Libysche Internetüberwachung mit ausländischer Hilfe

Das Gaddafi-Regime war bei der Überwachung des Datenverkehrs in Libyen offenbar nicht auf sich allein gestellt. Westliche Unternehmen lieferten aktuelle technische Infrastruktur.

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Von
  • Johannes Haupt

Der alte libysche Geheimdienst bekam bei der Zugangsregulierung und Überwachung des Internet offenbar Unterstützung von verschiedenen westlichen Unternehmen. Reporter des Wall Street Journal (WSJ) fanden in einem von den Rebellen eingenommenen Bürogebäude in Tripolis zahlreiche Belege für solche internationale Kooperationen. Vor allem Amesys, ein Tochterunternehmen des französischen Computerherstellers Bull, soll mit gelieferter Infrastruktur das Gaddafi-Regime maßgeblich die Überwachung und Internierung von Oppositionellen unterstützt haben.

Amesys bietet (PDF-Datei) ein Überwachungssystem, welches nach Unternehmensangaben Datenverkehr über alle gängigen Mailprotokolle, Webmail-Anbieter wie Hotmail und Gmail und Chatanbieter wie AIM und MSN mitverfolgen und anhand beliebiger Schlüsselwörter filtern kann. Die WSJ-Reporter entdeckten im Büro des Geheimdienstes Poster und Handbücher von Amesys, die Zusammenarbeit soll laut mit dem Sachverhalt vertrauten Personen bereits seit 2009 bestanden haben. Ein Bull-Sprecher wollte den Sachverhalt nicht kommentieren.

Auch der chinesische Telekommunikationsausrüster ZTE und Narus, eine Tochter des amerikanischen Boeing-Konzerns, sollen Überwachungstechnologie nach Libyen geliefert haben. Damit soll eine massive Überwachungs- und Zensurstruktur im dem Land aufgebaut worden sein, in dem sich lediglich 100.000 Internetanschlüsse auf sechs Millionen Einwohner verteilen. Allerdings wollte sich das Regime offenbar nicht auf die Technologie überlassen: Kurz nach Beginn des Aufstandes gegen Gaddafi im Frühjahr 2011 wurde das libysche Internet weitgehend abgeschaltet. Erst seit wenigen Tagen nimmt der Internetverkehr im nordafrikanischen Land wieder an Fahrt auf. (jh)