Alles was Recht ist

Je besser es der Wirtschaft geht, desto schlechter sind die Chancen, die Arbeitnehmer vor Gericht mit Kündigungsschutzklagen und ähnlichen Verfahren haben. Das ist das Ergebnis einer Studie des Wirtschaftswissenschaftlers Prof.Dr. Michael Neugart von der Technischen Universität Darmstadt, bei der die Einflussfaktoren auf juristische Entscheidungen untersucht wurden. Ausgewertet wurden insgesamt 221 Prozesse, die zwischen 2003 und 2006 an insgesamt 33 Arbeitsgerichten in der Bundesrepublik verhandelt wurden. Es handelte sich um Prozesse gegen ein und denselben Arbeitgeber – eine große Elektronik-Handelskette, die in allen Verfahren von der gleichen Anwaltskanzlei vertreten wurde. Eine hervorragende Basis für eine vergleichende Studie.

Demnach sind die Richter keinesfalls objektiv, sondern werden stark von Informationen beeinflusst, die gar nichts mit dem eigentlichen Verfahren zu tun haben. Je geringer beispielsweise die Arbeitslosenquote in einer Region ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Richter zu Gunsten des Arbeitgebers entscheiden werden. Ist die wirtschaftliche Situation hingegen eher kritisch, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, dass seine Schutzbedürftigkeit vor Gericht anerkannt wird.

Neugart und sein Co-Autor Helge Berger (FU Berlin) haben auch berechnet, welchen Einfluss andere Faktoren auf die Entscheidungen deutscher Arbeitsrichter haben. Demnach tendieren die Richter dazu, den klagenden Arbeitnehmern Recht zu geben, wenn diese Kinder haben. Auch haben Männer bessere Chancen, wenn die Kammer vor allem männlich besetzt ist, Frauen finden bei ihren Geschlechtsgenossinnen ebenfalls häufiger Gehör. Wer von einem Gewerkschafts-Anwalt vor Gericht vertreten wird, hat ebenfalls überdurchschnittlich gute Chancen zu gewinnen. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Familienstand und das Geschlecht hingegen beeinflussen die Erfolgsaussichten einer Klage nicht so stark. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)