Experte fordert zügigere Einführung von IPv6

Geoff Huston von APNIC warnt vor negativen Konsequenzen für das gesamte Internet, wenn IPv6 in manchen Regionen nur zögerlich eingeführt wird.

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Von
  • Monika Ermert

Wenn die Einführung von IPv6 nicht weltweit rascher angepackt wird, könnte das Internet bis zum Ende dieses Jahrzehnts in Inseln zerfallen. Das befürchtet Geoff Huston, Chefwissenschaftler der IP-Adressvergabestelle APNIC. Beim 63. Treffen des RIPE, der europäischen Schwesterorganisation von APNIC, fühlten die Adressverwalter wieder einmal den Puls von IPv4 und IPv6 im Netz und mussten eingestehen, dass IPv6 beim Endnutzer noch nicht angekommen ist. "Wir sind bei 0,3 oder 0,4 Prozent IPv6-Anteil am Datenverkehr", sagte Huston. "Das ist schlecht."

Ein Faktor für die Auseinanderentwicklung verschiedener Regionen der Welt ist nach Ansicht des Australiers, dass sie noch unterschiedlich lange über freie IPv4-Reserven verfügen (PDF). In der APNIC-Region, also in Asien und im Pazifik, ist der offene Adresspool bereits seit 19. April erschöpft. In Europa dürfte Mitte 2012 Schluss sein, in den USA ein Jahr später und noch länger reichen die IPv4-Adressen in Südamerika und Afrika. Einige Regionen werden also noch zwei Jahre länger Adressen haben und sind daher bei der Umstellung auf IPv6 noch zögerlich. "Wartet nicht mit IPv6", rief Huston, "sondern macht es jetzt."

Lebensverlängernde Maßnahmen für IPv4 wie Carrier Grade NATs, Content Delivery Networks und Application Layer Gateways könnten dafür sorgen, dass Endnutzer lange hinter Schranken zu einem offenen IPv6-Netz bleiben. Hustons Befürchtung, dass durch die Entwicklung in unterschiedliche Richtungen das einheitliche Internet sogar ganz verschwinden könnte, bezeichneten viele Experten aber als zu dramatisch. Doch die Übergänge zwischen vielen Netzsegmenten, an denen die IP-Protokolle übersetzt werden müssen, werden das Internet zumindest nicht schneller und zuverlässiger machen.

Aus Sicht mancher Experten könnten Provider die Situation der Adressknappheit ausnutzen, um neue Zollschranken im Netz zu errichten. Vielleicht kommt es nicht von ungefähr, dass gerade Google zu einem zweiten IPv6-Welttag im Juni 2012 aufgerufen hat. Nach dem ersten Welttag im vergangenen Juni war der Ipv6-Anteil am Datenverkehr nur minimal gestiegen, obwohl inzwischen immerhin rund 39 Prozent der Backbone-Netze und 50 Prozent aller Endgeräte IPv6 sprechen. (ad)