Marktwert ist nicht gleich Gehalt

IT-Spezialisten sind gefragt wie nie. Wenn Sie mehr Geld vom Chef wollen, dann ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, um in die Verhandlungen einzusteigen. Oder?

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Die wirtschaftliche Lage der Unternehmen ist gut, Fachpersonal wird händeringend gesucht, die Auftragsbücher der Dienstleister sind voll. Wenn Sie der Einzige sind, der von dem Boom noch nicht profitiert hat, dann wird es wirklich höchste Zeit, um das Thema Geld noch mal zur Sprache zu bringen und einen "Nachschlag" zu verlangen. Auf die Idee könnte man angesichts der zahlreichen Stellenausschreibungen jedenfalls kommen. Doch ganz so einfach ist es nicht, der Schuss kann durchaus auch nach hinten losgehen.

Zwei Dinge sollten Sie deshalb immer vor Augen haben: Den Markt und die eigenen Leistungen. So sollten Sie Ihren Wunsch nach einer Gehaltssteigerung vor allem mit Ihren hervorragenden oder gar überdurchschnittlichen Leistungen begründen können. Auch besonders erfolgreiche Projekte und die Übernahme von zusätzlichen Aufgaben sind hervorragende Argumente. Wer besser als andere arbeitet oder mehr leistet, als vertraglich vereinbart wurde, kann auch mehr Geld verlangen. Die Tatsache, dass ein anderer Arbeitgeber Ihnen vielleicht mehr bezahlen würde, ist ein schwaches Argument.

Es stimmt: IT-Spezialisten werden händeringend gesucht und heiß gehandelt. Die Gehälter, die der Markt zu zahlen bereit ist, steigen quasi täglich. Das ist schlecht für Ihren Chef und hervorragend für Sie. Schließlich könnten Sie sich ja auch anderweitig orientieren. Sie wissen das und Ihr Chef weiß es auch. Trotzdem: Machen Sie nicht den Fehler, genau das in die Verhandlungen einfließen zu lassen. Denn das ist kein Argument, sondern Erpressung und im Zweifelsfall wird Ihr Chef auf einen Mitarbeiter, der solche Strategien fährt, gerne verzichten.

Machen Sie außerdem nicht den Fehler zu glauben, dass eine große Nachfrage im Markt und eine gute Konjunktur alleine genügen, um Forderungen nach einer Gehaltserhöhung zu stellen. An erster Stelle steht noch immer Ihre persönliche Leistung und ihr Chef wird sich von der Wirtschaftslage im Allgemeinen sicher nicht überzeugen lassen. Deshalb sollten Sie sich genau notieren, welche zusätzlichen Aufgaben Sie in den letzten Monaten übernommen haben und welche Erfolge Sie verbucht haben. Auch freiwillige (unbezahlte) Überstunden und Unterstützung der Kollegen in Bereichen, für die Sie eigentlich nicht verantwortlich sind, können dem Chef vor Augen führen, welch guten Mitarbeiter er da vor sich hat.

Vergleichen Sie Ihre Leistungen auch mit denen der Kollegen. Denn das wird Ihr Chef auch tun. Allerdings ist das auch ein Punkt, der nicht unbedingt offen auf den Tisch gehört. Denn im Zweifelsfall wirkt es so, als ob Sie die Kollegen schlecht machen wollen. Sie sollten nur sicher sein, dass Sie wirklich eine überdurchschnittlich gute Leistung abgeliefert haben, wenn Sie das behaupten.

Ist Ihre Leistung hervorragend und Sie haben sich zu einem geradezu "unverzichtbaren" Mitarbeiter entwickelt, ist jetzt tatsächlich ein guter Zeitpunkt, um über Gehaltserhöhungen zu sprechen. Gehen Sie aber niemals mit einer "entweder-oder-Haltung" in dieses Gespräch. Klappt es mit der Gehaltserhöhung nicht, können Sie vielleicht ein paar andere Extras rausholen. Stellt sich Ihr Chef stur, können Sie noch immer damit beginnen, Ihren Marktwert zu testen, in dem Sie sich bei anderen Unternehmen bewerben. Liegen Ihnen die entsprechenden Angebote auf den Tisch, ist es Zeit, das Gespräch noch einmal zu suchen. (masi)