Google Music: Musik-Cloud bekommt MP3-Shop

Google will Apples iTunes Konkurrenz machen: Der Internet-Konzern hat seinen Cloud-Musikdienst zur Synchronisation von Musiksammlungen über Rechner und Android-Smartphones für die US-Kundschaft geöffnet und um einen MP3-Shop für Android erweitert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 118 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Sven Hansen

Auch wenn man außerhalb der USA schon Zugriff auf Googles Musik-Synchronisationsdienst hatte, kann man den Online-Musikshop noch nicht nutzen

Über zwei Jahre nach den ersten Gerüchten, dass Google einen Musikservice plane, hat der Internet-Riese auf seiner Veranstaltung "These go to eleven" in Los Angeles den offiziellen Startschuss gegeben: Der bisher nur als geschlossene Beta verfügbare Cloud-Musikdienst Google Music steht ab sofort allen US-Kunden auch ohne vorherige Einladung offen, ein angeschlossener MP3-Shop mit derzeit 8 Millionen Tracks soll iTunes Konkurrenz machen. Google führt Verhandlungen mit weiteren Labels und hofft, das Angebot in Kürze auf 13 Millionen Tracks aufstocken zu können. Google ist damit gegenüber den Apple-Offerten und anderen Streaming-Diensten wie Napster, Spotify oder Simfy zwar spät dran, hofft aber offensichtlich, mit der großen Zahl von Android-Usern auch bei seinem Musik-Dienst punkten zu können.

Jeder Nutzer von Google Music kann kostenlos bis zu 20.000 Musikstücke bei dem Cloud-Dienst hochladen und streamen – einen Abgleich mit dem Google-Music-Katalog à la iTunes Match gibt es nicht; die Musik-Library kann aber über den Cloud-Dienst von verschiedenen Rechnern aus synchronisiert und abgerufen sowie auf Android-Smartphones angehört werden.

Neu ist die Möglichkeit, von Google Music aus Titel einzukaufen. Google hat Verträge mit EMI, Universal und Sony Music und zahlreichen Independent-Labeln geschlossen, Titel von Warner Music fehlen derzeit. Die Musik wird DRM-frei im MP3-Format mit 320 kBit/s angeboten und lässt sich sowohl über den Browser als auch über den Market von Android-Devices (ab Android 2.2) erwerben. Gekaufte Titel landen automatisch in der Cloud und tauchen in der bisher nur für den Upload zuständigen Desktop-Applikation Google Music Manager zum Download auf. Die Musik lässt sich auf allen mit dem Konto verbundenen Geräten auf Wunsch zur Offline-Nutzung herunterladen.

Das Shop-System enthält sowohl redaktionell bearbeitete Musiktipps als auch ein automatisiertes Vorschlagssystem. Jeden Tag will Google darüber hinaus einen kostenlosen Song namhafter Künstler anbieten, angefangen bei David Bowies "Sound and Vision". Neue Wege beschreitet das Unternehmen bei der sozialen Vernetzung: Via Google+ kann man gekaufte Musik den dort hinterlegten Kreisen vorschlagen, jede Kontaktperson darf die so vorgeschlagene Musik einmalig in voller Länge anhören – egal ob Einzeltitel oder komplettes Album.

Ebenfalls neu ist der sogenannte "Artist Hub", der es Musikern (momentan ebenfalls nur in den USA) gegen eine einmalige Gebühr von 25 US-Dollar gestattet, eine eigene Künstlerseite einzurichten und ihre Titel direkt über Google Music zu vertreiben. Die Preise können die Künstler selbst bestimmen, 70 Prozent aller Erlöse werden direkt an sie ausgeschüttet. Derzeit sind nach Angaben von Google über 200 Millionen Android-Geräte registriert, damit hat sich die Anzahl seit Mai diesen Jahres verdoppelt.

In den USA startet Google den Dienst in Kooperation mit T-Mobile US, deren Kunden via Google Music besondere Gratistitel erhalten werden. Zudem soll es Exklusivinhalte einzelner Künstler geben, unter anderm von Shakira, Busta Rhymes, Coldplay und den Rolling Stones. Google Music ist ab sofort via Webbrowser in den USA verfügbar, der modifizierte Android Market und die passende Google-Music-App sollen in Kürze folgen. Zum internationalen Start des Dienstes machte Google keine Angaben; wer außerhalb der USA den bisherigen Beta-Dienst nutzen konnte, hat derzeit keinen Zugriff auf den Online-Shop innerhalb von Google Music. Alle Details zum neuen Angebot hat Google in einer "Tour" zusammengestellt.

Update:

Derzeit lässt sich Googles neuer Musikdienst ausschließlich über den Webbrowser nutzen. In einem ersten Hands-on gelang problemlos der Zugriff auf den Shop, sobald man die IP-Adresse via VPN in die USA verlagert hatte. Auf der auch aus Deutschland erreichbaren Startseite music.google.com hat sich
wenig verändert. Der Shop-Link im oberen rechten Bildschirmbereich öffnet in einem weiteren Fenster den neuen Musik-Bereich des Android Market. Auf der recht schlicht gehaltenen Seite kann man bequem nach Musik stöbern und einzelne Titel bis zu 90 Sekunden lang vorhören.

Albenpreise variieren um 10 US-Dollar, Einzeltitel sind meist für 1 US-Dollar zu haben. Für den Kauf benötigt man eine Kreditkarte mit US-amerikanischer Rechnungsadresse. Googles Music Manager für Windows steht bereits in der aktualisierten Version 1.0.22 bereit – neben dem Upload erlaubt er nun auch den gebündelten Download der gekauften Titel auf den PC. Einzelne Titel kann man auch direkt per den Browser herunterladen.

Der um den Bereich Musik erweiterte Market für mobile Android-Geräte scheint noch nicht verfügbar zu sein. Der mobile Musikeinkauf ist daher noch nicht möglich. Dafür kursiert im Netz bereits die Version 4.0.9 der Music App für Android, die allerdings nur kleinere grafische Veränderungen bringt. Für deutsche Nutzer von Googles Cloud-Service ändert sich somit wenig, sie können sich aber zumindest über den
weiterhin kostenlosen Zugriff auf die Cloud-Inhalte freuen. Ohne US-Kreditkarte bleibt einem der Zugang zu Googles MP3-Shop verwehrt. (sha)