Opfer-Anwälte kritisieren Justiz in Telekom-Spitzelaffäre

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) und die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) warfen in ihrem Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft und dem Gericht große Versäumnisse vor.

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  • dpa

Die Opferanwälte in der Telekom-Bespitzelungsaffäre haben eine unzureichende Aufklärung durch die Justiz kritisiert. Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) und die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) warfen in ihrem Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft und dem Gericht große Versäumnisse vor. Die Verletzung der Persönlichkeitsrechte sei weder vollständig aufgeklärt noch "strafrechtlich angemessen gewürdigt" worden, erklärten sie am Mittwoch in Bonn. Als Lehre aus dem Telekom-Fall forderten sie zugleich einen besseren rechtlichen Schutz für die Grund- und Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern in Betrieben.

Die Telekom hatte zwei Jahre lang (2005/06) Journalisten und Aufsichtsratsmitglieder illegal ausspioniert. Die Schuld daran wurde vor Gericht allein einem Ex-Abteilungsleiter für Konzernsicherheit angelastet. Das Landgericht Bonn verurteilte Klaus T. im November 2010 (in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil) zu dreieinhalb Jahren Haft.

Auch nach dem Gerichtsverfahren blieben "viele Fragen über Ausmaß und Einzelheiten der Bespitzelungen offen", kritisierten Baum und Däubler-Gmelin. Es sei auch ein Unding, dass die Opfer von der Justiz selbst nicht gehört worden seien. Die Verantwortlichkeit für die Anordnung der Aktionen sei ebenfalls "nicht ausreichend geklärt".

Die beiden Ex-Minister bekräftigten, es sei unwahrscheinlich, dass Klaus T. ohne Zustimmung oder Wissen der Konzernspitze allein gehandelt habe. Deshalb hätten sie auch Beschwerde gegen die Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen Ex-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke sowie gegen Ex-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel eingelegt. Baum und Däubler-Gmelin beklagten, dass die Kölner Generalstaatsanwaltschaft auch nach einem Jahr noch immer nicht über diese Beschwerde entschieden habe, weil ihr von der Bonner Staatsanwaltschaft nicht alle Akten zur Verfügung gestellt worden seien.

Die Telekom hatte ungeachtet des Strafverfahrens selbst finanziell Wiedergutmachung geleistet. Das Unternehmen spendete rund 1,7 Millionen Euro an gemeinnützige Organisationen. An persönlichen Entschädigungen an Betroffene zahlte sie weitere rund 1,3 Millionen Euro. Verdi-Bundesvorstandsmitglied Lothar Schröder, der als Telekom-Aufsichtsratsmitglied auch ausspioniert worden war, erhielt nach eigenen Angaben ebenfalls eine Zahlung, die er an gemeinnützige Organisationen weitergeleitet habe.

Betroffen von den Ausspähaktionen, bei denen auch automatisch Telefonate überwacht wurden, waren insgesamt 40 bis 60 Personen. Es sollte herausgefunden werden, wie Unternehmensinterna an die Presse gelangten.

Lobend äußerten sich sowohl Baum und Däubler-Gmelin wie auch Schröder über die Verbesserungen, die beim Datenschutz von der Telekom inzwischen eingeführt worden seien. Die Telekom habe "den Besen in die Hand genommen und saubergemacht", so Schröder. (anw)