Urheberrechtsgipfel diskutiert Künstlerentlohnung in der digitalen Welt

Auf dem ersten Urheberrechtsgipfel der CISAC, der Dachgesellschaft von Verwertungsgesellschaften, gab es viel Zustimmung für das Modell der Kulturflatrate.

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Von
  • Monika Ermert

Forderungen nach einer finanziellen Beteiligung der Content-Industrie an den Einnahmen von Breitbandanbietern hat der BT-Chef Ben Verwaayen heute in Brüssel klar zurückgewiesen. Beim ersten internationalen Urheberrechtsgipfel der CISAC, der Dachgesellschaft von Verwertungsgesellschaften aus aller Welt, in Brüssel, sagte Verwaayen auf die Frage nach einem Anteil für die Rechteinhaber: "Das ist Unsinn. Unsere Kunden bezahlen uns für den Service, den wir bieten." Die Forderung an die Carrier sei eine inakzeptable Delegierung der Verantwortung für die Künstler.

Verwaayen prophezeite den zahlreich vertretenen Verwertungsgesellschaften und Künstlern, sie würden Zeugen vom Ende ihres altgewohnten Geschäftsmodells. Selbstmitleid sei nicht angebracht, da andere Wirtschaftsbereiche ähnliche Umbrüche durchmachten. Künstler sollten die Möglichkeit nutzen, von neuen Geschäftsmodellen zu profitieren. Das sei erfolgversprechender als über den Diebstahl von Musik oder Klingeltönen zu lamentieren. Andererseits könnte es die Situation des Künstlers komplett umkrempeln, wenn er sich der Geschäftsmodelle bediente. Mit Blick auf eine Kulturflat sagte Verwaayen, er glaube nicht, dass es ein einzelnes Modell geben werde, die Kulturflat könne vielleicht eines unter vielen sein.

Für eine Kulturflatrate gab es viel Zustimmung beim exzellent besuchten und von Musikgrößen wie Charles Aznavour geadelten Gipfel. André LeBel, Chef de la Direction bei der kanadischen Verwertungsgesellschaft SOCAN, sagte, die Abgeltung durch ein kollektives Rechtesystem sei in den vergangenen hundert Jahren erfolgreich gewesen. Er halte daher eine Generallizenz für die beste Möglichkeit, den Nutzern den breitesten Zugang zum Weltrepertoire zu erlauben. "Wo wir uns verändern müssen, ist, dass wir heute mit großen und kleinen Kunden zu tun haben. Wir müssen alle als Partner betrachten und nicht als Gegner." Die Musikindustrie solle sich ein Beispiel an anderen Verwertungsgesellschaften für andere Bereiche, etwa die schreibende Zunft, nehmen, sagte der Anwalt und Musikmarktexperte Steve Gordon. Letztere erteilten Lizenzen zu fairen Bedingungen. "Die Musikindustrie will dagegen immer erst viel Geld sehen."

Man müsse rasch ein Modell finden, nach dem auch der Kreative, der auf seinem Mobilfunktelefon in Brasilien etwas produziert, den Wert seiner Erzeugnisse ausschöpfen könne, forderte Mark Selby, Vizepräsident für den Bereich Multimedia bei Nokia. Selby kritisierte die langwierige Debatte um den Schutz der Urheberrechte im Mobilfunkbereich. "Wir haben jahrelang mit den Rechteinhabern daran gearbeitet und es hat uns ein Vermögen gekostet." Ein bisschen komme es ihm vor, als werde über die Farbe eines Schlosses an dem Stall diskutiert, dessen Pferde schon vor Monaten das Weite gesucht haben. Selby forderte eine rasche Lösung durch ein "nachhaltiges Geschäftsmodell".

Es gehe nicht darum, Hardware so zu gestalten, dass ein Verstoß gegen das Urheberrecht nicht möglich sei, meinte Selby. Vielmehr sei es wichtig, ein Bewusstsein für die Unrechtmäßigkeit zu schaffen. Die Bevölkerung schlage auch keine Fensterscheiben mit Flaschen ein. Das unterlasse sie nicht, weil die Flaschen "sicher" gemacht würden, sondern weil es von der Gesellschaft nicht akzeptiert werde. Eine Generallizenz sei möglicherweise eine nette kurzfristige Finanzspritze, aber nicht nachhaltig. Man adressiere damit nicht das zentrale Problem. (Monika Ermert) / (anw)