Bankenaufsicht und BKA gegen anonyme Online-Zahlungen

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und das Bundeskriminalamt sehen angesichts eines Höchststands der Verdachtsfälle auf Geldwäsche Bezahlmöglichkeiten mit E-Geld äußerst skeptisch.

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Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und das Bundeskriminalamt (BKA) sehen angesichts eines Höchststands der Verdachtsfälle auf Geldwäsche im vergangenen Jahr, die Bezahlung mit Prepaid-Karten oder Geldgutscheinen im Internet, äußerst skeptisch. Die Spur der Auftraggeber verliere sich, wenn das Zahlungsmittel weg vom Konto auf "E-Geld" übergehe, beklagte Michael Sell, Mitglied der BaFin-Geschäftsführung, am Freitag in Wiesbaden. Jene, die an einem solchen Transaktionsprozess beteiligt sind, müssten sich identifizieren. Sonst könne Geld gewaschen und Terrorismus finanziert werden.

Laut dem jetzt veröffentlichten Jahresbericht der Finanzaufklärungseinheit des BKA wurden dort im vergangenen Jahr über 14.000 Vorgänge nach den Vorschriften des Geldwäschegesetzes (GWG) und der Abgabenordnung gemeldet. Allein die Zahl der Verdachtsanzeigen stieg demnach 2010 um 22 Prozent auf 11.042 an. Für BKA-Präsident Jörg Ziercke stellte das einen "absoluten Höchststand" seit Inkrafttreten des GWG im Jahr 1993 dar. Mehr als jede vierte Meldung hänge mit sogenannten Finanzagenten zusammen. Diese würden häufig angeworben, um ihr Privatkonto für geldwäscherelevante Transaktionen bereitzustellen. Für Ziercke maßgeblich ist der "signifikante Anstieg der Phishing-Fälle beim Online-Banking". Deren Zahl habe sich 2010 um 82 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 5331 in diesem Jahr erhöht.

Dem Bericht zufolge wurden im vergangenen Jahr 94 Verdachtsfälle angezeigt, bei denen ein internetbasiertes Zahlungssystem genutzt worden ist. 2009 sei diese Zahl mit 63 Anzeigen noch geringer gewesen. Ziercke sieht damit "die von uns prognostizierte zunehmende Nutzung elektronischer Zahlungsmöglichkeiten" für kriminelle Zwecke bestätigt. Das Phänomen werde "intensiv beobachtet", weil hier weitere Steigerungen zu erwarten seien.

Der Verdacht einer Straftat ließ sich 2010 bei 44 Prozent der Geldwäscheverdachtsanzeigen erhärten. Betrugsfälle als "Vortaten zur Geldwäsche" nahmen davon mit 33 Prozent den größten Anteil ein. Im Bereich der Organisierten Kriminalität wurden knapp 5 Prozent der Verfahren durch Geldwäscheverdachtsanzeigen ausgelöst. In 124 Verdachtsanzeigen waren Hinweise auf mögliche "Terrorismusfinanzierung" enthalten; 2009 waren es noch knapp unter hundert. Neun Verdachtsanzeigen führten zu Ermittlungsverfahren bei politisch motivierter Kriminalität.

Der Bundestag will bald über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Geldwäscheprävention beraten. Er sieht vor, dass sich der Verbraucher künftig beim Kauf von Zahlkarten oder ähnlichen Produkten immer ausweisen muss. Das "Prepaidforum Deutschland", zu dem sich Zahlungsdienstleister zusammengeschlossen haben, läuft dagegen Sturm. Es warnt vor unnötigen weiteren Regulierungen der Branche und hält ein Äquivalent zum Bargeld auch im elektronischen Bereich für unbedingt nötig.

Datenschützer und Bürgerrechtlern kritisieren ebenfalls das Vorhaben. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warb für "einen risikoorientierten Ansatz". Der sei nicht durch eine "flächendeckende und systematische Überwachung sämtlicher Zahlungsgeschäfte" möglich, die auch unverhältnismäßig und verfassungsrechtlich bedenklich sei. Der aktuelle BKA-Bericht belege, dass viele Verdachtsanzeige mittlere oder einfache Kriminalität beträfen. Laut dem Ansatz der Bundesregierung würden "weitaus mehr personenbezogene Daten unbescholtener Bürger ausgeleuchtet werden". Letztlich seien dann auch Bargeldzahlungen registrierungspflichtig zu machen.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung warnte die Abgeordneten ebenfalls davor, den Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form zu verabschieden. Das geplante Verbot des "Bargelds des Internet" würde nach Ansicht der AK Vorrat "Datenklau, Identitätsdiebstahl und Betrug mit Kreditkarten- und Bankdaten" begünstigen und den 50 Millionen deutschen Internetnutzern "das beste Mittel zum Selbstschutz vor Online-Kriminalität" aus der Hand schlagen. Der netzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, erklärte, die Internetwirtschaft würde unverhältnismäßig überwacht, der Wachstumsmarkt anonymer Zahlungsmodelle gefährdet. Wenn selbst Downloads zu Kleinstbeträgen nur noch mit Kreditkarte möglich seien, vervielfältigten sich die Risiken des Datenmissbrauchs. (anw)