Patentantrag für künstlich hergestelltes Bakterium eingereicht

Das Craig Venter Institute will ein Bakterium mit minimalem Genom zur Herstellung etwa von Ethanol patentieren.

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Von
  • Florian Rötzer

Craig Venter hat sich als Gründer des Unternehmens Celera und Wissenschaftler einen Namen gemacht, als er mit der schnellen "Schrotschuss"-Methode (vgl. Speed Matters) das mit öffentlichen Geldern geförderten Humangenomprojekt einholen und das menschliche Genom zeitgleich mit diesem sequenzieren konnte. Venter ist weiterhin an vielen Fronten der Biotechnologie tätig. Besonders anspruchsvoll und umstritten ist das Projekt der synthetischen Biologie, also der Erfindung von neuen Lebewesen, deren Genom künstlich zusammengesetzt wurde. Das 2006 durch den Zusammenschluss anderer Institute gegründete J. Craig Venter Institute hat nun erstmals einen Patentantrag über ein im Laboratorium hergestelltes Bakterium eingereicht.

Schon 1999 hatte Venter die Herstellung von künstlichen Mikroorganismen angekündigt und das Minimal Genome Projekt an dem von ihm gegründeten Institute for Genomic Research gestartet. Ziel der Forschung war es, anhand von Mycoplasma genitalium, des einfachsten Bakteriums mit nur 480 Genen, herauszufinden, wieviel Gene zur Lebensfähigkeit notwendig sind. Dazu wurden nacheinander einzelne Gene entfernt und überprüft, ob das Bakterium noch überlebensfähig ist. Hat man die einfacher zu konstruierende genetische Minimalausstattung gefunden, dann ließe sich dieses Bakterium durch weitere spezifische Gene für bestimmte Aufgaben exakt zuschneidern.

2003 hatte Venter bekannt gegeben, dass es seine Wissenschaftler erstmals geschafft hätten, einen Virus in nur zwei Wochen aus künstlich hergestellten Genstücken zu bauen. Dabei handelt es sich um den Bacteriophagen PhiX174, dessen kreisförmiges Genom in einer Proteinhülle aus 5.368 Basenpaaren besteht. Das künstlich hergestellte Virus war in der Lage, sich fast genau so wie seine natürlichen Verwandten in das Genom von Bakterien einzubauen, sich darüber zu reproduzieren und die Wirte zu töten.

Schon seit Jahren wird das Projekt der synthetischen Biologie u.a. auch vom US-Energieministerium gefördert, das hofft, so Bakterien herstellen zu können, mit denen sich auf biologischer Grundlage die Emission von Treibhausgasen reduzieren oder Energie herstellen lassen. Am 31. Mai hat das Venter Institute einen Patentantrag für das künstlich hergestellte "Mycoplasma laboratorium" eingereicht. Dessen minimalisiertes Genom würde aus 350-381, maximal aus 450 Genen bestehen, also 30-130 weniger Gene als beim natürlich vorkommenden Bakterium Mycoplasma, das als Grundlage dient. Zudem würde in das Genom eines oder mehrere von jeweils aus drei Genen bestehenden Genverbänden eingefügt werden, die dazu dienen, Phosphat aufzunehmen, Lipoprotein herzustellen und/oder Glycerophosphoryl Diester Phosphodiesterase zu bewirken sowie bestimmte RNA-Stränge zu codieren.

Das so durch das Einfügen der Gene in eine Zelle hergestellte Bakterium könne in einer Umgebung, die frei von Stress ist und die notwendigen Nährstoffe enthält, autonom leben und sich reproduzieren. Aufgrund von Experimenten konnten 101 Gene identifiziert werden, die zum Leben nicht notwendig sind. Das Patent erstreckt sich auf die Identifizierung der nicht-notwendigen Gene, die Herstellung eines autonom lebenden Bakteriums, die Feststellung der Funktionen von Genen, indem sie in einem Bakterium ausgeschaltet, ersetzt oder mutiert werden, und die Herstellung von solchen Bakterien, die Wasserstoff oder Ethanol produzieren, woraus sich Bio-Treibstoffe herstellen oder womit sich Treibhausgase abbauen lassen. Möglicherweise ließen sich so große Profite etwa für die kostengünstige Herstellung von Bio-Treibstoffen erzielen, die derzeit massiv im Kommen sind. Allerdings kann Ethanol auch bereits durch andere, nur genveränderte Bakterien wie E. Coli hergestellt werden.

Ob bereits ein solches künstliches und überlebensfähiges Bakterium hergestellt wurde, geht aus dem Patentantrag nicht hervor. Auf Anfrage von Medien wollte sich Venter, dessen Firma bereits von Kritikern als "Microbesoft" der Biologie bezeichnet wird, nicht konkret äußern, sagte aber, man sei nahe dran.

In einem Bericht über synthetische Biologie hatte die kanadische Umweltorganisation Action Group on Erosion, Technology and Concentration (ETC) mit Verweis auf die Aktivitäten Venters davor gewarnt, dass die Herstellung künstlichen biologischen Lebens nicht nur Vorteile habe: "Letztlich bedeutet künstliche Biologie billigere und leicht zugängliche Mittel zur Herstellung von biologischen Waffen, gefährlichen Pathogenen und künstlichen Organismen, die eine ernsthafte Bedrohung für die Menschen und den Planeten darstellen können. Die Gefahr besteht nicht nur im Bio-Terror, sondern auch im Bio-Error."

Ein Sprecher der Organisation forderte, dass das Patentamt den Antrag abweisen soll, weil damit ein "kommerzielles Wettrennen auf die Herstellung und Privatisierung von künstlichen Lebensformen" einsetze, das zu ähnlichen Monopolen wie im Softwarebereich führen könne. Die Gruppe will auch eine Klage beim Patentamt einreichen. "Zum ersten Mal", so Pat Mooney von ECT, "hat Gott Konkurrenz bekommen." (fr)