EuGH bestätigt: Kein unbegrenzter Anspruch auf Urlaub

Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs bestätigt, dass es einen unbegrenzten Urlaubsanspruch nach Krankheit nicht geben muss. Arbeitgeber haben damit Planungssicherheit.

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Von
  • Marzena Sicking

Das Urteil, dass am 22.11.2011 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gesprochen wurde, bestätigt die bisherige Rechtsprechung der nationalen Gerichte: Arbeitgeber müssen Mitarbeitern, die längerfristig arbeitsunfähig erkrankt sind, keine unbegrenzte Ansammlung von Urlaubsansprüchen gewähren (EuGH C 214/10).

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der seit 38 Jahren bei einem deutschen Unternehmen tätig war. Sein Urlaubsanspruch betrug 30 Tage im Jahr. Laut Vertrag war eine Vergütung von nicht genommenen Urlaubstagen nur bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich. Urlaubstage, die wegen Krankheit nicht genommen werden konnten, sollten laut Vertrag nach Ablauf einer Übertragungsfrist von 15 Monaten verfallen.

Im Januar 2002 erlitt der Mann einen Herzinfarkt. Danach war er schwerbehindert und wurde für arbeitsunfähig erklärt. Infolge dessen bezog er ab Oktober 2003 bis August 2008 – da endete das offizielle Arbeitsverhältnis – eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Ein paar Monate später klagte der Mann vor dem zuständigen Arbeitsgericht und verlangte einen finanziellen Ausgleich für den nicht genommenen Urlaub in den Jahren 2006, 2007 und 2008. Er habe seinen Anspruch auf den Urlaub nicht ausüben können, da er in dieser Zeit krank geschrieben war, so seine Begründung.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht – das Landesarbeitsgericht Hamm – stellte jedoch fest, dass der Urlaubsanspruch nach deutschem Recht und laut Tarifvertrag zumindest für das Jahr 2006 bereits erloschen war. Allerdings wollten die Richter auch wissen, ob eine nationale Regelung, nach denen die Übertragung von Urlaubsansprüchen zeitlich begrenzt ist, überhaupt mit der EU-Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung vereinbar sei. Diese Frage wurde an den Europäischen Gerichtshof weitergegeben.

Dieser hat nun festgestellt, dass diese zeitliche Begrenzung durchaus zulässig ist. So sei der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der EU anzusehen, von dem nicht abgewichen werden darf. Dem stehe eine nationale Regelung, die besagt, dass der Anspruch am Ende eines bestimmten Bezugs- bzw. Übertragungszeitraums verfällt, jedoch nicht entgegen. Vorausgesetzt, der Arbeitnehmer habe tatsächlich die Möglichkeit gehabt, seinen Anspruch auszuüben. Unter bestimmten Umständen sei der Arbeitnehmer, der über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig ist, auch berechtigt, die Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub anzusammeln.

Beides gelte jedoch nicht unbegrenzt. Wie die Richter in ihrem Urteil betonten, sei der Zweck des Urlaubs nach wie vor die Erholung des Arbeitnehmers. Werde der Urlaub zu einem späteren Zeitpunkt genommen, verliere die Ruhezeit die Bedeutung erst mal nicht. Werde aber eine gewisse zeitliche Grenze überschritten, werde der Zweck als Erholungszeit nicht mehr erreicht. Daher könne ein Arbeitnehmer auch nicht berechtigt sein, Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub unbegrenzt anzusammeln. Auch müsse der Arbeitgeber vor den Gefahren, die eine solche Ansammlung für ihn und die die Arbeitsorganisation mit sich bringe, geschützt werden.

Die Richter urteilten deshalb dahingehend, dass Ansprüche auf einen bezahlten Jahresurlaub – wie im vorliegenden Fall – durchaus so eingeschränkt werden dürfen, dass der Anspruch nach einem Übertragungszeitraum von 15 Monaten erlischt. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)