Messfühler unter der Matratze

Das Start-up Bam Labs hat eine neue Sensormatte auf den Markt gebracht, die die Qualität des Schlafes messen kann.

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  • Tom Simonite

Das Start-up Bam Labs hat eine neue Sensormatte auf den Markt gebracht, die die Qualität des Schlafes messen kann.

Gadgets und Apps, mit denen sich die Nachtruhe elektronisch überwachen lässt, werden nicht nur im Rahmen der "Quantified Self"-Bewegung immer populärer. Normalerweise muss man dafür allerdings einen Messfühler am Handgelenk oder ein Stirnband tragen. Das kalifornische Start-up Bam Labs hat nun eine bequemere Lösung entwickelt: Eine Sensor-Fläche, die Herzfrequenz, Atmung, Bewegungen und andere nächtliche Gesundheitswerte erfassen kann und dabei einfach unter die Matratze gelegt wird.

"Um unsere Technik zu nutzen, muss man nur zu Bett gehen. Die Daten erreichen dann automatisch Web-Dienste und Apps", sagt Richard Rifredi, Präsident der Firma. Die Sensorfläche besteht aus einer dünnen, luftgefüllten Matratzenunterlage, die an Isomatten erinnert, wie sie Camper kennen. Eine Messelektrode in der Ecke erfasst Fluktuationen im Luftdruck. Diese entstehen schon dann, wenn das Herz des Nutzers schlägt – und entsprechend stärker, wenn er sich dreht oder gar aufsteht.

Die Daten werden drahtlos an eine Empfangsbox weitergeleitet, die wiederum mit dem Internet verbunden ist. Von dort aus geht es auf Cloud-Server, wo die Messwerte dann als Herzschläge, Atmung oder Bewegungen interpretiert werden. Die verarbeiteten Infos lassen sich schließlich über eine iPhone-App oder ein Online-Kontrollfeld betrachten. Dort werden auch Trends über einen zeitlichen Verlauf präsentiert und Schlafqualität und -dauer aufgeführt.

Bam Labs verkauft eine erste Version des Produkts, das auf den Namen "Touch-free Life Care" (TLC) hört, an Altenheime, wo es auch eine erste Testphase gab. "2012 werden wir verstärkt zusätzlich in die Bereiche Krankenhäuser und Heimanwender gehen", erläutert Rifredi.

Im Pilotversuch in den USA und in Japan wurde TLC beispielsweise verwendet, um Warnsignale an das Pflegepersonal weiterzuleiten, sollte ein Bewohner drohen, aus dem Bett zu stürzen. "Das Messsystem sorgt für mehr Privatsphäre, weil die Menschen nicht ständig ertragen müssen, dass das Personal kommt und prüft, ob alles in Ordnung ist", sagt Rifredi. Die Software zur Sensorunterlage bietet noch weitere Daten. Ein Altenheim in Los Gatos verwendet TLC unter anderem, um den Schlaf der Bewohner zu messen. So lassen sich medizinische Probleme früher erkennen.

Bam Labs will mit erweiterten Versionen der Sensorunterlage später auch chronische Krankheiten managen helfen. "Wenn jemand TLC einsetzt und ermittelt, wie die Daten ausfallen, wenn er gesund ist, könnten Ärzte oder Pfleger sofort alarmiert werden, wenn sich etwas ändert. Das hilft bei der Früherkennung", sagt Rifredi.

Solche Sleeptracker könnten Menschen helfen, Probleme zu entdecken, bevor Ärzte auf sie aufmerksam werden, meint auch Jo Sollet, Forscherin am Schlaflabor der Harvard Medical School, die selbst einen der Hersteller der Geräte berät. "Unser Gesundheitssystem ist auf den Bereich Schlafforschung bislang kaum eingestellt." Der nun ermittelbare Datenschatz sei daher sehr wertvoll.

Die Tatsache, dass das Bam-Labs-Gerät auch das Krankheitsbild der Schlafapnoe erkennt, bei der es zum temporären Atemstillstand kommt, liefere ein gutes Beispiel, meint Sollet. "Das ist normalerweise extrem schwer zu erkennen, weil die Symptome unspezifisch sind – Müdigkeit, hoher Blutdruck oder Gewichtszunahme, beispielsweise." Für Krankenhäuser scheint TLC auch deshalb gut geeignet zu sein, weil der Sensor unter der Matratze steckt. Konventionelle Messgeräte, die der Patient am Körper tragen muss, lösen sich gerne, was zu Fehlalarmen und falschen Daten führt. "Ein hoher Prozentsatz der Sensorwarnungen in einer typischen Intensivstation stimmen nicht", sagt Sollet.

Die Bam-Labs-Unterlage könnte außerdem von entlassenen Patienten zuhause weiter verwendet werden. Dort lassen sich Daten erfassen, an die kein Arzt oder Pflegepersonal normalerweise herankommt. "Nett daran ist vor allem, dass es nicht stört und den Menschen nicht das Gefühl gibt, sie seien unter medizinischer Beobachtung", meint Sollet. (bsc)