Stratolaunch: Neues Schwergewicht in der privaten Raumfahrtszene

Hinter Stratolaunch Systems steht nicht nur der Multimilliardär und Microsoft-Mitgründer Paul Allen – auch der frühere NASA-Chef Mike Griffin und Ansari-X-Prize-Gewinner Burt Rutan sind mit an Bord. Erstes Ziel: der Bau des weltweit größten Flugzeugs.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Größer, schwerer, weiter: Das US-Unternehmen Stratolaunch Systems will eine deutlich leistungsfähigere Version des für private Raumflüge konzipierten Trägerflugzeugs White Knight bauen. Wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte (PDF-Datei), soll das neue Doppelrumpfflugzeug von sechs Boeing-747-Turbinen angetrieben werden und als fliegende Plattform für den Start von Trägerraketen dienen, die sich mit unterschiedlichen Nutzlasten bestücken lassen. Die geplante Flügelspannweite des Trägerflugzeugs gibt Stratolaunch mit 116 Meter an – das wären über 40 Prozent mehr als beim derzeit größten Passagierflugzeug, dem Airbus A380. Wie beim White-Knight-Trägerflugzeug ist auch beim neuen Riesenflugzeug eine Launch-Vorrichtung zwischen den beiden Rümpfen vorgesehen, von der aus die transportierte Nutzlast gestartet wird.

Existiert bislang nur als Entwurf: Das neue Doppelrumpfflugzeug von Stratolaunch Systems soll von sechs Boeing-747-Turbinen angetrieben werden.

(Bild: Stratolaunch Systems)

Die Gemeinsamkeiten kommen nicht von ungefähr: Hinter Stratolaunch Systems steht Microsoft-Mitgründer Paul Allen, der schon maßgeblich an der Finanzierung des ersten White-Knight-Trägerflugzeugs beteiligt war, das 2004 das Raumschiff SpaceShipOne in mehrere Kilometer Höhe transportierte, bevor dieses dann den Raketenantrieb zündete und auf einem Parabelflug die Grenze des Weltraums erreichte. Die Leistung (der erste erfolgreich absolvierte private bemannte Weltraumflug) brachte Allen und dem Team von Scaled Composites den mit 10 Millionen Dollar dotierten Ansari X-Prize ein. Konstrukteur war damals Scaled-Composites-Gründer Burt Rutan – und Rutan ist den Angaben zufolge auch für den Entwurf des neuen Riesenvogels von Stratolaunch Systems verantwortlich.

Ins Boot (beziehungsweise an Bord) holen sich Allen und Rutan bei dem neuen Projekt zudem ein weiteres Schwergewicht der privaten Raumfahrtszene: Die von Tesla-Motors-Chef Elon Musk geführte Space Exploration Technologies Corporation (SpaceX) soll eine mehrstufige Trägerrakete für den Transport von Nutzlasten ins All liefern. SpaceX hatte im vergangenen Jahr als erstes Privatunternehmen erfolgreich eine Dragon-Raumkapsel mit der selbstentwickelten Trägerrakete Falcon 9 in einen niedrigen Erdorbit transportiert. Bis 2014 will das Unternehmen zudem eine Heavy-Lift-Rakete ins All schicken, die eine ähnliche Leistung wie die Saturn-V-Mondrakete aufweisen soll. Die NASA fördert das Unternehmen bis 2012 mit 75 Millionen Dollar aus dem CCDev2-Programm.

Die Einbindung von SpaceX und die Integration von früheren Top-Leuten der NASA in das Stratolaunch-Management (darunter Mike Griffin, von 2005 bis 2009 Chef der US-Raumfahrtbehörde, sowie der frühere NASA-Chefingenieur Gary Wentz) unterstreicht die strategische Ausrichtung des Unternehmens: Nicht der private Weltraumtourismus wie etwa bei Virgin Galactic steht im Vordergrund – Stratolaunch Systems will sich mit einer Kombination aus kostengünstiger Standard-Antriebstechnik aus dem Verkehrsflugzeugsegment und neuer Raketentechnik für den Nutzlasttransport ins All als global buchbarer Dienstleister etablieren, der eines Tages auch Gewinne abwirft. Kunden könnten sowohl nationale Raumfahrtagenturen als auch Unternehmen aus der Wirtschaft (etwa Satellitenbetreiber) sein. Der Jungfernflug ist den Angaben zufolge für das Jahr 2016 geplant. (pmz)