Kinder, Internet & Pannen

Kinder und Jugendliche sehen das Web als Chance und nicht als Problem. Sie können oft nicht realistisch einschätzen, welchen Gefahren sie sich bei der Nutzung aussetzen. Gibt es Schwierigkeiten, macht sich Rat- und Hilflosigkeit breit – auch bei den Eltern. Unser Blick auf typische Internet-Pannen hilft Vätern und Müttern, vorzubeugen und im Notfall die richtigen Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

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Lesezeit: 32 Min.
Von
  • Thomas Feibel
Inhaltsverzeichnis

Die Entwicklung von Computern, Internet und Smartphones geht in atemberaubendem Tempo voran, und es gibt nur eine gesellschaftliche Gruppe, die mühelos Schritt hält: Kinder und Jugendliche. Es ist fast wie beim Märchen von Hase und Igel: Bis wir, die alten Hasen, das Ziel erreichen, sind die Jugendlichen schon längst da. Allerdings macht eine reine Bedienkompetenz noch lange nicht die Medienkompetenz aus, nach der immer besonders laut gerufen wird.

Das Wissen um PC, Web und Handy hat sich der Nachwuchs meist selbst beigebracht. Bei anderen Medien und Angeboten sehen es Eltern und Pädagogen durchaus als ihre Aufgabe an, Kindern bei der Einordnung zu helfen. Beim Thema Neue Medien fällt diese Hilfestellung allerdings häufig unter den Tisch. Zum einen scheint sich der Nachwuchs ja ohnehin bestens auszukennen, zum anderen sind viele Mütter und Väter ratlos und überfordert.

Zugegeben: Es ist nicht immer einfach, die Nerven zu behalten, in aller Ruhe fundierte Informationen zu sammeln und sich ein eigenes Urteil zu bilden. Doch die richtige Einordnung der Chancen und Gefahren technischer Kommunikationsmittel ist eine unverzichtbare Grundlage der Medienkompetenz. Indem Eltern sich zunächst selbst eine Meinung bilden und diese dann in der Familie besprechen, ermöglichen sie es Kindern und Jugendlichen, die ganze Tragweite ihrer medialen Aktivitäten richtig einzuschätzen.

Webseiten mit Elterninfos stopfen Wissenslücken. Die Seite www.chatten-ohne-risiko.de erklärt die Gepflogenheiten beim Chat.

Es ist in der Medienerziehung ohnehin wichtig, stets im Gespräch zu bleiben. Kinder erleben ihre Eltern so als verlässliche Ansprechpartner, die auch bei Sorgen und Nöten zuhören. Nichts ist für Kinder und Jugendliche schlimmer, als mit ihren inneren Konflikten – etwa nach einem heiklen Erlebnis im Netz – alleine zu bleiben. Sie müssen dann versuchen, alles mit sich selbst abzumachen. Medienkompetente Mädchen und Jungen wissen, wie sie sich in einer brenzligen Internet-Situation verhalten. Dazu gehört eben auch, dass sie einen Erwachsenen rufen.

Die folgenden Seiten sollen helfen, die Medienspielplätze der Kinder und Jugendlichen besser zu verstehen. Vom sozialen Netzwerk bis zu Urheberrechtsverletzungen beleuchten wir sechs typische Internet-Herausforderungen für Eltern, klären die Frage nach der Zielgruppe und sagen, worin die Faszination für Kinder und Jugendliche liegt. Es folgen Punkte, die Sie mit Ihren Kindern vorab besprechen sollten und mögliche Gegenmaßnahmen, falls es tatsächlich mal brennt. Experten geben ganz konkrete Ratschläge für den Fall der Fälle. Über den c’t-Link am Ende dieses Artikels finden Sie Webseiten mit ausführlichen Informationen.

Auf der Seite www.watchyourweb.de finden Jugendliche Video-Clips, Mitmach-Aktionen und sogar einen Test, um den eigenen „Web-Typ“ zu bestimmen.

Zu den bekanntesten sozialen Netzwerken bei Kindern und Jugendlichen zählen Facebook und SchülerVZ. Hier kann man sich mit Fotos, Interessen und Vorlieben von seiner besten Seite zeigen, mit Freunden, Bekannten und Verwandten in Kontakt bleiben oder neue Bekanntschaften schließen. Zum Teil wird recht offenherzig über sehr private Dinge gesprochen. Andere Personen können Anteil nehmen, sich mitfreuen, Ratschläge erteilen und Kommentare abgeben. Darüber hinaus machen die integrierten Chat- und Mailfunktionen der sozialen Netzwerke für immer mehr Jugendliche ein separates E-Mail-Programm fast überflüssig.

Der Community-Gedanke stärkt das Gefühl von Zugehörigkeit und lindert das in der Pubertät starke Gefühl, nicht verstanden zu werden. Über Facebook und Co. bekommen Kinder und Jugendliche einen Einblick, was andere gerade bewegt. Außerdem ist bei einer entsprechend hohen Freundesanzahl hier immer was los. Soziale Netzwerke bieten vollkommen neue Möglichkeiten der Partizipation; Kinder und Jugendliche erleben hier, dass ihre Ansichten etwas wert sind.

Birgit Kimmel, medienpädagogische Referentin bei der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland Pfalz und pädagogische Leiterin der EU-Initiative klicksafe, geht sogar noch weiter: „Heranwachsende befinden sich in einer besonderen Lebensphase: Die Adoleszenz stellt sie vor vielfältige Entwicklungsaufgaben, allen voran die Suche nach der eigenen Identität. Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei Fragen ein wie: Wer bin ich? Wie sehe ich mich und was sagen die anderen? Wie möchte ich gerne sein? Soziale Netzwerke sind Räume, in denen sich Heranwachsende ausprobieren können, sie ermöglichen Selbstdarstellung und -erfahrung und bedienen genau diese Themen, die Jugendliche auf der Suche nach der eigenen Identität besonders beschäftigen.“

ww.ichimnetz.de informiert über aktuelle Entwicklungen und gibt konkrete Tipps.

Die Freundschaftsanfrage per Facebook ersetzt das unter der Schulbank weitergereichte Briefchen an Mitschüler des anderen Geschlechts. Zum Flirten bieten soziale Netzwerke eine ideale Plattform, auf der auch schüchterne Kinder zum Zuge kommen.

SchülerVZ akzeptiert Mitglieder ab 10 Jahren, Facebook ab 13 Jahren. Dennoch wollen viele Kinder schon mit 10 oder 11 Jahren zu Facebook. Noch leichter als an der Kinokasse können sie hier bei der Altersangabe mogeln.

Mobbing ist gerade in der Schule ein verbreitetes Problem. Die Gewerkschaft „Erziehung und Wissenschaft“ wirbt auf ihrer Webseite für ein „prima Klima“ unter Schülern und Lehrern.

Die Nutzung eines sozialen Netzwerks ist grundsätzlich in Ordnung, wenn vorab feste Regeln dazu ausgemacht wurden. Es kann schwierig werden, Informationen, Fotos und Videos wieder aus dem Netzwerk zu entfernen, wenn diese einmal hochgeladen wurden [1] . In einem sozialen Netzwerk kann es auch passieren, dass Kinder gemobbt oder für alle gut sichtbar ausgeschlossen werden. Fremde können sich mit dem Namen eines beliebigen Schülers anmelden und unter diesem falschen Namen dann Unsinn verbreiten. Über das Schneeballsystem der sozialen Netzwerke geraten Mädchen und Jungen unter Umständen an die falschen Personen, darunter mitunter Erwachsene mit pädophilen Neigungen.

Der sichere Aufenthalt in einem sozialen Netzwerk ist dann gewährleistet, wenn der Nachwuchs bewusst und vorsichtig mit Bildern und persönlichen Daten umgeht. „Achten Sie darauf, dass das Angebot über eine technische Funktion verfügt, mit der Ihr Kind die eigene Privatsphäre schützen kann“, rät Birgit Kimmel. „Seriöse Anbieter stellen Möglichkeiten zur Verfügung, damit Ihr Kind nur bestimmten Nutzern den Zugriff auf das eigene Profil erlauben oder aber ganz verwehren kann. Die Privatsphären-Einstellungen sollten so gewählt sein, dass nur diejenigen etwas Persönliches über Ihr Kind erfahren, die es aus dem wahren Leben kennt und denen es vertraut.“ Gerade bei Facebook ist es nicht einfach, die richtigen Stellschrauben zu finden. Eltern sollten sich damit vertraut machen (siehe Link am Ende des Artikels).

Für Eltern bietet www.jugendschutz.net Faltblätter und Broschüren zum Download an, teilweise auch in türkischer Sprache.

Wie können Eltern ihren Kindern ein angemessenes Problembewusstsein für die Folgen allzu großer Offenherzigkeit vermitteln? Birgit Kimmel empfiehlt, mit Kindern ausführlich und immer mal wieder über Privatsphäre und Öffentlichkeit zu reden. Die zentrale Frage: „Was dürfen auch fremde Menschen von mir wissen und bei welchen Themen möchte ich nur Personen meines Vertrauens informieren?“ Das im Grundgesetz verankerte „allgemeine Persönlichkeitsrecht“ hat viele Facetten, so die Medienpädagogin. „Der hinter all diesen Persönlichkeitsrechten stehende Grundgedanke lautet, dass andere nicht ungefragt in die Öffentlichkeit gezogen werden dürfen. Jugendliche benötigen zu diesen Themen einen Austausch, damit sie eine Haltung entwickeln können und auch für die kritischen Fragen sensibilisiert werden.“

„Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind beleidigt oder belästigt wird, sollten Sie am besten rasch eingreifen“, erklärt Birgit Kimmel, „allerdings nur mit Zustimmung des Kindes.“ Außerdem sollten Beweise gesichert werden. „Fertigen Sie gemeinsam Screenshots von den betreffenden Äußerungen oder Bildern an“, rät die Medienpädagogin. Wenn eine Ignorieren-Funktion vorhanden ist, sollte sie genutzt werden. „Informieren Sie anschließend über die Melde-Funktion den Betreiber. Dieser muss nach Erhalt der Meldung die entsprechenden Inhalte löschen. Der Belästiger kann auch von der Community ausgeschlossen werden.“ Bei Androhung realer Gewalt oder tätlicher Übergriffe sollte umgehend die Polizei eingeschaltet werden.

Mobbing ist der englische Ausdruck für das Piesacken und Quälen anderer. Diese Form von Psychoterror gab es schon lange vor dem Internetzeitalter. Neu ist allerdings, dass heute die halbe Welt Zeuge eines solchen Vorgangs werden kann und die Täter anonym bleiben. Wenn Kinder und Jugendliche im Internet bedroht, blamiert, vorgeführt, verleumdet oder ausgeschlossen werden, nennt man das „Cyberbullying“. Beim „Happy Slapping“ kommt es zu körperlichen Angriffen, die mit Hilfe einer Kamera dokumentiert und anschließend ungehemmt verbreitet werden.

Die Täter stammen aus allen Schichten. Oft ist es eine Frage der Gruppendynamik: Einer fängt mit dem Quälen eines schwächeren Mitschülers an, ein weiterer zückt das Handy und die Herumstehenden lachen anstachelnd. Mobbing-Opfer sind übrigens immer wieder auch Lehrer, die auf Facebook und anderen Seiten durch den Kakao gezogen werden. Und eine aktuelle englische Studie stellt fest, dass an den Attacken gegen Lehrer auch jede Menge Eltern aktiv beteiligt sind.

„Schau hin!“ ist eine Initiative vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Vodafone, ARD, ZDF und TV Spielfilm. Die Webseite enthält auch Eltern-Informationen zu Computerspielen und Internetnutzung.

Hinter den Mobbing-Attacken steckt vor allem Unzufriedenheit. Beispielsweise wird auf Schüler heute mehr Druck denn je ausgeübt. Das kann zu starken Aggressionen führen. Das ist zwar eine Erklärung, aber keine Entschuldigung. Man sollte sich jedoch hüten, Gründe für das vielschichtige Phänomen nur bei den Jugendlichen zu suchen. Es handelt sich vielmehr um ein Problem der gesamten Gesellschaft, das nicht so leicht zu lösen ist.

Kinder und Jugendliche, die gemobbt oder im Netz diffamiert werden, schämen sich. Nur selten finden sie den Mut, ihre Eltern oder sonst eine Bezugsperson einzuweihen.

Es gibt keine Patentrezepte, um Mobbing vorzubeugen. „Kinder und Jugendliche können jedoch das Risiko reduzieren, indem sie online immer bedacht mit ihren persönlichen Daten und Fotos umgehen“, empfiehlt Katja Knierim von jugendschutz.net. Eltern sollten ihre Kinder auch darauf hinweisen, dass sie sich nach Möglichkeit nicht fotografieren oder filmen lassen. „Wenn auf einer Party Fotos geschossen werden, sollten sie den Fotografierenden fragen, was mit den Bildern geschieht und ihn darum bitten, die von ihnen gemachten nicht im Internet zu veröffentlichen.“ Knierim empfiehlt, Kindern und Jugendlichen nahezulegen, dass sie sich aus Mobbing-Attacken heraushalten und für die Opfer einsetzen.

Offenbart sich ein Opfer, muss alles daran gesetzt werden, damit die schlimmen Inhalte aus dem Netz verschwinden. „Solange diffamierende Inhalte weiterhin im Internet stehen, wird Ihr Kind den Leidensdruck, den es empfindet, nicht los“, verdeutlicht Knierim. „Informieren Sie den oder die Anbieter der Plattformen, auf denen die Attacken stattfanden oder finden und verlangen Sie die Entfernung der Inhalte.“ Bei massiven Angriffen hilft nur noch eine Anzeige. „Drohungen und Beleidigungen sind von strafrechtlicher Relevanz“, stellt die Referatsleiterin von jugendschutz.net klar, „die Veröffentlichung von Fotos ohne Einverständnis des Gezeigten stellt einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen dar.“ Sind die Täter aus dem schulischen Umfeld bekannt, könnte auch ein Gespräch mit den Eltern oder die Thematisierung im Unterricht helfen.

Zu den Süchten bei Kindern und Jugendlichen kursieren die unterschiedlichsten Zahlen. So heißt es oft, dass rund 600 000 Kinder und Jugendliche in Deutschland computerspielsüchtig seien. Solche Angaben sind mit Vorsicht zu genießen. Die Zahl von 600 000 stammt aus einer Untersuchung der Berliner Charité aus dem Jahr 2004, in der tatsächlich von 323 Kindern die Rede ist; diese Zahl wurde in der Studie auf die Bundesrepublik hochgerechnet.

Coole Aufmachung, klare Infos: Die Webseite www.websucht. info der Drogenhilfe Köln trennt die Bereiche mit Material für Jugendliche, Eltern und Pädagogen.

„Es liegen bislang nur wenige Studien vor, die eine Aussage zur Verbreitung der Computerspielabhängig oder der Internetsucht machen“, sagt Dorothee Mücken von der Drogenhilfe Köln. Sie ist Projektleiterin des Bundesmodellprojekts ESCapade. „Die Angaben schwanken zwischen einem und neun Prozent der Kinder und Jugendlichen. Ernst zu nehmen ist das Thema auf jeden Fall. In der Beratungspraxis erlebe ich viele Jugendliche beziehungsweise junge Heranwachsende, die aufgrund ihrer Computernutzung keinen Schulabschluss oder keine Ausbildung absolviert haben und sozial sehr isoliert leben. Daher ist es wichtig, frühzeitig ein exzessives Computer- und Internetnutzungsverhalten wahrzunehmen und gegenzusteuern.“ Probleme können sich ab etwa 13 oder 14 Jahren entwickeln; die meisten in Behandlung befindlichen Abhängigen sind allerdings junge Erwachsene über 18.

Das größte Risiko einer Abhängigkeit besteht bei Online-Rollenspielen. Was den Kick dieser Spiele ausmacht, ist gleichzeitig auch der Grund für deren Gefahrenpotenzial: Zum einen können die Spieler ihre Helden immer weiter ausstatten, und zum anderen weisen solche Spiele einfach kein Ende im klassischen Sinne auf. Es geht endlos weiter und weiter. Dazu kommt das soziale Erlebnis: Der besondere Reiz von Onlinerollenspielen besteht gerade im Zusammenspiel mit realen Menschen. Gemeinsam treffen die Spieler Verabredungen, die zum Beispiel einen 14-Jährigen ab 22 Uhr abends in die Bredouille bringen können. Wenn der Clan sich trifft, müsste der Junge längst schlafen und dann wäre da noch die anstehende Französischarbeit …

Nicht jede intensive Spielphase bedeutet gleich den Beginn einer Sucht. Kinder weisen in ihren alltäglichen Verhaltensweisen immer wieder einen Hang zum Exzessiven auf. Der kommt oft in Schüben und wird von einer auffällig großen Begeisterung begleitet. Mal wird extrem lange Lego gespielt, dann wieder über Wochen überhaupt nicht. Sobald das exzessive Verhalten mit Bildschirmen zu tun hat, erregt es sehr leicht Verdacht – etwa wenn eine gesamte Fernsehstaffel auf DVD in zwei Tagen gesehen oder an den Wochenenden bis Mitternacht vor dem Rechner gehockt wird.

Ein zweites Problem kommt hinzu: Wenn Kindern etwas richtig Spaß macht, finden sie oft einfach kein Ende und schon gar nicht den Abschaltknopf. Auch das ist völlig normal. Eltern sollten das Verhalten ihrer Kinder also im Auge haben, jedoch nicht gleich das Schlimmste vermuten, sondern vorübergehenden, exzessiven Phasen mit Gelassenheit begegnen.

Gerade für jüngere Kinder gibt es allerdings zum Online-Spielen durchaus Alternativen unter den Spielen, die lokal auf einem Rechner eingerichtet werden. Kindern im Alter von 10 bis 12 oder jünger muss man das Spielen im Web daher nicht zwingend erlauben. Als Alternative zu dem Online-Spiel „Lego Universe“ könnten Eltern beispielsweise einen anderen, offline spielbaren Computer- und Konsolentitel der Lego-Serie vorschlagen, beispielsweise das aktuelle „Pirates of the Caribbean“ (c’t 14/2011, S. 194).

Unter www.jugendschutz.net kann man Verstöße gegen Jugendschutzbestimmungen melden.

Spätestens wenn das Interesse an Computerspielen erwacht, wird es Zeit für verbindliche Absprachen über Nutzung, Dauer und Eigenverantwortung am Bildschirm. So lernen Kinder bei täglichen Medienzeiten von 60 bis 90 Minuten, sich ihre Zeit selbst einzuteilen. Wer dann die ganze Zeit im Netz verdaddelt, kann eben seine Lieblingssendung nicht mehr sehen.

Schließlich gibt es ein natürliches, wenn auch nicht sehr freundliches Steuerungsinstrument: Online-Rollenspiele kosten meistens monatlich Geld – und das nicht zu knapp.

Wer seinem Kind das Spielen im Web erlaubt, sollte regelmäßig ein Auge auf das Spielgeschehen haben. Eltern, die sich fragen, ob ihr Kind spiel- oder internetsüchtig ist, rät Dorothee Mücken, sich zunächst einmal darüber Gedanken zu machen, aus welchen Gründen das Kind überhaupt online ist: „Wichtig ist die zugrunde liegende Funktion. Warum spielt oder surft Ihr Kind im Internet? Was sucht Ihr Kind im Internet? Wenn es darum geht, Probleme zu vermeiden oder Konflikte der realen Welt zu vergessen und Ihr Kind sich zunehmend vom sozialen Leben zurückzieht, gilt es aufmerksam zu sein. Achten Sie auf Veränderungen in der Entwicklung Ihres Kindes.“ Sichere Anzeichen für eine Gefährdung liegen immer dann vor, wenn die Kinder sehr müde sind, am Familienleben nicht mehr teilnehmen und die Freundschaften vernachlässigt werden.

Nun müssen Eltern reagieren, aber mit Augenmaß. „Harsche Verbote führen aus meiner Perspektive in Erziehungsfragen selten zum Ziel“, meint Mücken. Vielmehr gelte es, gemeinsame Regelungen zu finden und Vereinbarungen in der Familie zu treffen. Mücken ermuntert Eltern, sich bei ausufernder Computernutzung gemeinsam mit den Kindern auf Spielregeln zu einigen. „Wichtig ist es immer, die Aktivitäten Ihres Kindes am Computer dabei zu berücksichtigen“, fährt die Kölner Expertin fort. „Fragen Sie Ihr Kind, wie lange und was es am Computer machen möchte. Finden Sie im Gespräch den kleinsten gemeinsamen Nenner. Welche Regeln Sie im Einzelnen vereinbaren, spielt nicht so eine große Rolle. Wichtig ist es, dass Sie Regeln vereinbaren.“

Gäbe es eine Hitparade der am wenigsten gelesenen Texte im Internet, stünden die AGB von Abzockseiten sicher ganz weit oben. Kein Wunder, sie sind fast immer in mikroskopisch kleiner Schrift und oft in einer verschwurbelten Sprache abgefasst. Auch den Verbraucherzentralen stößt das sauer auf. „In einer Vielzahl von Fällen wird nicht hinreichend deutlich auf den Preis hingewiesen“, so Dr. Peter Lischke, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Berlin. „Oft werden die Preisklauseln der AGB erst nach Scrollen der Seite oder mittels Anklicken eines Extra-Button sichtbar. In einer Reihe von Fällen wird auch über das Widerrufsrecht nicht oder nicht hinreichend belehrt.“ Das alles ist für Eltern schwer zu durchschauen – Kinder sind restlos überfordert.

Es gibt unseriöse Angebote im Netz, die sich gezielt an kleine Kinder richten. Je jünger ein Kind ist, desto weniger durchschaut es die Zusammenhänge hinter einem Lockangebot. Auch Angebote, die Jugendliche und Erwachsene sofort als Abzocke erkennen, erscheinen Grundschülern meist unverdächtig. So zahlen Mädchen und Jungen in Online-Welten für virtuelle Gegenstände wie Tapeten oder Möbel bereitwillig echtes Geld, denn sie möchten ja den schönsten Raum gestalten. In Online-Simulationen zur Pflege knuddeliger Tiere verführen kostenpflichtige Accessoires für den Schützling zum Kauf. Die Angebote sprechen gezielt das Bedürfnis zum Dekorieren und Versorgen an oder locken mit virtuellem Prestige durch gekaufte Ausrüstungsgegenstände.

Schüler geraten auf der Suche nach Unterstützung bei den Hausaufgaben an Abzocker. Diese Seiten versprechen fertig formulierte Referate oder Aufsätze zum bequemen Download, das Herunterladen ist aber mit dem Abschluss eines Abos verbunden.

Die Täter setzen auf die Unsicherheit ihrer Opfer. Die zahlen lieber still und leise, anstatt einen Anwalt einzuschalten, der die Kosten vielleicht noch höher treiben könnte. Außerdem wird auch auf die Trägheit der Opfer vertraut. Denn sich gegen Abzocke zur Wehr zu setzen, ist mit Aufwand verbunden. Viele Opfer zahlen schließlich zähneknirschend und verbuchen das Ganze als dummen Fehler.

Peter Lischke warnt insbesondere vor speziellen Lockangeboten für Kinder und Jugendliche, etwa vermeintlich kostenlose Software oder Frei-SMS. „Auch die Zuzahlung zu Internetspielen, so wie der Kauf von ,weiteren Leben’ sind eine gern genutzte Masche, um insbesondere Kindern Geld aus der Tasche zu ziehen“, sagt der Verbraucherschützer. „Ein weiterer Köder sind Geld- und Sachgewinne.“

Die beste Vorbeugung ist auch hier Aufklärung. Mit etwas älteren Kindern und Jugendlichen sollte man ausführlich besprechen, wie ihnen durch Abo-Fallen das Geld aus der Tasche gezogen werden soll. Kinder, die noch nicht in der Lage sind, das Prinzip eines solchen Internet-Kuhhandels zu verstehen, sollten schlicht nicht in die Versuchung kommen, auf diese Weise Geld auszugeben.

Dazu gehört es etwa, dass Eltern ihr iOS-Gerät nicht unmittelbar nach einem Download oder einer App-Aktualisierung an ihre Kinder weiterreichen. Ansonsten kann der Nachwuchs eine Viertelstunde lang ungehindert einkaufen, denn so lange fragt beispielsweise das iPad nicht erneut nach dem iTunes-Store-Passwort. Kreditkarten-Informationen der Eltern gehören nicht in Kinderhände. Mit einem eigenen Account und einer Guthabenkarte können Kinder das Haushalten mit dem Taschengeld einüben, ohne Gefahr zu laufen, versehentlich Unsummen zu verpulvern.

In der Regel kann und sollte sich jeder zur Wehr setzen, falls doch ein Familienmitglied in eine Kostenfalle geraten ist. Die Verbraucherzentralen vor Ort helfen mit Rat, Tat und geeigneten Vordrucken. Nur eine Sache kostet die Abzockfalle dann doch: Nerven. Denn die Täter senden in der Regel weiterhin unbeeindruckt ihre Mahnungen und Inkassoandrohungen.

Wenn Eltern eine Rechnung bekommen, die das Kind verursacht hat, besteht kein Grund zum Zahlen. „Die Rechnung muss natürlich nicht bezahlt werden, da dieser Vertragsabschluss – sollte er tatsächlich zustande gekommen sein – wegen der Regelungen in den §§ 107,108 BGB unwirksam ist“, erklärt Peter Lischke. „Damit solch ein Vertrag wirksam wird, bedarf es der ausdrücklichen Zustimmung der Eltern als gesetzlichem Vertreter des Kindes. Auch der sogenannte Taschengeldparagraph § 110 BGB greift hier nicht.“ Den Gang zum Anwalt hält der Verbraucherschützer nicht für notwendig. „Aber auf die Forderung des Unternehmens sollte, aus Beweisgründen am besten als Einwurf-Einschreiben, mit einer eindeutigen Ablehnung unter Verweis auf die fehlende Einwilligung reagiert werden.“ Auf ihrer Internetseite stellt die Verbraucherzentrale Berlin ein Musterschreiben zur Verfügung. Auch in c’t-Artikeln zum Thema finden sich Schreiben dieser Art sowohl für Eltern Minderjähriger als auch für volljährige Opfer [2] .

ESCapade ist ein familien-orientiertes Modellprojekt für Jugendliche mit problematischer Computernutzung. Es richtet sich an Familien mit Kindern im Altern von 13 bis 18.

Wie verhält es sich im Fall eines unfreiwillig abgeschlossenen Abos? Auch hier hat sich der Gesetzgeber entschieden, dass Minderjährige nur als beschränkt geschäftsfähig gelten. Dazu Peter Lischke: „Es bedarf beim Abschluss solch eines Abonnementvertrags auch wieder der ausdrücklichen Einwilligung der Eltern als gesetzliche Vertreter nach §108 BGB.“ Fehlt diese, ist der Vertrag unwirksam. Der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Berlin betont: „Die Eltern können im Übrigen das Rechtsgeschäft auch nachträglich ablehnen. Es reicht in diesem Zusammenhang auch, wenn nur ein Elternteil die Ablehnung unterzeichnet.“

Es gibt spezielle Chats für Kinder, für Erwachsene oder zu bestimmten Themen. Für den schriftlichen Austausch in Echtzeit muss man einigermaßen schnell tippen können, sonst macht die Sache keinen Spaß. Sobald sie die Tastatur beherrschen, chatten Kinder gern, oft schon mit 11 oder 12 Jahren. Gerade jüngere Kinder chatten dabei gern mit Wildfremden. Ältere Jugendliche tendieren dazu, sich nur mit Freunden oder Bekannten zu einem Schwatz zu verabreden. Oft nutzen sie zur Kommunikation auch lieber Facebook oder telefonieren über Skype.

Die Anonymität der offenen Chats kann für Kinder sehr reizvoll sein, da ihnen hier niemand ansieht, dass sie noch Kinder sind. Nicht selten geben 12-jährige Mädchen und Jungen ihr Alter mit 16 oder 17 Jahren an. Sie erproben sich im Umgang mit anderen und wollen durchaus flirten. Unter Umständen werden auch ernsthafte Probleme angesprochen, wobei hier ebenfalls die Anonymität hilft: Wem sollte der Chatpartner das anvertraute Geheimnis schon groß weitererzählen?

Mit ein paar handfesten Regeln ist ein Chat eine gute Übung in Sachen Medienkompetenz; die Kinder können sich ausprobieren. Für Jüngere sind allerdings nur speziell für Kinder entworfene Chats zu empfehlen. Je jünger die Mädchen und Jungen sind, desto wichtiger ist es, dass der Chat moderiert wird. Das bedeutet, dass ein Aufpasser im Dienste des Chatbetreibers mitliest und dafür sorgt, dass hier nichts aus dem Ruder läuft oder rüde Beleidigungen stattfinden. Etwas ältere Kinder, denen die Risiken des Chattens bewusst sind, können sich auch in unmoderierten Chats aufhalten.

Das sogenannte Chatroulette ist für Kinder ungeeignet – hier weiß der Nutzer nie, wen er als nächstes trifft oder ob der Gesprächsteilnehmer, freundlich ausgedrückt, überhaupt bekleidet ist. Doch es sind durchaus nicht nur Sex-Chats, vor denen man sein Kind schützen sollte. Foren, in denen Magersucht oder Gewalt verherrlicht werden, zählen ebenfalls zu den Tabu-Zonen für junge Surfer.

Bevor es mit dem Chatten losgeht, sollten sich Kinder gemeinsam mit den Eltern informieren und nach guten Angeboten umsehen. Zur Checkliste gehören dabei nach jugendschutz.net Fragen wie: „Gibt es Moderatoren? Wo bekommst du im Notfall Hilfe? Was passiert mit deinen Daten?“ Chats, die nicht für Kinder gemacht sind, sollten anfangs vermieden werden.

Um die Sicherheit beim Chatten zu gewährleisten, müssen altbewährte Vorsichtsmaßnahmen konsequent angewendet werden. Sie mögen Eltern allzu banal vorkommen, sollten aber mit dem Kind in aller Deutlichkeit besprochen werden. Katja Knieriem nennt die folgenden Punkte: „Bleibe Fremden gegenüber immer misstrauisch – auch online.“ und: „Du kannst nie wissen, wer sich tatsächlich hinter deinem Chatpartner verbirgt – deshalb gib im Internet nie Kontaktdaten wie Handynummer oder E-Mail-Adresse heraus und nimm nicht gleich jeden in deine Freundesliste auf.“ Und vor allem: „Triff dich niemals allein mit einer Chatbekanntschaft!“

Falls ein Kind dennoch belästigt wurde, so lautet der Rat von Katja Knierim von Jugendschutz.net, erst einmal Ruhe zu bewahren. „Geben Sie vor allem nicht Ihrem Kind die Schuld an dem Übergriff. Besonders dann, wenn ein erwachsener User gezielt einen minderjährigen kontaktiert und sexuell belästigt, handelt es sich um eine Tat von strafrechtlicher Relevanz – auch wenn sich das Kind vielleicht zunächst neugierig oder gar provokant verhalten hat.“ Die Referatsleiterin empfiehlt unter anderem, Beweise zu sichern: „Notieren Sie sich alle verfügbaren Informationen über den Belästiger und den Vorfall, zum Beispiel Name, Nickname, Website, gegebenenfalls den Chatraum, Datum und Uhrzeit des Vorfalls. Speichern Sie Dialoge und Nachrichten, die der Belästiger mit Ihrem Kind getauscht hat, sowie das Material, das der Belästiger Ihrem Kind zuschickte.“

Um zu verhindern, dass der Fremde noch anderen Kindern zusetzt, sollten sich Eltern an den Anbieter des Chats oder der Community wenden und den Vorfall dort melden. Nur so kann dann die Person von der Plattform ausgeschlossen werden. Weil das alleine nicht ausreicht, ist eine Anzeige bei der Polizei notwendig. „Sexuelle Belästigung Minderjähriger ist strafbar – egal ob offline oder online“, erklärt Katja Knierim. „Ebenso verboten ist zum Beispiel die Weitergabe pornografischen Materials an Kinder und Jugendliche. Wenden Sie sich mit allen verfügbaren Informationen zu dem Vorfall an die Polizei. Die kann meist mit Hilfe des Anbieters die Identität des Belästigers ermitteln und entsprechende Sanktionen einleiten.“ Wer auf diesem Weg nicht weiterkommt, sollte sich an die Meldestelle jugendschutz.net wenden.

Beim Kinder- und Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“ erhalten Kinder und Jugendliche auch schriftliche Hilfe. Wer nicht anrufen mag, kann eine Mail schicken.

Nach einem solchen Vorfall sollten Eltern das Verhalten Ihres Kindes beobachten. „Kinder reagieren ganz unterschiedlich auf schlechte Erfahrungen im Internet wie zum Beispiel sexuelle Übergriffe oder die Konfrontation mit pornografischem Material – oft sind sie jedoch angeekelt, verunsichert oder verängstigt“, so Katja Knierims Erfahrung. Wenn sich das Kind danach stark verändert, rät die Referatsleiterin von Jugendschutz.net dazu, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Über das Internet sind digitale Medien ständig auch auf nicht legalen Wegen verfügbar. So gibt es die neusten Kinofilme und Musikalben im Stream oder zum Download. Ganz ähnlich sind auch Computerspiele und Nintendo-DS-Titel verfügbar, illegale Kopien kursieren auf vielen Schulhöfen. Ein echtes Unrechtsbewusstsein gibt es bei Kinder und Jugendlichen dazu nur selten.

Da illegale Kopien den Jugendschutz umgehen, kommen Kinder und Jugendliche auf diesem Weg an Spiele und Filme, die womöglich eine USK- oder FSK-Einstufung „ab 18“ haben. Das ist einer der Gründe für die Beliebtheit von Tauschbörsen. Zum anderen würde das Taschengeld der meisten Jugendlichen längst nicht für alle Titel reichen, die sie sich so aus dem Internet besorgt haben.

Grundschüler sind noch nicht so sehr gefährdet wie Jugendliche ab etwa 13 Jahren. Wer sich mit Schülern der sechsten oder siebten Klasse unterhält, wird erstaunt sein, wer schon alles den Horrorschocker „Saw“ gesehen hat.

Thomas Stadler, Fachanwalt für IT-Recht, erklärt die Rechtslage: „Die vorsätzliche Verletzung fremder Urheberrechte ist grundsätzlich auch strafbar. Seit einer Änderung des Urheberrechtsgesetzes im Jahre 2008 gibt es aber in diesem Bereich nur noch sehr wenige Strafverfahren. Die Rechteinhaber – Verlage, Filmverleihgesellschaften oder Plattenfirmen – können seitdem von Providern eine Auskunft darüber verlangen, welcher Nutzer/Anschlussinhaber zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer bestimmten IP-Adresse online war. Auf diesem Weg werden Anschlussinhaber ermittelt, die dann zivilrechtlich abgemahnt werden.“

„Ob das bloße Streaming von Filmen oder Musik gegen das Urhebergesetzt verstößt, wenn der Content illegal ins Netz gestellt wurde“, so der Fachanwalt weiter, „ist unter Juristen äußerst umstritten und letztlich ungeklärt.“ Das Filesharing über Peer-to-Peer-Netze wird als Rechtsverstoß betrachtet, wenn dabei urheberrechtlich geschütztes Material getauscht wird. „Hier muss man aber berücksichtigen, dass neben dem Download zugleich die Dateien auf dem eigenen Rechner auch für die anderen Nutzer freigegeben werden. Das ist als öffentliches Zugänglichmachen, also Upload, geschützter Werke ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers immer rechtswidrig.“ Wer von einer CD lediglich eine Privatkopie erstellt, hat nicht zwangsläufig etwas zu befürchten, so Thomas Stadler: „Nur wenn deutlich erkennbar ist, dass man nicht aus einer legalen Quelle bezieht, ist ein Urheberrechtsverstoß gegeben.“ Für das Brennen urheberrechtlich geschützter Werke auf DVD oder CD sei die Rechtslage ähnlich. Grundsätzlich ist das für den privaten Gebrauch zulässig, solange kein Kopierschutz umgegangen würde oder keine offensichtlich rechtswidrige Kopiervorlage benutzt wurde.

Wenn es zu einer Abmahnung kommt, sind in der Regel die Eltern die Adressaten. „In Fällen des Filesharings durch Kinder oder Jugendliche ist es zumeist so, dass der Anschluss auf die Eltern angemeldet ist. Nachdem immer nur der Anschlussinhaber ermittelbar ist, führt dies dazu, dass sich die Abmahnung gegen die Eltern richtet.“

Eltern können sich gegen eine Abmahnung wehren, indem sie angeben, welches Kind den fraglichen Content heruntergeladen hat. Für eine glückliche Lösung hält Stadler das allerdings nicht. „Das ist innerfamiliär vielfach auch nicht der Königsweg, zumal dann dem Kind eine weitere Abmahnung droht.“ Zudem können sich betroffene Eltern laut Stadler so nicht unbedingt aus der Haftung verabschieden. „Der BGH hat nur entschieden, dass eine Schadensersatzhaftung entfällt. Ob eine sogenannte Störerhaftung bestehen bleibt, hängt davon ab, ob man es für zumutbar erachtet, dass der Anschlussinhaber für Rechtsverletzungen seiner Familienangehörigen haftet, was faktisch dazu führen würde, dass er diese auch überwachen müsste. Diese Frage hat der BGH bisher nicht entschieden, in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung existieren zu dieser Frage divergierende Urteile.“

Liegt die Abmahnung erst im Briefkasten, gibt es also kaum noch sinnvolle Gegenmaßnahmen. Noch wichtiger als in den zuvor genannten Bereichen ist daher beim Thema Urheberrechtsschutz die Vorbildwirkung der Eltern. Wenn Papa sich die neue Red-Hot-Chili-Peppers-CD wie selbstverständlich von den einschlägigen Seiten aus dem Web lädt, heißt das für Kinder und Jugendliche: Solche Downloads sind zwar eigentlich nicht erlaubt, aber irgendwie trotzdem in Ordnung.

Um die Medienkompetenz ihrer Kinder zu stärken, müssen Eltern selbst in Sachen Internet, Smartphone und Co. auf dem Laufenden sein. Zwar braucht niemand nur zu diesem Zweck ein aktiver Nutzer von Facebook, Flickr und Filesharing zu werden, aber Väter und Mütter sollten zumindest wissen, was sich hinter solchen Begriffen verbirgt. Neben den im c’t-Link genannten Webseiten kann man sich auch in Elternratgebern informieren [3, 4] .

Auf der Netzcheckers-Seite können Jugendliche Videoclips zu kontroversen Internet-Themen anschauen. Der Film zu Musikdownloads erklärt Urheberrechtsverletzungen und nennt legale Alternativen.

Ebenso wichtig ist es, Kinder und die Motive ihrer Mediennutzung richtig zu verstehen. Kein Zweifel: Viele Kinder und Jugendliche verbringen zu viel Zeit mit Handy, Internet und Computerspielen. Doch bei den Mädchen und Jungen handelt es sich nicht um seelenlose Medienjunkies, und soziale Netzwerke und Games sind auch nicht „das Böse“ schlechthin. Oft fehlt Erwachsenen einfach das Einfühlungsvermögen, in welchem Stadium ihrer Entwicklung die eigenen Kinder gerade stecken und wie diese – auch mit Hilfe der Medien – versuchen, Defizite auszugleichen oder sich zu orientieren. Computerspiele zum Beispiel werden dann immer wichtiger, wenn keine Zeit für die Kinder da ist und niemand mehr mit ihnen spielt; das gilt bis ins Jugendalter. Hinter der Vorliebe für soziale Netzwerke verbirgt sich oft der Wunsch nach Beziehungen.

Und schließlich kann man den routinierten Umgang der Jugendlichen mit den Neuen Medien auch positiv betrachten. Mädchen und Jungen, die zum Beispiel vom Posten, Rippen und Mimsen reden, wissen in der Regel auch, wie das geht. Das verdient durchaus auch Anerkennung von Seiten der Erwachsenen.

Thomas Feibel ist freier Journalist und Buchautor. Er leitet das Büro für Kindermedien in Berlin.

[1] Holger Bleich, Joerg Heidrich, Reinwaschung, Wie man den guten Ruf im Internet schützt – und wie besser nicht, c’t 1/2011, S. 112

[2] Carsten Kiefer, Abgeblockt, Forderungen von Abzockern abwehren, c’t 11/2009, S. 96

[3] Thomas Feibel, Kindheit 2.0, So können Eltern Medienkompetenz vermitteln, Berlin, 2009

[4] Jens Wiemken, Computerspiele & Internet, Der ultimative Ratgeber für Eltern, Düsseldorf, 2009

www.ct.de/1121126

Mehr Infos

Kinder im Internet

Artikel zum Thema "Kinder im Internet" finden Sie in c't 21/2011:

Risiken im Internet für Kinder - Seite 122
Medienerziehung mit Verständnis und Augenmaß - Seite 126

(dwi)