EU-Parlament kann sich nicht auf Überprüfung der Anti-Terrorpolitik einigen

Das Parlament konnte keinen Konsens darüber erzielen, den Anti-Terrorkampf der vergangenen zehn Jahre zu evaluieren.

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Von
  • Monika Ermert

Das Europäische Parlament hat sich am heutigen Dienstag nicht darauf einigen können, seine Anti-Terrorpolitik grundsätzlich zu evaluieren. Ein zu diesem Thema vorgelegter Initiativbericht der Liberalen Sophie in 't Veld wurde gegen die Stimmen der Konservativen in die Ausschüsse zurückverwiesen. Liberale und Grüne hatten befürchtet, in einer Kampfabstimmung zu große Zugeständnisse machen zu müssen. In 't Veld will sich nun erneut um einen Konsens des Parlaments für die Evaluierung der vergangenen Dekade bemühen.

In dem Bericht verlangt die Liberale von der Kommission, alle Anti-Terrormaßnahmen der Gemeinschaft zu "kartieren". Die Mitgliedsländer sollen melden, was sie gemacht haben, sei es als Umsetzung von EU-Recht oder in rein nationaler Gesetzgebung. Alle Ausgaben sollen aufgestellt werden, von direkten Kosten der Gemeinschaft über Personalausgaben für die beteiligten Agenturen Europol und Eurojust bis hin zu den Kosten für IT-Systeme und Forschungsprojekte. Der fraktionslose österreichische Abgeordnete Martin Ehrenhauser verwies in der Debatte am Montagabend darauf, dass im siebten EU-Forschungsrahmenprogramm 1,4 Milliarden Euro für das Thema Sicherheit bereitgestellt würden, von 120 Projekten jedoch nur zwei den Datenschutz oder rechtliche Fragen beträfen.

In 't Veld zeigte sich über den Widerstand der konservativen Fraktion des Parlaments und vieler spanischer Abgeordneter enttäuscht. Die Kosten der Politik zu überprüfen, gehöre sich für eine Demokratie, wenn sie glaubwürdig bleiben wolle. Der grüne Abgeordnete Jan-Philipp Albrecht sagte, gerade wer wolle, dass Terroristen verfolgt und Terroranschläge wirksam verhindert würden, könne auf die Überprüfung nicht verzichten.

Insbesondere in 't Velds "Kostenfrage" wurde in der Debatte von einigen Abgeordneten scharf kritisiert. Der spanische konservative Abgeordnete Agustín Diaz de Mera sagte: "Was ist ein Menschenleben wert? Was sind 3000 Menschenleben wert?" Nach Ansicht von Albrecht wollen die spanischen Abgeordneten vor der bevorstehenden Wahlen in ihrem Heimatland Stärke im Anti-Terrorkampf demonstrieren. Spanien hatte nach dem Anschlag in Madrid 2004 die größte Anzahl von Terroropfern in der EU-Anschlagsserie zu beklagen.

Gegen den von in 't Veld in den Bericht aufgenommenen Verhältnismäßigkeitstest hat sich hingegen kein Abgeordneter offen ausgesprochen. Dabei sollen rückwirkend alle Maßnahmen noch einmal überprüft und auch Maßnahmen von Drittländern erfasst werden, die in die EU hinein wirken. Auch die Rolle, die die EU und ihre Mitgliedsländer bei Verhören in geheimen CIA-Gefängnissen gespielt haben, soll auf den Prüfstand.

In dem Bericht werden auch einige Neujustierungen gefordert, um den Grundrechtsschutz zu verbessern. Die Kommission wird dazu aufgerufen, den Anti-Terror-Ratsbeschlusses von 2002 zu verändern. Unter anderem müssten terroristische Straftaten neu definiert werden. Schließlich verlangte in 't Veld auch mehr Transparenz im Anti-Terrorkampf. Der Anti-Terrorismus-Koordinator der EU soll dem Parlament beispielsweise über die Zusammenarbeit zwischen den europäischen und ausländischen Geheimdiensten berichten. (anw)