"Augmented Reality als Wettbewerbsvorteil"

Das Münchner IT-Unternehmen Metaio arbeiten an 3D-Anwendungen für Firmen und Endnutzer, bei denen Computerdaten mit Echtbildern überlagert werden. Einer der Kunden: Der Spielzeughersteller Lego.

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Das Münchner IT-Unternehmen Metaio arbeiten an 3D-Anwendungen für Firmen und Endnutzer, bei denen Computerdaten mit Echtbildern überlagert werden. Einer der Kunden: Der Spielzeughersteller Lego.

Augmented-Reality-Apps auf Smartphones und Tablets gelten vielen Nutzern derzeit noch als Spielereien, mit denen man beispielsweise leichter die nächste Fastfood-Filiale finden kann oder virtuelle Spielfiguren auf einen Tisch zaubert. Das Münchner Unternehmen Metaio glaubt fest daran, dass die Kombination aus Computer- und Echtbildern eine große Zukunft hat – schon vor zehn Jahren beschäftigte sich die IT-Firma erstmals mit AR. Mittlerweile werden Anwendungen sowohl für die Industrie und den Handel als auch für Endkunden in Form eines AR-Browsers angeboten. Technology Review sprach mit Metaio-Manager Daniel Gelder über die Marktchancen.

Technology Review: Herr Gelder, Sie haben gerade zusammen mit Lego und Intel ein AR-System entwickelt, mit dem Kunden in den Filialen des Spielzeugherstellers durch das Halten einer Verpackung in eine Kamera einen Blick ins Innere werfen können. Wie funktioniert das System?

Daniel Gelder: Hier kommt die selbe Technik zum Einsatz, die wir heute bereits auf Smartphones mit unserem Junaio-Browser zur Verfügung stellen. Die Kamera identifiziert die Lego-Hülle anhand der darauf verwendeten Bilder und verfolgt dabei auch die Bewegungen des Anwenders mit der Verpackung. Am Bildschirm sieht man dann, wie eine 3D-Animation zum passenden Produkt direkt in den Händen des Nutzers dargestellt wird. Das ermöglicht eine sehr einfache und spielerische Interaktion mit dem jeweiligen Produkt und vermittelt gleichzeitig einen guten Eindruck vom fertigen Bausatz und den Größenverhältnissen.

Letztendlich funktioniert das AR-System im Geschäft dabei wie ein größeres, festinstalliertes Smartphone, vor dem ich mich bewege – nur dass dabei leistungsfähigere PC-Hardware zum Einsatz kommt. Die vergleichbare Leistung werden wir aber bereits in ein oder zwei Jahren in handlicheren Smartphones wiederfinden.

TR: Ist die verwendete Technik teuer? Oder reicht ein kostengünstiger PC?

Gelder: Die Technologie selbst begnügt sich mit handelsüblichen PCs oder Smartphones bzw. Tablets. Für den Anwender selbst entstehen im Normalfall keine zusätzlichen Kosten. Aus Markensicht müssen hingegen die Kosten für die Konzeption und Implementierung von AR berücksichtigt werden. Diese variieren je nach Umfang des unterstützen Sortiments sowie der generellen Größe des Rollouts.

TR: Wird sich Augmented Reality Ihrer Meinung nach eher auf größeren Geräten wie Tablets oder PCs verbeiten oder eher auf dem Smartphone?

Gelder: Bewegtbild und 3D-Animationen profitieren natürlich von den größeren Bildschirmen der Tablets. Wir arbeiten intensiv an der möglichst natürlichen Integration der virtuellen Objekte in die reale Umgebung, so dass die Bildschirmgröße immer optimaler genutzt wird. Wir können inzwischen virtuelle Objekte automatisch nach Schwerkraft und Anordnung im Raum darstellen. Je natürlicher sich die Inhalte einfügen, umso weniger entscheidend wird die Bildschrimgröße werden.

TR: Ihr System erkennt Bausätze, indem sie in die Kamera gehalten werden. Auf welche Merkmale achtet die Software dabei? Nutzen Sie Verfahren aus dem Bereich des maschinellen Lernens?

Gelder: Generell arbeiten wir an zwei unterschiedlichen Verfahren: die (Wieder)Erkennung von "bekannten" Objekten für die bereits eine Art virtueller Fingerabdruck hinterlegt ist, als auch die Erkennung von unserer Datenbank noch unbekannten Objekten. In beiden Fällen kommt eine Kombination aus Sensoren zum Einsatz, die in handelsüblichen Geräten zu finden sind. So verfügen moderne Smartphones beispielsweise neben GPS auch über einen Kompass zur Orientierung, sowie Neige- bzw. Kippsensoren.

Kombiniert man diese nun noch mit dem, was die Kamera erkennt, bekommt die Software eine relativ genaue Vorstellung, was der Mensch gerade sieht. Dabei kommen auch Verfahren aus dem maschinellen Lernen zum Einsatz. So können Sie zum Beispiel verschiedene 3D-Modelle eines Gartenstuhls auf ihrer Terrasse betrachten, wenn sie den Tisch schon haben. Unsere Software lernt, dass manche Stühle vor und manche hinter dem Tisch einzufügen sind.

TR: Damit die Technik im Lego-Beispiel funktioniert, müssen zahlreiche Bausätze zunächst von Außen gescannt und dann als möglichst interaktives 3D-Modell aufbereitet werden. Wie lange dauert so etwas und wie komplex ist es?

Gelder: Beim Einsatz von Verfahren für das "Abscannen" von Objekten bzw. maschinellem Lernen konzentrieren wir uns auf zwei Designaspekte: eine einfache Handhabung für jedermann und die Möglichkeit dies mit den handelsüblichen Geräten zu erreichen. Insofern sind die Hürden für den Einsatz sehr gering.

TR: Welche interaktiven Möglichkeiten haben die Kunden mit dem Modell?

Gelder: Wie die genannten Spielzeuge und Möbelstücke, können sämtliche Produkte am Nutzer oder in unserer Umgebung betrachtet werden: Ich verkaufe ein Objekt aus meiner Wohnung auf Ebay und andere Nutzer können es virtuell ausprobieren. Bei einer durch AR ergänzten Stadtführung werden historische Gebäude erkannt und mir aktuelle Angebote vor Ort gemacht. Oder das System zeigt mirwie ich die Patrone an meinem Drucker tausche.

TR: Wie lange wird es dauern, bis AR wirklich in der Mitte der Bevölkerung ankommt? Müsste beispielsweise eine Firma wie Apple her, um die Technik zu popularisieren?

Gelder: Apple hat das Smartphone dem Massenmarkt mit gutem Design und Nutzerfreundlichkeit zugänglich gemacht. Die beste AR-Anwendung zu bieten, wird in den nächsten Jahren ein entscheidender Wettbewerbsvorteil auf dem Markt der mobilen Endgeräte sein. (bsc)