Lessig sagt dem Netzrecht ade

Der US-amerikanische Rechtsprofessor Lawrence Lessig, der sich im "Cyber Law" einen Namen gemacht hat, will sich künftig der "Korrumpierung des politischen Prozesses" widmen.

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Von
  • Monika Ermert

Der Initiator der Creative-Commons-Bewegung, Rechtsprofessor Lawrence Lessig, sagt dem Netzrecht auf Wiedersehen. Kurz nach seinem Auftritt bei der iCommons-Konferenz in Dubrovnik am vergangenen Wochenende erläuterte der Autor zahlreicher Klassiker zum Internetrecht wie "Code is Law" oder "The Future of Ideas" in einem Eintrag in seinem Blog, er werde sich nach zehn Jahren Urheberrecht einem anderen Thema zuwenden: dem Zerfall der Regierungskultur.

Lessig spricht wörtlich von der "Korrumpierung des politischen Prozesses". Gemeint ist aber nicht die Bestechlichkeit. Vielmehr geht es ihm darum, die Unfähigkeit der Regierung, grundlegende Fakten und Zusammenhänge zu durchschauen, sobald mächtige Interessengruppen dafür sorgen, dass diese Fakten nicht verstanden werden. Die Debatte um die Klimaerwärmung und Maßnahmen dagegen, aber auch sein eigener Arbeitsbereich lieferten Lessig für diesen Effekt Anschauungsmaterial.

Aus Sicht einer Politik im öffentlichen Interesse sei die Ausweitung der Schutzfrist im Urheberrecht in den Worten Milton Friedmans ein "Unding" (no brainer). Der britische Gowers-Bericht habe festgestellt, dass es für solche Verlängerungen aus Sicht der öffentlichen Hand keine Rechtfertigung gebe. Dennoch verfolgten die Regierungen weiter diese "idiotische Idee", empört sich Lessig. Der politische Prozess sei korrumpiert und das System durch den Einfluss von Geld derart verzerrt, dass es noch nicht einmal in einer so klaren Frage wie der Ausweitung von Urheberrechtsschutzfristen die richtige Antwort geben könne. In den USA sei es der einzig sichere Weg zur Wiederwahl, "auf das Geld zu hören". Eine rasche Lösung für das Problem werde es nicht geben, glaubt Lessig. Er wolle ebensoviel Energie auf die Probleme der "Korrumpierung" verwenden wie bisher für Netz- und Urheberrechtsfragen.

Bei den Creative Commons und bei iCommons will Lessig allerdings nach wie vor im Vorstand bleiben, und auch die CEO-Stelle bei Creative Commons behält der Cyberlaw-Guru noch. Mindestens bis beide Projekte finanziell auf sicheren Füßen stehen, will er weiter für beide Organisationen arbeiten. Außerdem bleibt Lessig, der sich bei der Konferenz in Dubrovnik nach einem Gastaufenthalt in Berlin auch von Europa verabschiedet hat, Chef des Stanford Center for Internet and Society. So ganz lässt ihn damit das Urheberrecht also nicht los, auch wenn er betont, er werde nicht mehr über IP oder IP (das Internet Protocol oder das geistige Eigentum) dozieren. (Monika Ermert) / (anw)