Klimakrieg

US-Wissenschaftler haben jetzt festgestellt, dass Bürgerkriege und gesellschaftliche Konflikte auch von natürlichen Klimaschwankungen beeinflusst werden. Interessant, dass das offenbar kaum jemanden interessiert.

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Atomkatastrophe in Japan, Arabischer Frühling, Eurokrise, Bürgerkrieg in Libyen, Rücktritt von Steve Jobs - erinnert sich noch jemand an den Klimawandel?

Man kann gar nicht so schnell mitlesen, wie die Katastrophen sich entwickeln. Zum Glück gibt es einfache optische Hinweise, die dem von der Informationsüberflutung bedrohten Online-Leser die Orientierung ein kleines bisschen erleichtern: Je dramatischer die Entwicklung, desto größer die Aufmacherbilder - der Trend zum gnadenlosen Internet-Liveticker scheint schon dagegen schon fast wieder vorbei zu sein, bevor er richtig zur Plage werden konnte.

Aber ich schweife ab. Der Klimawandel, der dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) immerhin 2007 noch zum Friedensnobelpreis verholfen hat, ist mittlerweile weitgehend aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden. Dabei galt vielen damals die Erkenntnis schon als gesichert, dass die weltweite Erwärmung nicht nur ökonomische Schäden, sondern auch Klimakriege zur Folge haben wird.

Bisher gab es für diese These allerdings keine harten, wissenschaftlichen Belege. Umso interessanter sind daher die Ergebnisse, die Solomon Hsiang, ein Ökonom, der zur Zeit in Princeton arbeitet, jetzt in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht hat: Hsiang und seine Kollegen haben sich angesehen, ob es von 1950 bis 2004 einen statistischen Zusammenhang zwischen dem Auftreten des so genannten El Niño-Phämomens - eine alle drei bis sieben Jahre auftretende warme Strömung vor Südamerika, die zum Ausbleiben von Fischschwärmen führt - und gewaltsamen Unruhen in tropischen Regionen gibt. Nach der Analyse verdoppelt sich die Wahrscheinlichkeit, dass in diesen Ländern ein Bürgerkrieg ausbricht, wenn El Niño auftritt.

Verdoppelt. Für Leute, die es gewohnt sind, Messwerte im Rauschen zu suchen, wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen ist das eine ganze Menge. Im medialen Trubel dieser Tage ist das Paper allerdings weitgehend untergegangen. Das „starke Signal“, das die Wissenschaftler gefunden haben, scheint sie selbst allerdings ein wenig erschreckt zu haben. Jedenfalls beeilten sie sich zu betonen, dass aus diesen Ergebnissen natürlich kein linearer Zusammenhang zwischen Klimawandel und Konflikten konstruiert werden könne: Inwieweit auch andere Klimaveränderungen und vor allem der Klimawandel heute gesellschaftliche Konflikte beeinflussen, müsse noch weiter erforscht werden. Ich bin gespannt, wie die Diskussion weitergeht. (wst)