Neue Domains auf dem langen Weg ins Netz

Die ICANN nimmt ab sofort Anträge für neue generische Top Level Domains (gTLDs) wie .berlin oder .bayern entgegen. Das umfangreiche Zulassungsverfahren wurde sechs Jahre diskutiert, ist aber weiterhin nicht unumstritten.

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Von
  • Monika Ermert

Ab dem heutigen Donnerstag nimmt die Netzverwaltung Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) Anträge für neue generische Top Level Domains (TLDs) wie .berlin, .hiv oder .sap entgegen. Das Zulassungsverfahren wurde von der in Kalifornien ansässigen Organisation mehr als sechs Jahre diskutiert – und auch am Vorabend des ersten Bewerbungsfensters riss die Diskussion nicht ab. Bis die neuen Namen tatsächlich im Netz sind, wird noch viel Zeit vergehen. Die ersten werden frühestens 2013 im Internet auftauchen.

Vor allem in den USA hatten Wirtschaftsverbände bis zuletzt für eine weitere Verzögerung des Starts geworben. So erzwangen Zusammenschlüsse wie die Coalition for Responsible Internet Domain Oversight oder die Coalition Against Domain Name Abuse gleich bei mehreren Anhörungen im US-Kongress, um so Einfluss auf das Verfahren zu nehmen.

Vergangene Woche machte die zuständige Behörde im Handelsministerium (National Telecommunications and Information Administration) dann klar (PDF-Datei), dass man am Start nicht mehr rütteln wolle. Über weitere Schutzmaßnahmen für Markeninhaber und mögliche Phasen für die Eintragung der neuen TLDs in die Rootzone könne man sich noch unterhalten, wenn man wisse, wer sich bis zum 12. April alles beworben habe.

Wie viele neue TLD-Bewerber antreten, ist dabei alles andere als klar. Mit einhundert bis zweihundert Namen und der stolzen Zahl von 2000 Marken-TLDs rechnet Werner Staub von CORE, einem der kleineren Registry-Backend-Anbieter für TLD-Bewerber wie dem Dachverband SportAccord, der die TLD .sport für seine Mitglieder betreiben will. Der Sprecher von dot.berlin Johannes Lenz-Hawliczek verweist darauf, dass man die asiatischen Märkte möglicherweise noch unterschätze.

Die TLD-Bewerber müssen ein umfangreiches und übrigens überaus kostspieliges Verfahren absolvieren: Allein die vom ICANN geforderte Bewerbungsgebühr beläuft sich auf 185.000 Dollar. Nur einzelne, bedürftige TLD-Bewerber aus den Entwicklungsländern erhalten Unterstützung aus einem Fonds. Geprüft werden die Bewerbungen auf ihre wirtschaftlich-finanzielle, aber auch technische Solidität. Polizeiliche Hintergrunduntersuchungen des Managements und der Bewerberunternehmen gehören ebenfalls zum Standardverfahren.

Zudem müssen sich die Bewerber mit möglichen konkurrierenden Bewerbungen auseinandersetzen und auch auf Einsprüche von Regierungen einstellen: Eine .gay-TLD wird beispielsweise auf wenig Gegenliebe bei arabischen Staaten stoßen. Die Regierungen haben verschiedene Einspruchsmöglichkeiten für sich reklamiert.

Ganz am Ende könnte die US-Regierung noch das Zünglein an der Waage spielen. Im neuen Vertrag über den Betrieb der Rootzone – dem IANA-Vertrag – soll nach Plänen vom vergangenen Jahr die Klausel aufgenommen werden, dass die IANA eine neue TLD am Ende nur eintragen darf, wenn es dagegen keine erheblichen Widersprüche aus der internationalen Gemeinschaft gibt.

Wer sich über das komplizierte Verfahren kurzfristig noch informieren möchte, kann dies übrigens heute beim eco-Verband tun. Anlässlich des Bewerbungsstarts bietet eco eine Art Sprechstunde an. Einen guten Tip für Kurzentschlossene gab es von Thomas Rickert vom eco gleich dazu: Bewerber müssen sich spätestens bis zum 29. März im elektronischen Bewerbungssystem anmelden. Nur so können alle notwendigen Schritte bis zum 12. April erledigt werden, erläutert das ICANN. (rek)