Gericht stellt Berechnungsgrundlage für Schadenersatz bei Filesharing-Abmahnungen in Frage

Laut einem Beschluss des OLG Köln könnte das Gericht seine bisherige Einschätzung über die Berechnung des Schadens revidieren, die durch Filesharing entsteht. Die Neubewertung könnte erheblichen Einfluss auf weitere Verfahren haben.

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Von
  • Joerg Heidrich

Für Diskussionen sorgt derzeit ein Hinweisbeschluss, den das Oberlandesgericht Köln in einem Verfahren (AZ: 6 U 67/11) rund um eine Abmahnung für Filesharing erlassen hat. Der Beschluss deutet an, dass das OLG seine bisherige Einschätzung über die Berechnung des Schadens revidiert hat, die dem Rechteinhaber durch Filesharing entsteht. Die daraus resultierende Neubewertung könnte erheblichen Einfluss auf weitere Verfahren in diesem Bereich haben.

Bisher wurde von Abmahnern und Gerichten meist der Tarif VR-W I der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) für die Bemessung des Schadenersatzanspruchs in Filesharing-Fällen zugrunde gelegt. Dieser umfasst die Nutzung von Musikwerken als Hintergrundmusik insbesondere im Bereich der Werbung, die als Streaming zur Verfügung gestellt wird. Als Mindestlizenz ist nach diesem Tarif eine Zahlung in Höhe von 100 € für bis zu 10.000 Abrufe zu leisten.

Nach Ansicht der Richter entspricht dieser Tarif jedoch nicht den tatsächlichen Begebenheiten bei Filesharing. Vielmehr gehe es darum, einen Schaden abzugelten, der den Rechteinhabern dadurch entsteht, dass geschützte Werke "in unbekannter Zahl zum Download zur Verfügung gestellt worden sind". Aus Sicht des Senats entspreche diese Handlung nicht dem bisherigen Tarif VR-W I, sondern dem Tarif VR-OD 5, der die Nutzung einzelner Titel auch durch Download zum Gegenstand hat. Statt einer Mindestsumme von 100 € sieht dieser Tarif pro Titel und pro erfolgtem Zugriff einen Betrag in Höhe von 0,1278 € vor.

Hiergegen trug der klagende Musikverlag vor, dass die Anwendung dieses Tarifes unangemessen sei, da er sich nur auf die Rechte der Komponisten und Texter beziehe. Ein Tonträgerhersteller trage jedoch das komplette wirtschaftliche Risiko einer Musikproduktion. Um diesen Einwänden zu begegnen, forderte das Gericht den Kläger auf, konkret mitzuteilen, wie hoch die Lizenzgebühr sei, die bei einem Download über eine Plattform im Internet üblich sei. Weiterhin müsse der Kläger darlegen, "wie viele Zugriffe auf den Rechner der Beklagten erfolgt sind", zumindest aber in welcher Größenordnung sich üblicherweise die Anzahl der Downloads im fraglichen Zeitraum bewege.

Welchen Einfluss diese Einschätzung des OLG Köln auf die Festsetzung von Lizenzgebühren und Streitwerten im Bereich Filesharing hat, ist derzeit noch nicht absehbar. Bemerkenswert ist sie jedoch insoweit, als dass dieses Gericht bislang als besonders rechteinhaberfreundlich galt und es Schauplatz von zahlreichen Verfahren aus diesem Bereich ist. (jk)