Auch Syrien überwacht das Internet

Die Internet-Aktivisten von Telecomix haben im Rahmen eines Treffens arabischer Blogger in Tunesien 54 GB Logfiles der syrischen Internetzensoren veröffentlicht,

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Von
  • Detlef Borchers

Die Internet-Aktivisten von Telecomix haben im Rahmen eines Treffens arabischer Blogger in Tunesien 54 GB Logfiles der syrischen Internetzensoren veröffentlicht, die den Zeitraum vom 22. Juli bis 5. August 2011 abdecken. Die Kopie dieser Daten wurde durch eine Sicherheitslücke der in Syrien eingesetzten Filtersysteme von der US-amerikanischen Firma Blue Coat Systems möglich. In der Veröffentlichung von Telecomix wurden die aufgezeichneten IP-Adressen zu 0.0.0.0 anonymisiert, was Kritiker der Aktion für unzureichend halten.

Nachdem Syrien im Juni dieses Jahres seine Internetverbindungen abgeschaltet hat, ist das Land Zielscheibe der Telecomix-Aktivisten geworden, die im Verein mit der Hacktivisten-Truppe Anonymous die "Operation Syria" ausgerufen haben. So wurden im September die Websites syrischer Städte gehackt. Zuvor war bekannt geworden, dass Syrien auf Webfilter der Firma Blue Coat Systems setzt, die allerdings jegliche Geschäftsbeziehungen nach Syrien dementierte. Die nun erfolgte Veröffentlichung der Logfiles soll zeigen, wie das Regime die Kommunikation seiner Bürger kontrolliert. Über statistische Analysen will man die Schlüsselworte im Datenhaufen finden, die die Überwacher alarmierten. "proxy" und "israel" sind nach Angaben von Telecomix bereits entdeckt worden.

Die Veröffentlichung der Daten wurde auf dem Bloggertreffen begrüßt, aber auch kritisiert. Nach Ansicht von Netzwerk-Spezialisten wie dem Tor-Programmierer Jacob Applebaum könnten die Logfiles abseits der "genullten" IP-Adressen Namen enthalten, die die Privatsphäre von syrischen Netznutzern gefährden.

Die Internet-Überwachung in Syrien ist kein Einzelfall. Bereits im März 2011 wurde bekannt, dass in Ägypten die Software Finfisher der Münchener Firma Gamma eingesetzt wurde. Die Lieferung der Software an ägyptische Behörden erfolgte zwar über Großbritannien, doch erklärte ein Angestellter der Firma gegenüber dem MDR-Magazin "Fakt" (PDF-Datei): "Finfisher ist 100 Prozent deutsch, also in Deutschland entwickelt. Wird aber, das kann ich Ihnen gleich sagen, aus England geliefert. Das ist aber nur so, weil unser Büro nicht den Lagerraum hat. Das wird aber hundertprozentig in Deutschland entwickelt." Auch in Libyen wurde vom Gaddafi-Regime Software eingesetzt, und zwar das in Frankreich von der Bull-Tochter Amesys entwickelte Eagle und das südafrikanische Überwachungssystem Zebra von VAS-Tech, die mit Aufträgen von Siemens groß geworden ist. (jk)