Was bei Rabattaktionen zu beachten ist

Rabatt- und Auktionsplattformen sind bei Kunden beliebt. Doch auch nach der Aufhebung des Rabattgesetzes gelten für solche Angebote klare Regeln.

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Den Anfang machte die Textilindustrie, dann folgten die anderen Branchen: Auktionsplattformen sind in Mode gekommen und bieten in zeitlich befristeten Auktionen scheinbar stark reduzierte Markenware an. Tatsächlich wird aber oft nur Ware der vergangenen Saison angeboten, die sich sonst auch nur noch verramschen ließe. Bei Rabattplattformen ist der Rabatt selbst Geschäftsmodell geworden. Das wirft wettbewerbsrechtlich zahlreiche Fragen auf. Thomas Seifried, Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Gibt es rechtliche Besonderheiten bei Rabattaktionen?

Seifried: Die Aufhebung des Rabattgesetzes vor zehn Jahren hat bisweilen den Eindruck erweckt, Rabatte seien nunmehr grenzenlos zulässig. Das stimmt aber nicht. Es gibt nach wie vor Bereiche, in denen es gesetzliche Rabattverbote oder Rabattbeschränkungen gibt, beispielsweise beim Verkauf neuer Bücher an Endabnehmer oder in der Heilmittelwerbung. Grundsätzlich müssen auch in einer Rabattaktion alle Angaben wahr und richtig sein. Es muss grundsätzlich klar sein, wer unter welchen Bedingungen welchen Nachlass auf welchen Preis erhält. "Preiswahrheit" und "Preisklarheit" gelten auch hier. Das heißt: Auch bei Rabattaktionen müssen die Endpreise inklusive aller Preisbestandteile wie Steuern und Versandkosten angegeben werden. Ausnahmen gelten im Wesentlichen nur, wenn sich die Werbung ausschließlich an Gewerbetreibende richtet oder wenn die Rabattaktion zu einem bestimmten Datum endet.

Thomas Seifried ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Die Seifried IP Rechtsanwälte mit Sitz in Frankfurt a. M. vertreten und beraten bundesweit mittelständische Unternehmen im Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Werberecht, Geschmacksmusterrecht und Internetrecht in den Branchen Werbung, Internet (Plattformen, Portale), Groß- und Einzelhandel, Mode und Textil.

Muss bei Rabatten der Anfangspreis tatsächlich auch einmal gefordert worden sein oder kann er auch vor der Auktion heraufgesetzt werden?

Seifried: Ein Rabatt kommuniziert ja zwei Preise: Einen ursprünglichen Referenzpreis und einen aktuellen Preis. Der anfänglich hohe Referenzpreis soll die Qualität des Produkts ausdrücken, der aktuelle günstige den Vorteil für den Käufer, ohne dass zugleich der niedrige Preis das Qualitätsversprechen beschädigt. Der Rabatt umgeht also das Preisdilemma, dass man mit geringen Preisen eben auch eine geringe Qualität verbindet. Das kann dazu verleiten, es mit dem ursprünglichen Referenzpreis nicht ganz genau zu nehmen. Der ursprüngliche Preis muss aber nach dem Gesetz zuvor tatsächlich länger als nur unangemessen kurz gefordert worden sein. Ein Beispiel:

Der Praktiker-Baumarkt hatte im Januar 2005 in einer einwöchigen Aktion mit dem Slogan "20 % auf alles, ausgenommen Tiernahrung", geworben und zum Aktionsbeginn bei einem Teil seiner Waren die Preise erhöht.

Das war nach Ansicht des BGH (Urteil v. 20.11.2008, Az.: I ZR 122/06) irreführend: Der ursprüngliche Preis müsse unmittelbar vor Beginn der Rabattaktion auch tatsächlich angemessen lange gefordert worden sein. Auch eine Besonderheit des Falls spielte keine Rolle: Bis eine Woche vor Beginn der Rabattaktion war der zum Beginn der Rabattaktion erhöhte Preis für längere Zeit tatsächlich der "Normalpreis" gewesen. Es komme allein auf die Situation unmittelbar vor der Rabattaktion an, meinte der BGH.

In einem Prozess muss übrigens – abweichend von der üblichen Regelung – derjenige, der mit einem Rabatt wirbt, nachweisen, dass er zuvor für eine längere Zeit den ursprünglichen Preis auch tatsächlich verlangt hat. Er kann also nicht darauf vertrauen, dass ihm ohnehin niemand nachweisen kann, dass der ursprüngliche Preis nur ganz kurz gefordert wurde.

Es muss sich aber aus der Werbung auch ergeben, worauf sich der ursprüngliche Preis bezieht: Auf den eigenen früheren Preis, die Preisempfehlung des Herstellers oder den Preis eines Konkurrenten. Auch Angaben wie "Listenpreis" oder "Katalogpreis" können irreführend sein, wenn nicht klar ist, welche Liste oder welcher Katalog gemeint ist.

Darf man mit unverbindlichen Preisempfehlungen aus der vergangenen Saison oder aus der Zeit werben, in der beispielsweise eine Software noch aktuell war? In Angeboten wird oft nicht darauf hingewiesen, dass es sich nicht um aktuelle Produkte handelt und die genannten Preisempfehlungen längst nicht mehr durchsetzbar sind.

Seifried: Es muss klar sein, was die Referenzpreise sind. Auch mehrdeutige Angaben sind unzulässig. Wird in einem aktuellen Angebot auf einer Verkaufsplattform ohne weitere Hinweise ein ursprünglicher Referenzpreis lediglich als "UVP" angegeben, wird man davon ausgehen müssen, es handele sich um die derzeitige unverbindliche Herstellerpreisempfehlung. Relevant ist das vor allem bei zeitempfindlicher aber nicht mehr aktueller Ware, die sich an sich nur noch verramschen ließe. Wenn der angegebene Preis sich also tatsächlich auf einen Zeitpunkt bezieht, in dem die Ware noch aktuell war, dieser Preis sich aber inzwischen gar nicht mehr durchsetzen lässt, ist das irreführend. Ist z. B. eine angebotene Software inzwischen veraltet oder stammt ein angebotener Damenstiefel aus der vergangenen Saison, darf man mit ursprünglichen Referenzpreisen nur dann werben, wenn man darauf hinweist, dass diese aus der Zeit stammen, in der die Ware noch aktuell war.

Kann eine befristete Rabattaktion – z.B. "30 % auf alles bis zum Ende des Monats" – verlängert werden, wenn sich die Aktion als erfolgreich herausstellt?

Seifried: Rabattaktionen, die zu einem vorher bestimmten Kalendertag, z.B. "am 31.3.2012" enden, haben den Vorteil, dass hier nach der Preisangabeverordnung der ermäßigte Preis nicht ausgerechnet angegeben werden muss. Es reicht, wenn er mit Hilfe des ursprünglichen Preises und des Rabattes berechnet werden kann. Darüber, ob eine zunächst begrenzte Auktion verlängert werden kann, etwa um eine Woche, sind sich die Gerichte nicht einig. Das OLG Hamm war in einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 (Urteil v. 8.9.2009, Az.: 4 U 95/09) der Ansicht, ein Unternehmer müsse seine Geschäftspolitik nicht offenlegen und könne eine Rabattaktion sogar zweimal verlängern. Überwiegend ist man allerdings anderer Meinung. Das OLG Düsseldorf beispielsweise widerspricht dem OLG Hamm ausdrücklich: Die "angesprochenen Verkehrskreise" würden bei einer zeitlichen begrenzten Aktion erwarten, dass diese Gelegenheit so schnell nicht wiederkomme. "Jetzt oder nie" sei sozusagen die Devise (z.B. OLG Düsseldorf, Urteil v. 13.04.2010, Az.: I-20 U 186/08, 20 U 186/08). Wer also das Ende einer Rabattaktion ankündigt, sollte sie auch zu diesem Datum beenden.

Gibt es eine zeitliche Untergrenze für Rabattaktionen? Wären also auch ganz kurze Aktionen zulässig?

Seifried: Eine feste gesetzliche Mindestdauer für Rabattaktionen gibt es nicht. Die Grenze zieht die Rechtsprechung inzwischen recht großzügig. Ein 19-prozentiger Rabatt des Mediamarkts auf Haushaltsgeräte für einen Tag wurde als zulässig angesehen (BGH, Urteil v. 31.3.2010, Az.: I ZR 75/08). Ob auch kürzere Fristen zulässig sind, wurde bisher nicht entschieden. Rabattaktionen von nur wenigen Minuten Dauer, könnten Gerichte aber durchaus als unangemessene Beeinflussung ansehen. Auf jeden Fall unzulässig ist es aber, wenn in einer Aktion der Eindruck erweckt wird, die Waren seien nur sehr kurz verfügbar, obwohl das tatsächlich nicht der Fall ist.

Wie lange muss eine Ware verfügbar sein? In manchen scheinbar attraktiven Lockvogel-Angeboten ist das nur für wenige Minuten der Fall.

Seifried: Eine Pflicht, für eine Werbeaktion einen bestimmten Warenvorrat anzulegen, gibt es an sich nicht. Wenn ein Unternehmer seine Waren oder Dienstleistungen aber Verbrauchern anbietet und damit rechnet, dass er nicht für einen angemessenen Zeitraum liefern kann, muss er schon in der Werbung darauf hinweisen. Sonst ist die Werbung ebenfalls unlauter. Was ein "angemessener Zeitraum" ist, sagt das Gesetz zwar nicht, reicht der Vorrat aber weniger als zwei Tage, muss der Werbende nachweisen, dass aus seiner Sicht der Vorrat angemessen disponiert war. Dabei muss man berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung ein Verbraucher im Internetversandhandel erwartet, dass die Ware sofort versendet werden kann (BGH BGH GRUR 2005, 690 – Internet-Versandhandel).

Gibt es Besonderheiten bei Angeboten auf Rabattplattformen wie beispielsweise "groupon.de"?

Seifried: Auch hier gelten die Grundsätze der Preiswahrheit und Preisklarheit. Gerne wird auf Rabattplattformen mit Rabatten auf Preise geworben, die sonst gar nicht gefordert werden. Oder der Rabatt bezieht sich auf ein abgespecktes Angebot. Das ist unzulässig. Regelmäßig findet man auch Rabatte auf Dienstleistungen von Ärzten; Schönheitsoperationen etwa, oder Botoxbehandlungen. Verkammerte Berufsgruppen sind aber an ihre Gebührenordnung gebunden, die Rabatte regelmäßig nicht erlauben. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)