Harsche Kritik am geplanten zweiten Antispam-Gesetz

Sowohl von politischer als auch von technischer Seite mehren sich Stimmen, die das Konzept der Bundesregierung scharf kritisieren.

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Von
  • Holger Bleich

Mit ihrem Konzept zur Spam-Bekämpfung erntet die Bundesregierung kräftigen Gegenwind. Sowohl von politischer als auch von technischer Seite mehren sich Stimmen, die das geplante zweite Antispam-Gesetz scharf kritisieren. Am 18. Februar hatten die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen den Gesetzentwurf (PDF) eingebracht, mit dem die Regeln für unerwünschte Werbe-E-Mails verschärft werden sollen. Danach sollen den Absendern unter anderem Geldbußen bis zu 50.000 Euro drohen, wenn sie versuchen, ihre Identität zu verschleiern. Zudem soll künftig bei massenhaft verschickten E-Mails schon in der Betreffzeile erkennbar sein, dass es sich dabei um kommerzielle Werbung handele.

"Der von den Regierungsfraktionen vorgelegte Entwurf ist nicht dazu geeignet, die Spam-Flut effektiv zu bekämpfen", erklärte nun Martina Krogmann, die Internet-Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Vernünftig sei lediglich die Verfolgung von Header-Manipulationen. Die Verschleierung des werbenden Charakters einer E-Mail sei in der Praxis schwer nachzuweisen und könne zu einer "unnötigen Belastung der Gerichte" führen.

"Obwohl die Koalitionäre fast ein Jahr gebraucht haben, um die Anregungen der CDU/CSU in Gesetzesform zu gießen, bleibt die Unsitte des Spammings in Gästebüchern, Foren etc. unberücksichtigt", echauffierte sich Krogmann in einer Mitteilung. Gar nicht geklärt sei mit dem neuen Entwurf die Frage, inwieweit ein Provider Spam-Mails filtern und dann löschen dürfe, ohne sich der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses schuldig zu machen. Die CDU/CSU habe daher im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Arbeit eine Expertenanhörung zum Gesetzentwurf beantragt, der am 18. April stattfinden werde.

Hadmut Danisch, Erfinder des Reverse-MX-Verfahrens (RMX) zur Absenderauthentifizierung, meldete sich mit einem Brandbrief an einige Bundestagsmitglieder zu Wort. Nachdem er sich mit dem geplanten Gesetz beschäftigt hatte, habe er "eine Reihe konstruktiver Fehler in diesem Entwurf festgestellt" und müsse daher davor warnen, "diesen Entwurf in dieser Form umzusetzen. Er wäre nicht nur so gut wie wirkungslos, sondern geradezu kontraproduktiv."

Danisch wirft den Fraktionen von SPD und Grünen vor, sie seien beim Entwurf des Gesetzes in wesentlichen Punkten von der Wirtschafts-Lobby beeinflusst worden: "Ich habe selbst vor einiger Zeit als Experte und Referent an einer nicht öffentlichen 'Anti-Spam'-Sitzung des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco in Köln teilgenommen und erkenne die Handschrift und die Interessenlage des eco sofort wieder."

Das geplante Gesetz tauge nicht dazu, Spam zu verhindern, "sondern beschreibt vielmehr den Unterschied zwischen 'bösem' Spam, der bestraft wird, und 'gutem' Spam, der nicht bestraft wird". Daher verdiene er die Bezeichnung "Anti-Spam-Gesetz" nicht, sondern müsse als "Spam-Förderungs-Gesetz" bezeichnet werden. "Im Ergebnis legalisiert er Spam, sofern die Sendungen gewissen, nicht konkret greifbaren Anforderungen genügen." Es werde quasi im Gesetz festgeschrieben, dass Spam so gestaltet werden kann, dass er nicht automatisiert abgewiesen oder aussortiert werden kann.

Hier sieht Danisch die Verantwortung beim eco-Verband: Der Verein "versucht mit Nachdruck, solche Spam-Filter zu verhindern, die die Werbesendungen der im eco versammelten Firmen beeinträchtigen könnten. Lediglich gegen anderen Spam will man Schutz zulassen, um so Konkurrenz einzudämmen. Spam soll nach Willen des eco nur so weit reduziert werden, dass die eigenen Sendungen nicht nur nicht ausgefiltert, sondern auch wieder gelesen werden." (hob)