Urteil: Anrufe zu Marktforschungszwecken sind ohne Einwilligung zulässig

Da eine repräsentative Forschung nur durch Telefonanrufe möglich sei, dürfen nach Ansicht des Amtsgerichts Frankfurt/M. Marktforschungsunternehmen Bürger auch ohne deren vorherige Einwilligung zu Hause anrufen. In Hamburg sieht die Rechtslage anders aus.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 317 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Da eine repräsentative Forschung nur durch Telefonanrufe möglich sei, dürfen Marktforschungsunternehmen Bürger auch ohne deren vorherige Einwilligung zu Hause anrufen. Dies hat jüngst das Amtsgericht Frankfurt am Main entschieden (Az. 32 C 1115/06-22). Anschlussinhaber würden bei solchen Erstanrufen nur gering belästigt. Die Erhebung von Telefonnummern zur anschließenden Kontaktaufnahme ist auch ohne vorherige Einwilligung nach Paragraph 28 Absatz 1 Nr. 2 des Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zulässig. Nach dieser Erlaubnisnorm dürfen personenbezogene Daten wie etwa Telefonnummern erhoben werden, wenn das Unternehmen daran ein berechtigtes Interesse vorweisen kann und die Belange des Betroffenen nicht überwiegen.

Für einen repräsentativen Querschnitt der gesamten Bevölkerung reiche es beispielsweise nicht aus, Passanten in Fußgängerzonen zu befragen oder Briefe zu verschicken, ob sie mit entsprechenden Anrufen einverstanden sind. Zudem könne durch den zersplitterten Telekommunikationsmarkt mit unterschiedlichen Anbietern und Mobilfunknetzen nicht mehr allein anhand des Telefonbuches repräsentativ ausgewählt werden. Für den Anschlussinhaber bestehe keine Gefahr, dass er am Telefon zu einem Vertragsabschluss genötigt werde. Das sich anbahnende Gespräch könne er durch einfaches Auflegen des Hörers beenden.

Das Amtsgericht stellte ferner klar, dass die Umfrage-Unternehmen jene Rufnummern in so genannten Sperrdateien speichern dürfen, von denen bekannt sei, dass deren Inhaber keine Anrufe zu Zwecken der Marktforschung wünschen. Dies folge aus Paragraph 35 Absatz 3 Nr. 2 BDSG, der statt einer Löschung von personenbezogenen Daten eine Sperrung zulässt, wenn dies im Interesse des Speichernden liegt. Laut Urteilsbegründung könne nur mittels einer Speicherung sichergestellt werden, dass die dort gesammelten Rufnummern zukünftig nicht mehr angewählt würden.

In Hamburg sieht die Rechtslage bei der Zulässigkeit von Erstanrufen ohne Einwilligung mittlerweile anders aus. Das Landgericht Hamburg hob eine Entscheidung des Amtsgerichts vom Oktober 2005 auf, nach der derartige Anrufe von Marktforschungsunternehmen mit dem Argument der fehlenden Werbeabsicht noch zulässig waren. Nach Aussage des Landgerichts seien Anrufe zu Zwecken der Marktforschung unzulässige Werbung, wenn "sie von Marktforschungsunternehmen im Auftrag anderer Unternehmen durchgeführt werden und mittelbar der Absatzförderung dienen". Dies gelte insbesondere, "wenn Verbrauchergewohnheiten im Zusammenhang mit Produkten und Dienstleistungen des Auftraggebers erfragt werden". (Noogie C. Kaufmann) / (anw)