Abmahnkanzlei versteigert 90 Millionen Euro offene Forderungen aus Filesharing-Abmahnungen

Die Regensburger Rechtsanwaltskanzlei Urmann + Collegen versteigert zurzeit offene Forderungen von rund 90 Millionen Euro, die sich aus Abmahnungen wegen illegaler Nutzung von P2P-Tauschbörsen ergeben haben sollen.

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Von
  • Holger Bleich

Die Regensburger Rechtsanwaltskanzlei Urmann + Collegen (U+C) versteigert zurzeit offene Forderungen aus Abmahnungen wegen illegaler Nutzung von P2P-Tauschbörsen. Insgesamt geht es um die stolze Summe von rund 90 Millionen Euro, die sich aus 70.000 Abmahnungen mit einer jeweiligen Kostenrechnung von 1286.80 Euro ergeben soll.

Die Kanzei U+C, ehemals als KUW firmierend, mahnt seit Jahren in großer Zahl Tauschbörsennutzer ab. Wie sie selbst angibt, vertritt sie in erster Linie Rechteinhaber aus der "Adult Entertainment"-Branche, vulgo Pornofilmhersteller. In den Abmahnungen selbst verlangt U+C vom angeblichen Rechteverletzer einen "Pauschalbetrag" von 650 Euro, womit dann die Anwaltsgebühren, andere Aufwendungen und fällige Schadensersatzansprüche abgegolten seien. Zahlt der Abgemahnte nicht, erhöht U+C in einem zweiten Schreiben diese Kosten auf besagte 1286.80 Euro.

Was U+C nun versteigert, sind also lediglich offene Forderungen, die sich aus einer Zahlungsverweigerung der Abgemahnten auch nach dem zweiten Anschreiben ergeben haben. Wenn sich alleine diese Forderungen aus den Jahren 2010 und 2011 bereits auf mehr als 90 Millionen Euro belaufen, bekommt man einen Eindruck davon, welche Summen eine einzelne der vielen Urheberrechts-Abmahnkanzleien jährlich umsetzt.

Beiträge in diversen Verbraucherschutzforen legen nahe, dass die Quote an Sofortzahlern im Bereich der sogenannten "Pornoabmahnungen" sogar wesentlich höher sein dürfte als beispielsweise bei Abmahnungen wegen Musiktausch. Denn welcher Familienvater erklärt schon gerne beim Abendessen, dass er "Der Sadisten Zirkel 15" oder "Geile Brillenluder auf High Heels" ganz sicher nicht heruntergeladen hat und deshalb gegen die Abmahnung vorgehen will?

U+C betont auf der Auktions-Website, dass die Kanzlei "nur als Vermittler und nicht als Verkäufer der Forderungen" auftrete. Demzufolge muss die Kanzlei im Innenverhältnis die offenen 90 Millionen Euro bereits ihren Mandanten in Rechnung gestellt haben. Die Versteigerung richtet sich augenscheinlich vorwiegend an Inkassounternehmen. In einem Werbefax, das heise online vorliegt, spricht U+C unumwunden von "Forderungen aus Urheberrechtsverletzungen", die "jeweils gleichartig und aus dem gleichen Rechtsgrund" seien. Der Ursprungsgrund der Forderungen sei durch "notarielle Niederschrift beurkundet".

Einer Nachfrage von heise online um Beantwortung einiger Fragen zu dieser ungewöhnlichen Versteigerung kam U+C bislang "aus zeitlichen Gründen" nicht nach. Rechtsanwalt Thomas Urmann hat aber bereits telefonisch bestätigt, dass die Auktions-Website authentisch ist. Man werde eine Antwort am morgigen Mittwochvormittag nachreichen. (hob)