem länglichen Titel "Multidisciplinary Ad-Hoc Committee of Experts on the Information Society" CAHSI). Die CAHSI-Gruppe bereitet eine "Politische Erklärung über die Einhaltung der Menschenrechte in der Informationsgesellschaft" vor, die im Mai vom Ministerrat verabschiedet werden soll. Einen ersten Entwurf dazu diskutierten die Experten am Donnerstag und Freitag in Straßburg.

Laut CAHSI-Projektleiter Michael Rennert werden in der geplanten Erklärung die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Rechte auf die negativen und positiven Einflüsse abgeklopft, die sie in einer durch die Informationstechnologie veränderten Welt erfahren. Positive Effekte stellen die vom Europarat zusammenggerufenen Experten etwa dort fest, wo das Netz neue Mitbestimmungsmöglichkeiten eröffnet.

An erster Stelle unter den negativen Auswirkungen sind erwartungsgemäß Dinge wie die leichtere Verbreitung von Kinderpornographie aufgelistet. Es gehe, erläuterte Rennert, allerdings auch darum, darauf zu achten, dass Gesetze in der Online-Welt nicht restriktiver ausgelegt werden als in der Offline-Welt. Der leichtere Zugriff dürfe nicht gegen die Netzwelt verwandt werden. "Da liegt eine Versuchung," sagte Rennert.

Die belgische Rechtswissenschaftlerin Isabelle Rorive fordert zur Sicherung der Informationsfreiheit, private Zensur durch Klarstellungen der abgestuften Verantwortlichkeit von Providern zu bekämpfen: "Zugangs- und Hosting-Anbieter dürfen nicht über Inhalte richten." Wenn Unternehmen wie Yahoo oder Google Dinge im vorauseilenden Gehorsam ausfilterten, werde die Informationsfreiheit deutlich eingeschränkt. Eine andere Gefahr für die Meinungsfreiheit, der es zu begegnen gelte, sieht Rovire im zunehmenden Versuch von Mitgliedsstaaten, das "Internet zu renationalisieren, also nationale Grenzen im Cyberspace einzuziehen."

Die geplante Erklärung dürfte dennoch da an Grenzen stoßen, wo der Europarat doch wieder die Staatsräson in den Vordergrund stellt. Bisher zumindest verweisen die CAHSI-Experten klar auf die Einschränkung der Privatsphäre durch "den Einsatz von zunehmend invasiven Überwachungs- und Abhörtechniken und von Technologie zur Erstellung von Profilen und zur biometrischen Identifizierung". Gefahr drohe "durch die Entwicklung von Kommunikationstechnologien mit integrierten Abhörmöglichkeiten, durch die Sammlung und den Missbrauch genetischer Daten, durch wachsende Verletzung der Privatheit am Arbeitsplatz und die Abschwächung von Datenschutzgesetzen".

An diesen Gefahren habe der auf Terroristenjagd ausgerichtete Staat klar seinen Anteil, wie niederländische Dozentin für Informationstechnologien Marga Groothuis in ihrem CAHSI-Hintergrundpapier unter dem Verweis auf das Sammeln von Internet-Verkehrsdaten und Videoüberwachung betont. "Widersprüche zu anderen Erklärungen des Europarates wird es aber sicher nicht geben", versicherte Rennert. Damit dürfte er insbesondere auf mögliche inhaltliche Konflikte mit der Cybercrime-Konvention anspielen. (Monika Ermert) (hob)