Zwei Programmierstellen für den "Bundestrojaner"

Nach Angaben der Bundesregierung soll die Entwicklung eines Spyware-Programms, das Online-Durchsuchungen von PCs durch Strafverfolger oder Geheimdienste ermöglicht, nicht mehr als 200.000 Euro kosten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2011 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Detlef Borchers
In ihrer Antwort (PDF) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zur Rechtmäßigkeit von Online-Untersuchungen hat die Bundesregierung erstmals Details zum geplanten "Bundestrojaner" veröffentlicht. Als "Bundestrojaner" wird inoffiziell der Teil eines Programmes bezeichnet, der Spyware-Code auf einen PC einschleust, damit eine Online-Durchsuchung durch die Strafverfolgungsbehörden oder Geheimdienste möglich ist.
Nach Auskunft der Bundesregierung sind für die Programmierung der Software zwei Programmierstellen notwendig, die teils aus laufenden Mitteln, teils von Mitteln aus dem Programm zur Stärkung der Inneren Sicherheit bezahlt werden. Insgesamt soll das Tool zur Online-Durchsuchung nicht mehr als 200.000 Euro kosten.
Zur Frage der Rechtmäßigkeit einer solchen Rechnerdurchsuchung verweist die Bundesregierung auf die Auseinandersetzung, die derzeit am Bundesgerichtshof (BGH) geführt wird. Anfang Dezember hatte ein Ermittlungsrichter am BGH Online-Durchsuchungen verboten. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils hatte die Generalbundesanwältin Harms Beschwerde gegen das Urteil eingelegt. Über diese Beschwerde ist noch nicht verhandelt worden. Sollte der Beschwerde nicht stattgegeben werden, "wird zu prüfen sein, ob ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf für eine spezielle Ermittlungsbefugnis der Strafverfolgungsbehörden besteht", lautet die Auskunft der Bundesregierung.
Insgesamt lässt die Antwort der Bundesregierung keinen Zweifel daran, dass die Online-Durchsuchung ein unverzichtbares Instrument der Strafverfolger und Verfassungsschützer sein wird. Als Vorteil gegenüber einer "offenen Durchsuchung" eines Rechners vor Ort wird die Tatsache genannt, dass die Beschuldigten keine Kenntnis von den gegen sie geführten Ermittlungen haben und damit nicht die "Aufdeckung von Täterstrukturen" erschweren oder gar vereiteln können. "Während eine 'offene' Durchsuchung regelmäßig eher am Ende eines Ermittlungsverfahrens steht, kann die Online-Durchsuchung in einem Stadium, in dem das Ermittlungsverfahren dem Beschuldigten noch nicht bekannt ist, dazu dienen, Ermittlungsansätze auch im Hinblick auf weitere Tatbeteiligte oder Tatplanungen zu gewinnen." Eine Online-Durchsuchung kommt somit selten allein.
In der Antwort der Bundesregierung heißt es auch, dass bislang in Deutschland keine Online-Durchsuchung durchgeführt wurde, weil das einzige bekannte, von einem Bonner Ermittlungsrichter angeordnete Verfahren nach Einspruch des BGH-Untersuchungsrichters gestoppt wurde. "Verfahren, in denen Online-Durchsuchungen für Zwecke der Gefahrenabwehr durchgeführt wurden, sind der Bundesregierung nicht bekannt."
  • Zur Überwachung von Internet-Nutzern und der Datensammelei im Web siehe auch den Schwerpunkt "Deine Spuren im Netz" in der aktuellen Ausgabe von c't: