Angriff mit der Turbo-Schmelze

Zwei neue Verfahren für die Herstellung leistungsfähiger Siliziumkristalle könnten die Dominanz Chinas auf dem Solarmarkt schwächen.

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Von
  • Kevin Bullis

Zwei neue Verfahren für die Herstellung leistungsfähiger Siliziumkristalle könnten die Dominanz Chinas auf dem Solarmarkt schwächen.

Wie in vielen Industrien dominiert China längst auch die Fertigung von Solarmodulen – zum Leidwesen deutscher, amerikanischer und japanischer Hersteller. Zwei neue Technologien für die Produktion von hochwertigem kristallinem Silizium könnten das Spiel womöglich ändern – und Unternehmen außerhalb Chinas einen Vorteil verschaffen. GT Advanced Technologies, einer der größten Hersteller von Silizium-Schmelzöfen, will sie 2012 auf den Markt bringen.

In den Öfen werden gewöhnlich aus einer hochreinen Siliziumschmelze lange zylindrische Blöcke geformt. Diese so genannten Ingots sind riesige Kristalle aus Silizium, die anschließend in dünne Scheiben zersägt werden. Diese Wafer wiederum bilden das Ausgangsmaterial für Solarzellen.

Monokristalline Zellen haben einen etwas höheren Wirkungsgrad als polykristalline Zellen, deren Ingots gegossen oder in Tiegeln zusammengeschmolzen werden. Weil dabei Zonen unterschiedlicher Kristallisierung entstehen, fließen die Ladungsträger in polykristallinem Silizium nicht ganz so leicht, was die Stromausbeute ein wenig senkt. Dafür ist die Herstellung von polykristallinem billiger.

Mit dem einen der neuen Verfahren, „Monocast“ genannt, lassen sich Schmelzöfen für polykristallines Silizium nun so umrüsten, dass sie auch „Quasi-Einkristalle“ produzieren können. GT Advanced Technologies testet Monocast derzeit mit dem koreanischen Solarzell-Hersteller Nexolon. Auch einige andere Unternehmen wie Suntech aus China oder ALD aus den Niederlanden arbeiten an ähnlichen Verfahren.

Spannender ist aber die zweite Technologie „HiCz“, ursprünglich von der Firma Confluence Solar entwickelt, die GT Advanced Technologies im August für 60 Millionen Dollar gekauft hat. HiCz ist eine neue Variante des bekannten Czochralski-Verfahrens. In dem wird auf einer Siliziumschmelze ein „Impfkristall“ platziert, um den herum das anliegende flüssige Halbleitermaterial in derselben Kristallstruktur erstarrt. Die Ingots entstehen dann, indem man den Impfkristall aus der Schmelze zieht und das auskristallisierte Silizium folgt, bis der Schmelztiegel leer ist.

Dank des HiCz-Verfahrens könnten Einkristalle bald um bis zu 40 Prozent billiger werden. Denn anders als im Czochralski-Verfahren kann hierbei die Siliziumschmelze kontinuierlich nachgefüllt werden, während ein enorm langer Ingot immer weiter herausgezogen wird. Zudem lassen sich im laufenden Betrieb gezielte Verunreinigungen wie Phosphor oder Gallium hinzufügen. Phosphor wirkt im Silizium-Kristall wie ein Defekt, weil es ein Valenzelektron mehr hat als der Halbleiter. Das zusätzliche Elektron verbessert den Ladungstransport im Silizium.

Hochleistungszellen aus derart verunreinigtem – „dotiertem“ – Silizium sind deshalb leistungsfähiger. Zum Vergleich: Während eine Solarzelle aus polykristallinem Silizium in vollem Sonnenlicht eine Leistung von 230 Watt erreichen kann und eine monokristalline Zelle 245 Watt, bringen es phosphor-dotierte monokristalline Zellen auf 320 Watt. Wegen der hohen Herstellungskosten liegt ihr Anteil an den weltweit installierten Solarmodulen aber nur bei zehn Prozent.

Die meisten chinesischen Hersteller konzentrieren sich auf die billiger zu produzierenden polykristallinen Zellen, die in gut 50 Prozent aller Solarinstallationen genutzt werden. Einige westliche Konkurrenten wie die US-Firma Sunpower hingegen, die seit längerem auf monokristalline Hochleistungszellen setzen, dürften nun vom HiCz-Verfahren besonders profitieren.

„Das könnte zu Verschiebungen auf dem Solarmarkt führen“, sagt Vikram Singh, Leiter der Photovoltaik-Abteilung von GT Advanced Technologies – hin zu Hochleistungssolarzellen, die Wirkungsgrade zwischen 22 und 24 Prozent aufweisen. Standard ist derzeit 16 bis 18 Prozent, für poly- bzw. monokristalline Zellen. Ein höherer Wirkungsgrad bedeutet, dass die Kosten pro Watt installierter Leistung sinken. (nbo)