ARM bläst zum Angriff auf 64-Bit-Server

Bis 2014 sollen Systems-on-Chip mit 64-bittigem ARMv8-Befehlssatz erscheinen, die billiger und sparsamer als x86-Prozessoren sind.

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ARMv8 bringt den AArch64-Ausführungsmodus

(Bild: ARM)

Auf der hauseigenen Konferenz ARM TechCon 2011 hat der britische Chipentwickler ARM die Katze aus dem Sack gelassen: A64 heißt die 64-Bit-taugliche Version des ARM-Befehlssatzes. Im Laufe kommenden Jahres soll die ARMv8-Spezifikation erscheinen, 2014 könnte dann die Serienproduktion erster Systems-on-Chip (SoCs) mit ARMv8-A-Kernen anlaufen. Die Zielrichtung ist klar: Vor allem geht es um Server. Interessanterweise zitiert die ARM-Pressemeldung auch einen Microsoft-Vertreter – Ende 2010 war darüber spekuliert worden, dass die Firma an ARM-tauglichen Varianten ihres Server-Betriebssystems tüftele.

Der SoC-Hersteller Applied Micro Circuits Corporation (AMCC) konnte schon eine ARMv8-Implementierung vorführen, die ein speziell kompiliertes 64-Bit-ARM-Linux ausführt. Allerdings hat AMCC diesen Prototypen inklusive Speicher-Controller und kohärentem CPU-"Fabric" in einem Virtex-6-FPGA von Xilinx realisiert. Schon 2012 will AMCC erste Entwicklermuster von ARMv8-A-SoCs liefern können, die vom Auftragsfertiger TSMC mit 40- oder 28-Nanometer-Technik produziert werden.

[Update:] 2012 will AMCC A64-kompatible Linux-Versionen gängiger Server-Tools für das Cloud-Computing bereitstellen, etwa Web-Server, Memcached oder Hadoop. [/Update].

AMCC plant ARMv8-Server-SoCs namens X-Gene, die als "Server-on-a-Chip" nicht nur mehrere CPU-Kerne enthalten, die bis zu 3 GHz Taktfrequenz erreichen, sondern auch 10-Gigabit-Ethernet-(10GE-)Adapter. Die kohärente Verbindung zwischen den CPU-Cores soll 125 GByte an Daten pro Sekunde bewältigen (1 TBit/s), eine externe Schnittstelle zur Verknüpfung mehrerer dieser ARMv8-SoCs ist für 12,5 GByte/s (100 GBit/s) ausgelegt. Im Leerlauf soll ein solches SoC mit 0,3 Watt Leistung auskommen; zum Volllastwert oder einer Thermal Design Power (TDP) machte AMCC keine Angaben. Im Vergleich zu herkömmlichen Servern – gemeint sind wohl x64- beziehungsweise x86-Systeme mit AMD Opteron oder Intel Xeon – sollen X-Gene-Maschinen "Kosten, Leistungsaufnahme und Komplexität um mehr als 50 Prozent reduzieren". Wie viel Speicher die X-Gene-SoCs genau anbinden können, wie viele Speicher-Kanäle, PCI-Express-Ports und Storage-Anschlüsse bereitstehen, verrät AMCC noch nicht.

Als vorrangigen Einsatzbereich der X-Gene-Prozessoren nennt AMCC Cloud-Server: Viele Internet-Dienstleistungen benötigen für sich genommen keine besonders hohe Rechenleistung, werden aber in Stoßzeiten von Tausenden oder gar Millionen Nutzern gleichzeitig verwendet. Billigere, kompaktere und sparsamere Server erlauben es, solche Cloud-Dienste günstiger anzubieten.

Laut ARM bringt ARMv8-A zwei Ausführungszustände, nämlich AArch64 und AArch32. In ersterem ist der neue A64-Befehlssatz nutzbar, in letzterem der 2005 vorgestellte ARMv7-Befehlssatz. ARMv8 soll den gesamten ARMv7-Funktionsumfang beibehalten oder erweitern, inklusive TrustZone, Virtualisierung und den SIMD-Funktionen NEON. Viele weitere Details erläutert eine Präsentation, die auf dem ARM-Server zum Download bereitsteht (PDF-Datei). Demnach soll sich etwa die mit dem Cortex-A15 kommende LPAE-Adressierung des Hypervisors leicht auf A64 erweitern lassen.

Noch im Januar hatte ARM-CEO Warren East Spekulationen über die A64-Entwicklung gedämpft, allerdings damals schon auf das Jahr 2014 verwiesen. ARM Lead Architect Richard Grisenthwaite erwähnte in seinem Vortrag auf der TechCon 2011 nun, dass sein Unternehmen bereits seit 2007 an dieser "größten Änderung der Architektur in der ARM-Geschichte" arbeite. Ausdrücklich wies er darauf hin, dass man kein konkretes Produkt angekündigt habe und deshalb zunächst ARMv7 etwa im Cortex-A15 die leistungsfähigste verfügbare ARM-Architektur bleibe. (ciw)