Keine Tränen für Symbian

Was sind die Gründe für den Niedergang Nokias? Einer liegt vor mir auf dem Schreibtisch.

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Am heutigen Mittwoch geht eine Ära zu Ende – Nokia stellt die ersten Smartphones auf Basis von Windows vor. Das dürfte wohl der letzte Nagel im Sarg von Nokias eigenem Betriebssystem Symbian sein.

Wie konnte es soweit kommen?

Einer der Gründe liegt vor mir auf dem Schreibtisch und heißt N79 – das, was Nokia vor rund zwei Jahren für ein Smartphone hielt. Das N79 war mein erstes Nokia, und es wird auch mein letztes sein. Um nicht unfair zu sein: Es ist klein, leicht, recht hübsch, hat eine lange Akkulaufzeit, und kann ziemlich viel. Nur leider nichts richtig. Es macht den Eindruck, als hätte Nokia alle Features zusammengeklaubt und in ein Gerät gekippt, die so ein Smartphone offenbar zu haben hat. Dabei heraus kam ein Sammelsurium an unnötigen sowie an schmerzlich vermissten Funktionen, die mehr schlecht als recht auf einer chronisch langsamen und unzuverlässigen Software laufen.

Ein Beispiel: Auf meinem Handy war das Dienstprogramm „3D-Klingeltoneffekte“ vorinstalliert. Damit kann ich so spannende Sachen machen wie die „Schallkurve“ einstellen („Kreis“, „Vorbeiflug“, „Zickzack“, „Schlaufe“, „Zufall“) sowie die „Schallkurvengeschwindigkeit“ und das Echo („Wohnzimmer“, „Höhle“, „Bahnhof“, „Wald“, „Rohr“ oder „unter Wasser“). Was ich mit dem N79 allerdings nicht kann, ist so eine basale wie triviale Aufgabe wie die Geburtstage meiner Kontakte automatisch in den Kalender übertragen.

Ich frage mich: Gab es bei Nokia denn niemanden, der ein Gesamtkonzept im Auge gehabt hat, der sich getraut hätte, zwischen notwendigen Funktionen und Schnickschnack zu unterscheiden? Hat denn jede Abteilung munter vor sich hin entwickelt?

Ein anderes Beispiel: Das Gerät kommt mit sehr guten Landkarten des Anbieters Navteq daher. Das ist schön. Man kann sogar kostenlos weitere Karten von fast sämtlichen Ländern der Welt herunterladen. Wenn man es denn kann, denn die dazu nötige PC-Software „Ovi Map Loader“ ist – zumindest in der mitgelieferten Version – eine Katastrophe. Um ihr wirklich ein Karten-Update zu entlocken, sollte man immer genau das Gegenteil davon tun, was sie von einem will: Fordert sie einen auf, ein bestimmtes Programm zu starten, sollte man dies tunlichst herunterfahren. Dann bekommt man zwar ein halbes Dutzend Fehlermeldungen um die Ohren gehauen, aber schließlich funktioniert es irgendwie dann doch.

Ich frage mich: Gibt es bei Nokia überhaupt so etwas wie eine Qualitätskontrolle? Ich meine, es handelt sich hier nicht um irgendeinen Fehler, der nur bei einer bestimmten Befehlskombination im fünften Untermenü an ungeraden Tagen bei Vollmond auftaucht. Der Map Loader hat genau eine Aufgabe, und genau bei dieser versagt er einfach stumpf und offensichtlich.

Ob Nokia-Handys nun mit Windows besser werden? Keine Ahnung, aber schlechter werden sie wohl kaum. Symbian jedenfalls weine ich keine Träne hinterher. (wst)