Nutzer zeigen intelligenten Stromzählern die kalte Schulter

Vom Ziel, alle Haushalte bis 2014 mit "Smart Metern" zu versorgen, seien Politik und Energiewirtschaft noch sehr weit entfernt, hieß es auf einer Konferenz zu "Green IT" in Berlin. Dies liege vor allem am Mangel flexibler Tarife.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 489 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Vom Ziel, alle Haushalte bis 2014 mit "Smart Metern" zu versorgen, seien Politik und Energiewirtschaft hierzulande noch sehr weit entfernt, hieß es am Mittwoch auf einer Konferenz (PDF-Datei) zu "Green IT" aus Nutzerperspektive in Berlin. "Es gab anfangs einen echten Hype", erklärte Siegfried Behrendt vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT). Nun aber müsse man erkennen, dass es sich immer noch um Anwendungen "in der Nische" handle.

Derzeit seien von den 44 Millionen hiesigen Haushalten erst 100.000 mit der Energieverbrauchstechnik ausgestattet, rechnete Behrendt vor. 800.000 Heime könnten einfach aufgerüstet werden könnten ("Smart Ready"). Die vielfach gewünschte Dynamik sei aber noch nicht absehbar. Voriges Jahr hätten laut einer Marktforschungsstudie 91 Prozent der Befragten den Begriff "Smart Meter" noch nicht gekannt. Von den 6 Prozent, die damit vermeintlich etwas anfangen konnten, hätte die Hälfte an eine Automarke oder Solartechnik gedacht.

Behrendt meint, es mangele an "attraktiven Geschäftsmodellen" rund um intelligente Stromzähler und das dahinter stehende "Smart Grid". Die Verbraucher befürchteten erhebliche Mehrkosten. Nur 4 Prozent wollten sich ein kostenpflichtiges, zwischen 40 und 100 Euro teures Gerät einbauen lassen. Auch eine Monatsmiete in Höhe von 15 Euro, wie sie einzelne Energieversorger anböten, rechne sich bei einer geschätzten Ersparnis zwischen 12 und 50 Euro nicht immer. Zudem fehlten flexible, für den Verbraucher attraktive neue Stromtarife gestaffelt nach Auslastungszeiten des Netzes. Datenschutzfragen seien nahezu ungeklärt und angesichts vieler proprietärer Geräte fehlten Kommunikationsstandards.

Der Druck auf die Netzbetreiber, Haushalte umzurüsten, war Behrendt zufolge lange Zeit nicht sonderlich hoch. Um die Kosten von 50 bis 100 Euro allein für den Einbau pro Anschluss zu sparen, hätten sich die Versorger darauf berufen können, dass eine Umstellung technisch und organisatorisch nicht machbar gewesen sei. Erst im Juni habe der Gesetzgeber die Einbaupflicht mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes verschärft. Fortschritte seien auch von den laufenden Arbeiten an Standards für Smart-Grid-Architekturen auf EU-Ebene und an einem Schutzprofil durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu erwarten.

Erste Feldversuche in einzelnen Siedlungen haben laut Behrendt Einsparpotenziale beim Stromverbrauch in Höhe von 7 und bei den Stromkosten in Höhe von 23 Prozent aufgezeigt. Diese Studien seien aber nicht repräsentativ. Die Bundesnetzagentur schätze einen um 1,9 bis 8 Prozent reduzierten Verbrauch. Nicht zu vergessen sei, dass die Messgeräte selbst und Anzeigesysteme im Haushalt sowie die Kommunikationsinfrastrukturen ebenfalls Strom verbrauchten.

Klaus Fichter vom Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit betonte, Anwender müssten bei komplexen Produkt- oder Dienstleistungsinnovationen eng angebunden werden. Ihnen müsse klar werden, wie sich Angebote wie Carsharing oder Elektromobilität in ihr Gesamtsystem eingebaut werden könnten. Bei jeder Art von Systemwechsel müsse der Nutzer möglichst früh einbezogen und zum Mitgestalten eingeladen werden. Nachholbedarf sah sein Institutskollege Severin Beucker auch bei adaptiven Heizungssystemen, durch die sich der Energieverbrauch um rund 20 Prozent bei Altbauten drosseln ließe.

Über mangelndes Nutzerinteresse nicht beklagen konnte sich Benjamin Thym, Geschäftsführer der Firma checkitmobile, die hinter der Smartphone-App Barcoo zum Scannen von Barcodes steht. Derzeit gebe es vier Millionen Anwender, jeden Monat kämen 200.000 weitere dazu. Mit der Software sollten nicht nur die Sparfüchsefraktion zum Preisvergleich ermuntert werden, sondern auch ökologische Informationen gewissermaßen untergejubelt werden. So habe man gemeinsam mit der "Transparenzmaschine" WeGreen eine Nachhaltigkeitsampel für Produkte integriert. Auch der CO2-Fußabdruck sei abrufbar. (anw)