IGF diskutiert über Meinungsfreiheit und andere Grundprinzipien fürs Internet

Die schwedische Delegation plädierte in Nairobi dafür, die Themen Meinungsfreiheit und Menschenrechte im Internet zu Hauptthemen des IGF zu machen. Ein US-Experte warnte davor, Daten bei Unternehmen zu lagern, die ihren Sitz in den USA haben.

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Von
  • Monika Ermert

Meinungsfreiheit und Menschenrechte im Internet müssen nach Meinung der schwedischen Delegation zu Hauptthemen des Internet Governance Forum (IGF) der UN werden. Das forderte Johan Hallenborg vom schwedischen Außenministerium während der Plenarsitzung zum Thema Sicherheit, Freiheit und Offenheit am Donnerstag, dem dritten IGF-Tag in Nairobi. Die schwedische Regierung hat im Menschenrechtsausschuss der UN eine Expertensitzung zum Thema Freiheit im kommenden März durchgesetzt.

Hallenborg nannte als Beispiele für die Dringlichkeit der Diskussion den Einsatz von Kill-Switches für das Internet und den zunehmenden Trend, Inhalte im Netz zu filtern. Mehrere Länder bereiteten Gesetze dafür vor. Hallenborg warnte – so wie der Sonderberichterstatter Frank La Rue – auch davor, Intermediäre für Gesetzesverstöße verantwortlich zu machen, also etwa Internet Service Provider. La Rue, dessen Bericht zur Meinungsfreiheit im Internet Aufsehen erregt hatte, kündigte in Nairobi dazu einen Nachschlag an.

Ein Fall von Mithaftung betrifft eine Teilnehmerin des IGF 2010: Chiranuch Premchaiporn, Herausgeberin eines unabhängigen Nachrichtenblogs in Thailand, steht derzeit in ihrer Heimat unter Anklage für regierungskritische Kommentare von Lesern auf ihrer Website. Zwar habe die thailändische Regierung inzwischen bekundet, sie wolle die zugrunde liegenden Gesetze, darunter den "Computer Crime Act" und ein Gesetz gegen Majestätsbeleidigung, reformieren; für Premchaiporn würde derlei aber zu spät kommen.

Im Zentrum vieler Debatten in Nairobi stand auch der Datenschutz. Beispielsweise warnte der US-amerikanische Sicherheits- und Datenschutzforscher Christopher Soghoian davor, Internetdienste von Unternehmen zu nutzen, die in den USA angesiedelt sind. So müsse Google nach Verfügungen auf Basis des Patriot Act oder des Foreign Intelligence Surveillance ACT auch Daten von Servern in Finnland, der Schweiz oder an anderen Standorten herausrücken. "Im Unterschied zu Ihnen habe ich in solch einem Fall noch Rechte, Sie haben das nicht", sagte Soghoian.

Google-Evangelist Vint Cerf räumte ein, dass es "hart" sei, im Falle der Verfügungen die Auskunft zu verweigern. Der Google-Politikexperte Patrick Ryan bestätigte gegenüber heise online, dass es "doch erhebliche Probleme" mit den Verfügungen gebe. Cerf meinte, Technik wie einfach zu nutzende kryptographische Tools könnten den Datenschutz bis zu einem gewissen Punkt verbessern helfen. Google befürworte eine Reform der US-Datenschutzgesetze. Soghoian gestand Google zu, eine relativ transparente Linie in der Debatte um die Datenzugriffe zu verfolgen, und ergänzte, wenn Gesetzgeber tatsächlich an mehr Sicherheit im Netz interessiert seien, würde er Datenschutztechnik unterstützen, anstatt immer neue Zugriffsrechte zu fordern.

Mehr Sicherheit auch für den Datenschutz versprach Alexander Seger vom Europarat durch die Cybercrime-Konvention. Seger wehrte sich allerdings dagegen, den Export der Konvention unmittelbar an die Situation der Menschenrechte zu knüpfen. Man könne nicht warten, bis die Menschenrechtssituation in einem Land perfekt sei. Die USA, die die Cybercrime-Konvention umgesetzt haben, lud Seger ein, auch die Konvention 108 zum Datenschutz zu unterzeichnen. Er selbst nutze Google-Dienste wegen des mangelnden Datenschutzstandards in den USA nicht. Auch die Cybercrime-Konvention hat laut dem Juristen Marko Gehrke Lücken. So behandle sie beispielsweise nicht die Themen Verschlüsselung und das Ausspähen von Kommunikation. Die britische Verpflichtung für einen Angeklagten, seine Passwörter herauszugeben, sei beispielsweise offensichtlich ein Verstoß gegen das klassische Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen. (anw)