Algorithmus für schöne Fotos

Eine neue Bilderkennungssoftware bewertet digitale Aufnahmen nach ästhetischen Kriterien.

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Von
  • David Talbot

Eine neue Bilderkennungssoftware bewertet digitale Aufnahmen nach ästhetischen Kriterien.

Forscher am Xerox Research Center Europe im französischen Grenoble haben eine Software entwickelt, die Bilder nicht nur anhand ihres Inhalts sortieren kann, sondern auch auf gestalterische Aspekte wie Ausleuchtung, Bildausschnitt und Motivruhe achtet.

Der Algorithmus, der sich derzeit noch in einer Prototypphase befindet, soll bald Nutzern dabei helfen, Alben mit Hunderten von digitalen Aufnahmen nach den besten Shots abzusuchen – beispielsweise aus dem Wust an Fotos, die bei einem Familienurlaub entstehen. Die Technik könnte auch Stock-Photo-Agenturen helfen, Bilder nach ihrer Qualität zu sortieren. Mit passender Hardware ließe sich das System sogar direkt in Kameras einbauen, meinen die Xerox-Forscher. Dort könnten Nutzer dann gleich eine Vorauswahl treffen, um Speicherplatz zu sparen.

"Das System zeigt, dass man keinen Menschen mehr braucht, um Bilder auszuwählen, die als schön gelten", meint Aude Oliva, Juniorprofessorin für Kognitionswissenschaften am MIT, die selbst an Bilderkennungsverfahren arbeitet. "Man kann diesen Algorithmus laufenlassen und erhält gute Näherungswerte."

Xerox will die neue Software bereits im nächsten Jahr in einer Beta-Version an Partnerfirmen geben. "Dazu gehören Grafikdesignunternehmen, Fotobuchanbieter und Agenturen", sagt Craig Saunders, Leiter der Forschergruppe. "Das sind alles Kunden, die große Bildmengen verarbeiten müssen."

Das Xerox-System arbeitet mit Techniken aus dem maschinellen Lernen – es ermittelt die Qualität von Bildern über den Vergleich mit anderen Aufnahmen, die öffentlich im Internet präsentiert und als gut bewertet werden. Dabei wird Facebook ebenso eingesetzt wie der Bilderdienst Flickr. Daraus ergeben sich dann Ähnlichkeitsmuster, die sich als Datenbasis nutzen lassen.

Wenig überraschend entsprechen diese Charakteristika dem, was Experten schon als gute Fotos bezeichnen. Die besten Porträts haben beispielsweise indirektes Licht und einen verschwommenen oder einfarbigen Hintergrund, damit der Fokus auf der Person bleibt. Gute Strandaufnahmen enthalten oft samtig wirkende Wellen, ein Trick, der sich durch lange Verschlusszeiten ergibt. Viele Fotos sind außerdem deshalb schön, weil sie die Drittelregel einhalten: Die Bildgegenstände sind in drei Zonen auf dem Bild verteilt. "Wir versuchen zu lernen, welche dieser Eigenschaften eine Aufnahme "gut" machen", sagt Saunders, dessen Gruppe einige Demonstrationsaufnahmen ins Netz gestellt hat.

Die Technik baut auf früheren Forschungsarbeiten bei Xerox und anderen Institutionen auf, die Bilder nach Art sortieren. Dabei wird ein passendes visuelles Vokabular bestimmt. Ecken und Kanten könnten Gebäude sein, runde Formen Reifen und grüne Bereiche Landschaften. Dabei nutzt man oft im Internet veröffentlichte Fotos, die bereits korrekt "getaggt" wurden – von Menschen.

Bei Xerox arbeitet man daran, nicht nur die Genauigkeit dieser Methoden zu verbessern, sondern auch deren Effizienz zu erhöhen. Eines der Sortiersysteme der Firma kann mittlerweile Bilder mit ähnlichen Charakteristika mit einer Geschwindigkeit von fünf Millionen Stück pro Sekunde durchforsten.

Xerox plant, demnächst Klassifizierungswerkzeuge als Cloud-Dienste anzubieten. Eine erste Facebook-Anwendung namens Catepix kann beispielsweise prüfen, ob eine Aufnahme ein Porträt oder eine Landschaft darstellt – daraus lässt sich dann auf die Fotografenpersönlichkeit schließen. Dazu müssen allerdings genügend Bilder vorhanden sein. Eine Handvoll reicht nicht. (bsc)